Deutsche und Schweizer Politiker in Basel (Foto: SWR, Doro Dörner)

Schweiz-Reise des Ministerpräsidenten Kretschmann

Kretschmann will Basler Holz-Highway für Radler auch für Stuttgart

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Paula Kersten

Am zweiten Tag seiner Schweiz-Reise hat Ministerpräsident Kretschmann (Grüne) Basel besucht. Dort hat er sich unter anderem angesehen, wie sich Radverkehr in die Luft verlegen lässt.

Am zweiten und letzten Tag der Reise durch die Schweiz hat die Delegation aus Baden-Württemberg in Basel das sogenannte Smart City Lab besichtigt. Dort wird erforscht, wie Städte nachhaltiger, intelligenter und lebenswerter gestaltet werden können. An einer geplanten Velohochbahn, wo Radwege komplett aus Holz gebaut und die Luft verlegt werden, gab sich Ministerpräsident Winfried Kretschmann begeistert.

"Sowas genau brauchen wir. Wir haben riesige Stauprobleme zum Beispiel in Stuttgart. Da kommen wir nur weg, wenn wir solche innovative Ideen umsetzen."

Die sogenannten "Bike Highways" vom Schweizer Unternehmen URB-X spannen sich in fünf Meter Höhe über den restlichen Verkehr, zweispurig und ohne Kreuzungen. Sie werden aus vorgefertigten Modulen aus einheimischem Holz gebaut. Bei mindestens einem Radschnellweg in der Region Stuttgart wolle man die Technologie nun auch anwenden, kündigte Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) in Basel an.

Ministerpräsident Winfried Kretschmann und Landesverkehrsminister Winfried Hermann (Foto: dpa Bildfunk, Nico Pointer)
Ministerpräsident Winfried Kretschmann und Landesverkehrsminister Winfried Hermann bei dem Projekt "Bike Highways" in Basel.

Wieder verlässliche Rahmenbedingungen schaffen

Es war ein ganz schöner Paukenschlag als vor knapp einem Jahr die Schweiz die Verhandlungen mit der EU über ein Rahmenabkommen hat platzen lassen. Für Winfried Kretschmann zeigt gerade der Krieg Russlands gegen die Ukraine deutlich, wie wichtig es ist, dass die Schweiz und Europa noch enger zusammenwachsen. Baden-Württemberg wolle als Brückenbauer in Berlin und Brüssel für die Schweiz werben.

Ministerpräsident Winfried Kretschmann und der Basler Regierungspräsident Beat Jans haben dazu eine Absichtserklärung unterzeichnet. Baden-Württemberg und der Kanton Basel-Stadt wollen künftig zum Beispiel in den Bereichen Klima, Energie und Verkehr noch enger zusammenarbeiten. Und in der Absichtserklärung finden sich auch klare Forderungen an Brüssel und Bern, die Verhandlungen wieder aufzunehmen, zeitnahe Lösungen zu finden und verlässliche Rahmenbedingungen zu schaffen.  

Ministerpräsident Winfried Kretschmann und der Basler Regierungspräsident Beat Jans unterzeichnen eine Absichtserklärung (Foto: SWR, Katharina Seeburger)
Ministerpräsident Winfried Kretschmann und der Basler Regierungspräsident Beat Jans unterzeichnen eine Absichtserklärung: Sie wollen enger zusammenarbeiten.

Handel leidet unter gescheitertem Rahmenabkommen mit EU

Zum Beispiel ist der Handel mit Medizintechnischen Produkten bereits erschwert: Es ist für die Schweiz und die EU-Staaten teurer und schwieriger geworden, mit Verbandsstoffen, Infusionen, Röntgengeräten oder Rollstühlen zu handeln. Laut der Handelskammer beider Basel sind wegen auslaufender Abkommen zwischen der EU und der Schweiz auch bald die Maschinenbau- und die Pharmaindustrie von Handelshindernissen betroffen.

Für die Basler Pharma-Unternehmen Roche und Novartis ist es aktuell besonders hart, dass die Schweiz aus dem europäischen Forschungsprogramm Horizon Europe ausgeschlossen wurde. Roche befürchtet, dass Spitzenforschende und Firmen die Schweiz über kurz oder lang verlassen oder die Schweiz bei der Standortwahl nicht mehr berücksichtigen.

In den zwei Basler Halb-Kantonen arbeiten laut der Handelskammer beider Basel rund 26.000 Grenzgänger aus Deutschland.

Jahrhundertelange Beziehung mit der Schweiz

Für Kretschmann teilen die Schweiz und die baden-württembergischen Regionen einen alemannischen Kulturraum und blicken auf ein langes, gemeinsames kulturelles Erbe zurück. Jahrhundertelang seien die Beziehungen gut gewesen, erst die NS-Zeit habe einen radikalen Bruch ausgelöst. Nach Ende des Zweiten Weltkrieges hat es lange gedauert bis die Beziehung wieder in Gang kam, so Kretschmann weiter. "Wir pflegen heute nicht nur eine gute Nachbarschaft, sondern auch eine gute Freundschaft mit der Schweiz", sagte Kretschmann in Basel.

"Die Schweiz ist ein bisschen wie das Auenland"

Kretschmanns Anspielung auf das Fantasy-Epos "Herr der Ringe" soll die Situation der Schweiz in Europa verdeutlichen. "Man wird durch Europa souverän und nicht, wenn man da rausgeht.", so Ministerpräsident Winfried Kretschmann bei einer Podiumsdiskussion in Zürich am ersten Tag seiner Schweiz-Reise. "Das Auenland wird auch immer von anderen Kräften vor den Orks beschützt. So ist es bei der Schweiz auch ein bisschen."

Die Bewohner des Auenlandes, die Hobbits, sind dafür bekannt, sich aus dem Geschehen in der Fanatsiewelt Mittelerde am liebsten herauszuhalten. Der Vergleich deutet an, worauf es dem Ministerpräsidenten bei seinem Besuch ankommt: Die Beziehungen zwischen Europa und der Schweiz verstärken - und damit auch die Beziehungen nach Baden-Württemberg. Die Schweiz ist einer der wichtigsten Handelspartner des Südwestens.

Schweiz

Nach gescheitertem Rahmenabkommen Schweiz-Reise: Kretschmann will Beziehung zum Nachbarland wieder verbessern

Ministerpräsident Kretschmann trifft bei seiner Reise am Donnerstag und Freitag Menschen aus Politik, Wissenschaft und Wirtschaft - und er verfolgt dabei ein klares Ziel.

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