Die Ziffernblätter an einer Aral-Tankstelle sind zurückgesetzt.  (Foto: dpa Bildfunk, picture alliance / Panama Pictures | Christoph Hardt)

Niedrigere Preise auch an der Zapfsäule?

Tankrabatt ab Juni in BW: Die wichtigsten Fragen und Antworten

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Anne Jethon

Ab Juni sollen Benzin und Diesel für drei Monate günstiger werden. Verbraucher können aber nicht vom ersten Tag an mit niedrigeren Preisen rechnen. Fragen und Antworten rund ums Thema.

Vom 1. Juni bis 31. August 2022 bekommen Verbraucherinnen und Verbraucher Sprit mit einem Tankrabatt. Die Bundesregierung senkt dafür vorübergehend die Energiesteuer auf Sprit. Doch ab wann können Kundinnen und Kunden mit günstigerem Sprit rechnen? Alle wichtigen Fragen und Antworten im Überblick.

Was ist der Tankrabatt?

Mit dem Tankrabatt wird die Energiesteuer von Juni bis August für drei Monate gesenkt. Wegen der hohen Energiekosten sollen Verbraucherinnen und Verbraucher damit entlastet werden.

Für welche Kraftstoffe gilt die Steuersenkung?

Die Steuersenkung gilt für alle Kraftstoffe, die an Tankstellen gekauft werden können, schreibt das Bundesfinanzministerium auf seiner Webseite. Dazu zählen Benzin, Diesel, aber auch Flüssiggas und Erdgas.

Wie hoch ist die Steuersenkung?

Laut dem Bundesfinanzministerium werden die Steuersätze so weit gesenkt, wie es nach Europarecht erlaubt ist. Die Steuersätze von Benzin werden demnach um 29,55 Cent pro Liter gesenkt, die von Diesel um 14,04 Cent pro Liter, die von Erdgas um 6,16 Cent pro Kilogramm und die Steuersätze bei Flüssiggas um 12,66 Cent pro Liter.

Zusätzlich fällt für die Verbraucherinnen und Verbraucher noch die Mehrwertsteuer weg. Alles in allem liegt die steuerliche Entlastung also bei 35,2 Cent pro Liter Benzin und bei 16,7 Cent pro Liter Diesel, erklärte Jürgen Ziegner, Geschäftsführer des Zentralverbands des Tankstellengewerbes (ZTG) dem SWR.

Wie viel davon kommt bei den Verbrauchern an?

"Wir haben schon in normalen Zeiten Schwankungen von 10 Cent am Tag", sagte Ziegner dem SWR. Das werde auch in den kommenden drei Monaten so sein. Das heißt: Die 35 Cent, die der Liter Benzin weniger kosten soll, werden sich laut Ziegner nie genau an den Zapfsäulen wiederfinden. Wenn sich aber alles eingespielt habe, sollte die Preiseinsparung in die angegebene Richtung gehen, so Ziegner.

Dass die Steuersenkung an die Autofahrerinnen und Autofahrer weitergegeben wird, davon gehen sowohl Verbände von freien Tankstellen als auch von großen Konzernen aus. Sie verweisen auf den intensiven Wettbewerb der Tankstellen.

Können Verbraucher schon ab dem ersten Tag mit einer Preissenkung rechnen?

Vermutlich nicht. Denn die Energiesteuer wird auch an Raffinerien und Tanklagern gesenkt, nicht erst an der Zapfsäule. Tankstellen lagern am ersten Juni um null Uhr aber immer noch Sprit ohne eine gesenkte Energiesteuer, erklärt Ziegner dem SWR. Ob dieser Vorrat ab Mittwoch auf eigene Kosten billiger verkauft wird, das hänge von jeder Tankstelle selbst ab, erklären Tankstellenverbände. Der niedrigere Preis werde sich vermutlich erst "im Laufe der Tage" an den Tankstellen einspielen, so Ziegner.

Es ergebe keinen Sinn, den Tank bis zum ersten Juni leer zufahren. Im Umkehrschluss heiße das aber nicht unbedingt, dass der Sprit in den ersten Septembertagen weiterhin günstiger sein wird. Es komme darauf an, wie groß die Nachfrage der Verbraucherinnen und Verbraucher sei.

Wird es Engpässe beim Sprit an den Tankstellen geben?

Sowohl am 1. Juni als auch am 31. August rechnet Ziegner mit einem Kraftstoff-Engpass an den Tankstellen. "Der erste Juni und der erste September sind absolute Sondertermine", erklärt er. Denn die Nachfrage der Verbraucherinnen und Verbraucher werde hoch sein, das Angebot aber niedrig. Tankstellenbetreiberinnen und -betreiber versuchten, ihre Spritreserven niedrig zu halten. Damit müssen sie weniger hoch versteuerten Sprit weiterverkaufen. Ziegner rät den Verbraucherinnen und Verbrauchern deshalb, den eigenen Tank bis zum 1. Juni nicht komplett leer zu fahren. Volltanken lohne sich ohnehin erst in den Tagen danach.

Bringt der Tankrabatt etwas für Verbraucherinnen und Verbraucher?

Vor allem Verbraucherinnen und Verbraucher mit niedrigerem Einkommen helfe der Tankrabatt nur wenig, sagt Matthias Bauer von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg. Das 9-Euro-Ticket habe dagegen eine ganz andere Zielrichtung. Die Steuersenkung werde nicht nachhaltig sein. "Ein Stück des Kuchens werden sich auch die Anbieter abschneiden", so Bauer.

Der Direktor des Instituts der Deutschen Wirtschaft (IW), Michael Hüther, hat die Spritpreissenkung als ordnungspolitischen Fehler und falsches Instrument gegen hohe Kraftstoffpreise kritisiert. "Im Sinne der Ordnungspolitik soll die Politik lediglich in den Markt eingreifen, wenn der Preisanstieg auf missbräuchliche Marktmacht zurückzuführen ist", sagte Hüther der "Augsburger Allgemeinen" (Dienstagsausgabe). Der IW-Chef bemängelte vor allem die fehlende Zielgenauigkeit der Steuersenkung. "Ein Tankrabatt ist weder verteilungspolitisch effektiv, da er unabhängig von der Bedürftigkeit entlastet, noch ist er unternehmens- beziehungsweise branchenpolitisch treffsicher."

Landesverkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) hält ebenfalls wenig vom Tankrabatt. "Es gibt genügend Leute, die sich eine Tankfüllung leisten können", sagte er im Gespräch mit dem SWR. Seiner Meinung nach würde es mehr Sinn ergeben, einkommensschwache Haushalte zu unterstützen. Deshalb unterstützt er den Vorschlag von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD), der sich für ein gestaffeltes Klimageld ausgesprochen hatte. Menschen mit mittlerem und niedrigem Einkommen sollen jährlich Geld vom Staat bekommen. Das Geld soll aus den Einnahmen der CO2-Bepreisung kommen. Laut Hermann muss man die Situation nutzen, um eine Verkehrswende anzustoßen - um auf spritfreundliches Fahren oder Elektromobilität umzusteigen.

Auch Martin Bachhofer, Landesgeschäftsführer des BUND, schließt sich dieser Kritik an. "Die Bundesregierung hat hier eine große Chance vertan, klimapolitische und sozialpolitische Ziele zu erreichen." Der Vorschlag von Verkehrsminister Winfried Hermann wäre zielführender gewesen.

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Anne Jethon