Ein Schüler meldet sich, während die Lehrerin an die Tafel schreibt.

Lehrer sollen keine Informationen vermitteln

Sogenannte Querdenker wollen eine private Grundschule bei Filderstadt gründen

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AUTOR/IN
Kai Laufen

Eine ehemalige AfD-Landtagskandidatin und weitere Personen aus dem Umfeld der "Querdenker" wollen offenbar eine Privatschule gründen. Das pädagogische Konzept lässt Fragen offen.

"Wir sind aktuell auf der Suche nach einer größeren Immobilie mit Garten oder einen Bauernhof für unsere Schule zum Kauf oder Miete", heißt es auf der Webseite, mit der die sogenannte "Weltenforscher Schule“ beworben wird. Dahinter steht der Verein "Lernen mit mehr Freude e.V." aus Aichtal (Landkreis Esslingen). Er wurde im Mai dieses Jahres gegründet, wie das Amtsgericht Stuttgart dem SWR mitteilte. Für die Finanzierung eines Gebäudes und Lehrkörpers müssten interessierte Eltern 299 Euro pro Monat und Kind bezahlen, zuzüglich Mehrwertsteuer.

Regierungspräsidium bestätigt Antrag

Parallel zu der Suche nach einem Standort für die neu zu gründende Schule hat der Verein beim Regierungspräsidium Stuttgart einen Antrag auf staatliche Anerkennung als Privatschule in freier Trägerschaft gestellt. Er sei "aktuell in Bearbeitung" bestätigte das Regierungspräsidium dem SWR.

Bei einer solchen Prüfung wird laut Privatschulgesetz unter anderem untersucht, ob die geplante Schule "in ihren Lehrzielen und Einrichtungen sowie in der wissenschaftlichen Ausbildung ihrer Lehrkräfte nicht hinter den bestehenden öffentlichen Schulen zurücksteht." Diesen Ansprüchen müsste das Konzept des Vereins "Lernen mit mehr Freude“ genügen.

Konzept wirft Fragen auf

Doch in diesem Konzept soll Lehrerinnen und Lehrern zumindest laut Webseite eine eher ungewöhnliche Rolle zukommen: "Der Lehrer/in übernimmt die Rolle des Mentoring. Mentoring soll also keine Informationen vermitteln, sondern Beziehungen zur Natur, zu den Menschen und zum Selbst schaffen." So liest sich das pädagogische Grundgerüst der sogenannten Weltenforscher-Schule: Lehrer sollen nicht lehren. Stattdessen würden die "Fragen des jeweiligen Kindes (…) beantwortet durch Eigenrecherche oder durch einen Paten, Lernbegleiter o.ä." Für diese Aufgaben suchen die Betreiber des Schulprojektes derzeit "Lehrer mit zweitem Staats Examen" - Schreibfehler inklusive.

SWR Aktuell Baden-Württemberg berichtete am 31.3.2022 über die Versuche der "Querdenken"-Bewegung, in Baden-Württemberg "alternative Schulen" zu gründen:

Ehemalige AfD-Landtagskandidatin ist Initiatorin

Hinter der Initiative für das Schulgründungsprojekt bei Filderstadt steht unter anderem eine Frau, die sich beim Messenger-Dienst Telegram zu einer Behauptung bekennt, nach der die Bundesrepublik Deutschland kein souveräner Staat sei - eine These, die bei sogenannten Reichsbürgern und Selbstverwaltern ebenso beliebt ist wie in Teilen der sogenannten Querdenker-Szene. Als Kontakt zum Verein und seinem Schulgründungsprojekt ist auf der Webseite die Handynummer von Sigrid Borst angegeben. Borst war vergangenes Jahr für die AfD als Kandidatin für die Landtagswahl angetreten, erhielt aber kein Mandat.

Offenbar "rechte Hand" von Michael Ballweg

Laut Medienberichten hatte sie sich selbst als rechte Hand von Querdenken-711-Gründer Michael Ballweg dargestellt. Vor zwei Jahren ließ sie die Wortmarke "Querdenken" eintragen. SWR-Anfragen zu ihrem aktuellen Verhältnis zur AfD und dem pädagogischen Konzept der privaten Grundschule beantwortete sie damals nicht.

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Kai Laufen