GDL Streik: Ein Lokführer aus Karlsruhe kritisiert die Arbeitsbedingungen bei der Bahn (Foto: SWR, Fabiola Germer)

Markus Pieper setzt auf die Forderung der GDL

"Raubbau am Körper": Wie dieser Lokführer aus Karlsruhe zu den Arbeitsbedingungen im Job steht

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Fabiola Germer
Ein Bild von Fabiola Germer (Foto: SWR, Patricia Neligan)

Wenig Wertschätzung und täglich wechselnde Arbeitszeiten belasten den Arbeitsalltag von Lokführer Markus Pieper aus Karlsruhe. Er erzählt, warum er die Forderungen der Gewerkschaft GDL unterstützt.

Markus Pieper aus Karlsruhe kann schon von weitem erkennen, zu welcher Baureihe ein ICE gehört. Auch wenn er 500 Meter weit entfernt an ihm vorbeirauscht. "Das ist ein 404er", sagt er und zeigt auf den vorbeifahrenden Zug hinter dem Güterbahnhof in Karlsruhe.

Für Menschen, die sich nicht für Züge begeistern, mag dieser ICE wie jeder andere aussehen. Doch für Markus Pieper ist es nicht irgendein Zug. Seit zehn Jahren steuert er täglich ICs und ICEs im Fernverkehr der Deutschen Bahn. Lokführer sein, das ist ein Kindheitstraum für ihn. Doch die Arbeitsbedingungen haben sich laut dem 36-Jährigen in den letzten Jahren verschlechtert.

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Bahnstreik der GDL: Lokführer kritisiert Arbeitsbedingungen

Als Lokführer genießt er es, ganz vorne im Führerhaus zu sitzen. Alles im Blick zu haben, oben über den Gleisen. Um ihn herum die Landschaft, die an ihm vorbeifliegt. Dass er die Leute sicher ans Ziel bringe, das schnelle Fahren und sein eigener Chef sein, das mache ihm am meisten Spaß.

Doch am Traumjob ist nicht alles traumhaft. Täglich wechselnde Schichten oder verspätete Züge erschweren seinen Arbeitsalltag als Lokführer, erzählt Markus Pieper. Vor allem die Verspätungen hätten seit dem Ende der Corona-Pandemie zugenommen.

Mein großes Ziel war immer, ICE zu fahren.

Wechselnde Schichten und Verspätungen machen ihm zu schaffen

Das belaste nicht nur die Fahrgäste, auch ihn und seine Kolleginnen und Kollegen. Auch wenn nicht immer die Bahn dafür verantwortlich sei. "Fahrzeugstörungen oder Personen auf den Gleisen machen uns auch das Leben schwer", erzählt er. Deswegen hat der 36-Jährige sich dazu entschlossen, am Mittwoch dem Streikaufruf der Gewerkschaft GDL zu folgen.

Wegen dem täglich wechselnden Schichtsystem sei ein Privatleben mit Familie, Haustieren oder Freunden kaum möglich, sagt der 36-Jährige. "In einer Woche kommt es vor, dass ich alle drei Schichtsysteme durch habe." Früh, Tag, Spät, Nacht. Kein Tag gleicht dem anderen. Manchmal arbeite er fünf Stunden, manchmal elf. Und je nach Tag kommen noch Überstunden hinzu.

Deutsche Bahn: "Durchschnittliche Anzahl der Überstunden wurde verringert"

Auf eine SWR Anfrage bei der Deutschen Bahn zur beschriebenen Arbeitsbelastung antwortete eine Sprecherin, dass die "durchschnittliche Anzahl der Überstunden seit 2019 verringert" worden sei. Das zeige, dass "Maßnahmen [wie Personalaufbau] wirken". Überstunden würden immer vergütet, mit Freizeit abgegolten oder in ein "Langzeitkonto" übertragen, heißt es in dem Statement.

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Bahnstreik: Gewerkschaft fordert 35 Stunden Woche

Markus Pieper setzt auf die Forderung der Gewerkschaft GDL, die Wochenarbeitszeit bei vollem Lohnausgleich von 38 auf 35 Stunden zu senken. Er hofft, dass es "mit 35 Stunden besser wird". Auch, weil die Belastung inzwischen körperlich spürbar sei.

Markus Pieper beschreibt es als "Raubbau am Körper". Schlechter Schlaf und Magenprobleme seien fast schon normal, auch unter seinen Kollegen. Freizeit mit Freunden sei kaum planbar. Eine Beziehung zu führen, mit diesem Schichtsystem, sei unmöglich.

Der Dienstplan bestimmt größtenteils dein Leben.

Jobwechsel ist für Lokführer keine Option

Den Job zu wechseln kommt für Markus Pieper trotz der Belastung nicht in Frage. "Es ist ein sicherer Arbeitsplatz, man kommt mit den Kolleginnen und Kollegen gut aus. Das ist auch das Schöne, dass man füreinander da ist. Das ist ein riesiger Pluspunkt."

Dass Menschen von dem Streik genervt sind, kann er ein bisschen verstehen. "Für mich ist es auch nicht befriedigend, wenn man streiken muss. Es könnte auch anders ablaufen, wenn wir mehr aufeinander zugehen würden."

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