Einfahrt zum Landliebe-Werk Heilbronn. (Foto: SWR)

Müller schließt Werke in Heilbronn und Schefflenz

Landliebe: Wohin mit der Milch und den Beschäftigten?

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Raphael Moos
Raphael Moos (SWR) (Foto: SWR)

Während die einen bei Landliebe noch den Schock verdauen, haben andere bereits Bewerbungen an die Konkurrenz verschickt. Die Chancen stehen laut Experten gar nicht so schlecht.

In Heilbronn schwindet die Hoffnung, dass das Landliebe Joghurtwerk noch gerettet werden kann. "Es sieht nicht gut aus, aber wer nicht kämpft, hat schon verloren", sagte Frank Meckes von der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) dem SWR. Wichtig sei, dass die Beschäftigten jetzt den Rückhalt der Öffentlichkeit spürten. Mitte kommender Woche soll es ein Gespräch mit dem Heilbronner Oberbürgermeister Harry Mergel (SPD) geben. Außerdem will die Gewerkschaft versuchen, einen möglichst guten Sozialplan auszuhandeln.

Doch auch das wird gar nicht so einfach. Denn Landliebe Heilbronn sei erst im Juni vergangenen Jahres ins Handelsregister eingetragen worden, so Meckes. Durch eine vierjährige Schonfrist für Unternehmen können die Arbeitnehmer nach dem Betriebsverfassungsgesetz noch keine Sozialplan-Leistungen erzwingen. Ohnehin wird es vermutlich ein zäher Kampf, da Gewerkschaften für Theo Müller ein "rotes Tuch" seien, heißt es. Die Theo Müller Gruppe hatte vergangene Woche angekündigt, die erst im vergangenen Jahr übernommenen Landliebe-Werke in Heilbronn und Schefflenz bis 2026 sukzessive zu schließen.


Fachkräfte für die Konkurrenz

Die Produktion in den Landliebe-Werken ist komplex. Man braucht teils hoch spezialisiertes Personal, um solche Produktionsanlagen zu betreiben, sagte Friedemann Vogt, der Geschäftsführer der Molkereigenossenschaft Hohenlohe-Franken in Schrozberg (Kreis Schwäbisch Hall), dem SWR. Bei ihm seien schon Anrufe aus Heilbronn eingegangen, weil sich Leute bewerben möchten. In der Branche herrscht Fachkräftemangel. "Wir haben in ganz verschiedenen Bereichen offene Stellen", so Vogt.

Manfred Grab von der Arbeitsagentur Heilbronn sieht für viele Betroffene bei Landliebe gute Chancen auf dem Arbeitsmarkt. Nicht nur in den Molkereibetrieben in Schwäbisch Hall, Crailsheim oder Schrozberg (beide Kreis Schwäbisch Hall). Wichtig sei, dass sich die Menschen rechtzeitig bei der Agentur meldeten, nicht erst, wenn die Kündigung da ist. So könnten auch schon parallel Weiterqualifizierungen gefördert werden. Es gibt aber natürlich auch Gruppen, für die es schwerer wird. Laut NGG vor allem ältere und gering qualifizierte Beschäftigte.

Was passiert mit den Auszubildenden?

Auf SWR-Anfrage teilt die Theo Müller Group mit, man habe bereits mit allen Auszubildenden über die aktuelle Situation gesprochen und ihnen angeboten, die Ausbildung an einem anderen Standort abzuschließen.

Friedemann Vogt von der Molkereigenossenschaft Hohenlohe-Franken hat zudem bereits an der Staatlichen Fachschule für Milch- und Molkereiwirtschaft in Wangen (Allgäu) über die Auszubildenden in Heilbronn gesprochen. Er ist dort Vorstand im Ehemaligen-Verein. Falls es Auszubildende gibt, die ihre Ausbildung nicht in Heilbronn beenden können, erklären wir uns bereit, dass diese dies bei uns tun dürfen, so Vogt.

Was ist mit den Milchbauern?

22 Milchbauern rund um Creglingen (Main-Tauber-Kreis), die an Landliebe liefern, werden ihre Milch wohl in Zukunft an die Molkereigenossenschaft Hohenlohe-Franken abgeben. Es geht um rund neun Millionen Liter Milch. Was mit den vielen anderen Landwirten passiert, ist noch unklar. "Wir helfen, wo wir können, aber alle können wir natürlich nicht nehmen", so Vogt.

Zweifel an Müller vor der Übernahme

Schon 2022 gab es in der Branche Zweifel, ob es Müller nach der Übernahme überhaupt gelingen kann, die angeschlagenen Friesland-Campina Standorte wieder profitabel zu machen, spätestens als klar war, dass durch Auflagen des Kartellamts bestimmte Produkte wegfallen werden. Heißt, die Auslastung der Werke ohne Ersatzprodukte sinken würde. Die Gewerkschaft NGG geht davon aus, dass die Theo Müller Group es nur auf die Marke Landliebe abgesehen hatte und die Werke ohnehin geschlossen werden sollten. "Ein Milliardenkonzern kauft doch nicht blind Standorte und stellt kurz darauf plötzlich fest, dass zu viel investiert werden muss", so Meckes.

Müller widerspricht der Gewerkschaft

Die Theo Müller Group widerspricht diesen Vermutungen. Die Schließung sei erst nach einer umfassenden Überprüfung nach der Übernahme beschlossen worden. Diese detaillierte Überprüfung sei aufgrund wettbewerbsrechtlicher Einschränkungen vorher nicht möglich gewesen.

Die Schließungsentscheidung beruhe auf diesen Erkenntnissen und den aktuellen nachteiligen Entwicklungen im Markt, so die Theo Müller Group, die seien zum Übernahmezeitpunkt nicht absehbar gewesen.

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