Das Mannheimer Landgericht sah es als erwiesen an, dass der damals 17-Jährige nach einer Auseinandersetzung vor der Mannheimer Diskothek "Tiffany" in der Silvesternacht mit einem Klappmesser auf das 21 Jahre alte Opfer eingestochen hatte. Der junge Mann erlitt elf Stichverletzungen am Oberkörper. Nach der Attacke hatte der Angeklagte den Tatort verlassen, ohne sich um das Opfer zu kümmern. Die Staatsanwaltschaft erkannte darin ein Indiz für einen Tötungsvorsatz und hatte deshalb wegen versuchten Totschlags und gefährlicher Körperverletzung eine Jugendstrafe von drei Jahren und neun Monaten Gefängnis gefordert. Der junge Mann sitzt seit mehreren Monaten im Jugendgefängnis Adelsheim (Neckar-Odenwald-Kreis) in Untersuchungshaft.
Angeklagter bat um Entschuldigung
Am Dienstagvormittag hatte der Angeklagte vor Gericht das Opfer um Entschuldigung gebeten. Er sagte, es sei ein schwerer Fehler gewesen, den er nicht rückgängig machen könne. Seit der Tat könne er nächtelang nicht schlafen und nicht begreifen, wie er zu so etwas überhaupt fähig war.
Verteidigung forderte Bewährungsstrafe
Im Gegensatz zur Staatsanwaltschaft konnte die Verteidigung des jungen Mannes keinen Tötungsvorsatz erkennen. Wenn er den 21-Jährigen tatsächlich hätte töten wollen, so die Anwältin, wäre das mit Hilfe des Messers durchaus möglich gewesen. Außerdem bezog sie sich auf die Aussage einer Mitarbeiterin der Jugendhilfe Adelsheim, die ihrem Mandanten eine gute Sozialprognose bescheinigte. Demnach plane er zum Beispiel, sein Fachabitur zu machen. Das sei aber nicht möglich, wenn er inhaftiert sei. Aus diesen und weiteren Gründen forderte die Verteidigung lediglich eine zweijährige Bewährungsstrafe.
Urteil: Dreieinhalb Jahre auf Bewährung
Das Gericht folgte den Ausführungen der Verteidigung allerdings nicht. Der Vorsitzende Richter sagte in der Urteilsbegründung, eine Jugendstrafe sein kein Wunschkonzert, das sich nach den Ausbildungsmöglichkeiten des Angeklagten richten könne. An einer Verurteilung wegen versuchten Totschlags und gefährlicher Körperverletzung käme man nicht vorbei. Der junge Mann habe zweifelsohne die intellektuelle Fähigkeit, sein Abitur zu machen. Deshalb rate er ihm, im gelockerten Vollzug mit einer Ausbildung zu beginnen. Das Abi könne er dann später noch nachholen. Jetzt sei es an ihm, etwas aus seinem Potenzial zu machen.
Mitangeklagter gibt zu, das Opfer getreten zu haben
Für den 23-Jährigen Mitangeklagten, der das am Boden liegende Opfer einmal getreten hat, fordert die Staatsanwaltschaft ein Jahr Haft auf Bewährung und eine Geldstrafe. Er hatte die Tat, die von einem Zeugen auf Video aufgenommen wurde, vor Gericht eingeräumt und um Entschuldigung gebeten. Sein Anwalt erklärte, er halte eine Haftstrafe für unangemessen. Das Opfer sei durch die Messerstiche und die Tritte, die ihm von mehreren an der Auseinandersetzung beteiligten Personen beigebracht wurden, schwer verletzt worden. Der eine Tritt seines Mandanten habe an den Verletzungen lediglich einen geringen Anteil gehabt. Deshalb halte er eine Geldstrafe für ausreichend.
Bewährungsstrafe für 23-Jährigen
Das Gericht sah das anders. Der Vorsitzende Richter sagte wörtlich, auf einen am Boden liegenden Menschen einzutreten, sei "unterste Schublade". Außerdem sei es nicht das erste Mal gewesen, dass der 23-Jährige durch Gewaltanwendung auffällig geworden ist. Er wurde zu neun Monaten Haft auf Bewährung und zur Zahlung von 1.000 Euro an das Opfer verurteilt.