Drei Kühe auf der Weide beim Biolandwirt in Ruchenschwand (Foto: SWR, Foto: Petra Jehle)

Wolfsprävention in der Landwirtschaft

Glückliche Kühe - gefährlicher Wolf? Erfahrungen aus dem Hotzenwald

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AUTOR/IN
Petra Jehle
ONLINEFASSUNG
Monika Buchdunger

Der Wolf ist im Schwarzwald wieder heimisch. Die Frage ist: Wie kann der Rückkehrer in die veränderte Umgebung integriert werden?

Es ist ein Thema, das polarisiert: Der Wolf ist zurück - wie können sich Landwirte vor Wolfsattacken schützen. Und: Wie kann auch der Wolf hier leben? Das Land hat zwar Förderprogramme aufgelegt. Doch viele Landwirte sehen das kritisch und die Weidehaltung für ihre Tiere in Gefahr. Ein Konflikt, der sich in den nächsten Wochen zuspitzen wird. Denn seit einigen Tagen sind die Kühe im Schwarzwald wieder draußen auf den Wiesen und erste Meldungen von möglichen Wolfsattacken machen die Runde.

Feierabendstimmung auf dem Maierhof in Ruchenschwand (Landkreis Waldshut) im Hotzenwald. Auf der Wiese vor dem Hof kauen sechs junge Bullen friedlich frisches grünes Gras. Auch die anderen Tiere sind auf den saftig grünen Weiden, die sich über sanfte Hügelketten in der offenen weiten Landschaft erstrecken.

Eine trügerische Idylle - denn vor wenigen Tagen erst wurde auf der Weide unmittelbar neben dem Hof ein kleines Kalb inmitten seiner Herde von Mutterkühen angegriffen und schwer verletzt. Der erste Verdacht: ein Wolf habe das junge Tier attackiert.

Foto: Petra Jehle - Ein Kalb wurde durch einen Wolfsangriff schwer an den Beinen verletzt (Foto: SWR)
Ein Kalb wurde durch einen Wolfsangriff schwer an den Beinen verletzt

Bernhard Maier ist Nebenerwerbslandwirt auf dem Hof in Ruchenschwand und erzählt: "Wir wissen nicht, was da passiert ist. Auf jeden Fall war in der Nacht ein großer Aufruhr. Diese Nacht habe ich nicht mehr geschlafen. Du machst Dir alle möglichen Gedanken, ob das Tier wiederkommt. Und jetzt aktuell wieder. Wir haben drüben in Ibach auch noch Weiden. Ich habe einen Anruf bekommen: Du Maier, deine Rinder sind weg. Da machst du dir schon Gedanken. Wie soll das den Sommer über gehen? Wie geht es weiter?"

Artgerechte Weidehaltung rechtfertigt Mehraufwand

Bernhard Maier ist Zimmermann von Beruf. Die Landwirtschaft macht er nebenher. Dass die Tiere mal ausreißen ist nicht ungewöhnlich. Aber in dieser Häufigkeit kannte er das bisher nicht. Auch dass ein Kalb inmitten einer Herde angegriffen wird, ist neu. Auf dem Maierhof sind die Tiere im Sommer schon immer draußen. Bernhard Maier begründet das so: Er habe Flächen, die man gar nicht anders bewirtschaften könne und außerdem sei es auch artgerechter für das Vieh.

Den Mehraufwand der Weidehaltung nimmt der Biobauer in Kauf. Denn Milch und Fleisch von Bioweidetieren sind bei Verbrauchern trotz Aufpreis beliebt. Zudem sorgen die Tiere dafür, dass Flächen offen bleiben und der Schwarzwald nicht zuwächst. Daran hat auch das Land großes Interesse. Um Weidehaltung und Wolf möglich zu machen, gibt es deshalb Entschädigung und Förderprogramme für Fälle wie diesen.

Kein Personal für Umsetzung von Schutzmaßnahmen

Wer einen speziellen Wolfsschutzzaun braucht, bekommt den Zaun voll bezahlt. Doch damit sei das Problem langfristig nicht gelöst, sagt der Landwirt Markus Kaiser. Er hat seine Tiere diese Woche in Bernau (Landkreis Waldshut) auf die Weiden gebracht und berichtet: "Also wir haben letztes Jahr den Zaun aufgebaut mit vier Leuten. Ich habe zu denen gesagt, dass wir nächstes Jahr fünf Drähte machen müssen. Dann haben die gesagt: mach das, aber nicht mit uns. Im Endeffekt reden wir von Flächen. In Ibach 350 Hektar. Bernau über 1.000 Hektar. Dann reden wir von zwei oder drei Mitarbeitern, sondern dann reden wir von 20 oder 30 Leuten, die dauerhaft da sein müssen. Wo sollen die dann herkommen?"

Auf dem Maierhof sind es Vater Bernhard und Sohn Marius, die sich jeden Tag um die Weidezäune kümmern. Aber sie kommen an ihre Grenzen. Marius Maier arbeitet derzeit als Teilzeitkraft im väterlichen Betrieb mit und meint, er habe für sich beschlossen, dass er das nicht mehr lange mitmachen wird. Frustriert berichtet er, wenn da alle 14 Tage ein Vorfall wäre, würde die Herde immer unruhiger. Irgendwann wäre die Herde nicht mehr handhabbar, weil die Tiere so erschreckt seien. Und am Ende würde der Tierbestand halt weniger und dann ginge er wieder arbeiten, so sei das dann.

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