Die Vesperkirchen in der Region ziehen eine positive Bilanz. Rund 10.000 Essen sind in Reutlingen ausgegeben worden. "Das sind mehr als vor Corona", so Joachim Rückle, Pfarrer und Mitorganisator der Reutlinger Vesperkirche. 250 Ehrenamtliche seien rund 4.000 Stunden unermüdlich im Einsatz gewesen.
Steigende Preise für Lebensmittel machen sich bemerkbar
Auch die Inflation und die dadurch gestiegenen Lebensmittelpreise sind seiner Meinung nach ein Grund für den großen Zulauf. Die Zahl der älteren Menschen habe deutlich zugenommen, Flüchtlinge - auch aus der Ukraine - seien aber so gut wie keine zu Gast gewesen, so Rückle.
Ein Drittel der Kosten für die Vesperkirche noch nicht gedeckt
In Tübingen lief es nicht ganz so gut. Der Zulauf sei nicht so groß wie vor der Pandemie gewesen. Zudem sei ein Drittel der Kosten noch nicht gedeckt, so Christoph Wiborg, Pfarrer der Tübinger Vesperkirche. "Früher hat ein Essen drei bis vier Euro gekostet, mittlerweile liegt der Preis bei fünf Euro". Als Gäste seien "vermehrt ältere bedürftige Menschen" für eine warme Mahlzeit vorbeigekommen. Das Angebot, eine kostenlose Rechtsberatung, einen Friseur- oder Arztbesuch in Anspruch zu nehmen, sei allerdings nach wie vor "sehr gut angekommen".
In Nagold stand die Einsamkeit, nicht die Armut im Vordergrund
Auch in Nagold (Kreis Calw) lief die Vesperkirche zunächst schleppend an. Hier sei aber sowieso alles anders, so Peter Ammer, Kirchenmusiker und ehrenamtlicher Helfer: "Hier leben so viele Reiche, die lassen auch mal 50 Euro für ein Essen da. Bei uns steht das Thema Einsamkeit, nicht die Armut im Vordergrund. Wir haben Tischdecken und bei uns wird man bedient, auch um mit den Menschen so oft wie möglich in Kontakt zu treten". Nur zur Hälfte kämen bedürftige Gäste, zur anderen Hälfte "Solidaresser".
Anders als bei den anderen Kirchen ist das Essen auch nicht umsonst, sondern kostet einen symbolischen Euro. Und noch eine Besonderheit gibt es: Die Vesperkirchen werden grundsätzlich von der evangelischen Kirche organisiert, in Nagold ist es ein Gemeinschaftsprojekt. Laut Ammer organisiere die katholische und methodistische Kirche die Essensausgabe mit.