Wissenschaftler finden Zusammenhang heraus

Studie der Universität Ulm: Warum Stress schlecht für die Knochenheilung ist

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Verena Hussong
Verena Hussong (Foto: SWR, SWR - Alexander Kluge)

Wer sich einen Knochen bricht und Stress hat, der braucht mehr Geduld, bis der Bruch wieder ausheilt. Ulmer Wissenschaftler haben jetzt herausgefunden, was da genau im Körper passiert.

Chronischer Stress hemmt die Knochenheilung und die Knochenbildung. Ulmer Wissenschaftler haben den molekularen Mechanismus aufgedeckt, der dafür sorgt, dass massive Stresserfahrungen eine Heilung verzögern. In einer neuen Studie untersuchten sie Mäuse und Patienten, die am Universitätsklinikum Ulm an einer Sprunggelenksfraktur operiert wurden.

Die männlichen Mäuse in der Studie waren gestresst, weil dominante Männchen mit im Käfig saßen. Mit negativen Folgen für ihre gebrochenen Knochen, erklärt der Neurobiologe Stefan Reber: "Gestresste Mäuse hatten kürzere Röhrenknochen. Das heißt, dass das Längenwachstum eingeschränkt und die Frakturheilung ebenfalls negativ beeinträchtigt war. Frakturen heilten langsamer und waren danach instabiler." 

Zwei Wissenschaftler sitzen in einem Labor vor einem Mikroskop  (Foto: SWR, Verena Hussong )
Stress ist schlecht für die Knochenheilung - Prof. Melanie Haffner-Luntzer und Prof. Stefan Reber haben die molekularen Grundlagen dieses Vorgangs erforscht

Stress verhindert indirekt die Heilung von Brüchen

Die Erkenntnis der Studie: Dauerhafter Stress führt dazu, dass Immunzellen ein bestimmtes Enzym produzieren. Das wiederum bewirkt die Ausschüttung von Stresshormonen. Diese Katecholamine wirken direkt am Knochen. "Sie verhindern, dass sich Knorpelzellen in Knochenzellen umwandeln und die Fraktur ausheilen kann", so Stefan Reber. Er leitet die Sektion für Molekulare Psychosomatik an der Klinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie in Ulm.

Nach 21 Tagen waren Knochenbrüche bei 100 Prozent der nicht gestressten Mäuse geheilt. Bei den gestressten Tieren war das nur bei 75 Prozent der Fall, erklärt Melanie Haffner-Luntzer vom Institut für Unfallchirurgische Forschung. Die Ulmer Studie, bei der auch Patienten mit Sprunggelenksbrüchen untersucht und nach ihren Stresserfahrungen befragt wurden, ist Grundlagenforschung.

Die Erkenntnisse der Ulmer Wissenschaftler könnten für die Behandlung von gestressten Patienten mit Knochenbrüchen interessant sein. Ohne Stress scheinen Knochen schneller zusammenzuwachsen. (Foto: IMAGO, IMAGO / INSADCO)
Die Erkenntnisse der Ulmer Wissenschaftler könnten für die Behandlung von gestressten Patienten mit Knochenbrüchen interessant sein. Ohne Stress scheinen Knochen schneller zusammenzuwachsen.

Ulmer Studie könnte für Therapien interessant sein

Die Erkenntnisse könnten aber für die Behandlung von gestressten Patienten mit Knochenbrüchen interessant sein, so die Wissenschaftlerin: "Wir haben Mäusen einen Betablocker gespritzt. Das war Propranolol. Das ist ein unspezifischer Betablocker, der auch tatsächlich bei Patienten gegen Bluthochdruckstörungen zum Beispiel eingesetzt wird."

Bei der Maus sei eine einmalige Injektion von diesem Betablocker ausreichend gewesen, um die negativen Effekte des Stresses auf die Knochenheilung zu blocken, so die Wissenschaftlerin. Ob eine Therapie mit Betablockern bei chronisch gestressten Menschen mit Brüchen sinnvoll ist, müssten weitere klinische Studien zeigen.

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