Lehrer, Eltern und Schüler gegen Handyverbot (Foto: dpa Bildfunk, picture alliance/dpa/dpa-Zentralbild | Sebastian Kahnert)

Wissenschaftler spricht sich für Verbot aus

Handyverbot an Schulen: So denken Schüler aus Heilbronn darüber

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Juliane Pyper

Einige europäische Länder möchten strikte Handyverbote an Schulen einführen. Wie sieht es an den Schulen in der Region aus und was denken Schülerinnen und Schüler selbst darüber?

Sollten Handys an Schulen verboten werden? Darüber wird in einigen europäischen Ländern momentan hitzig debattiert, was auch die Diskussion in Deutschland wieder entfacht. Großbritannien möchte Handys aus den Schulen komplett verbannen, auch in den Pausen dürften Schülerinnen und Schüler egal welchen Alters ihr Handy nicht benutzen. In Baden-Württemberg regelt das jede Schule selbst.

Handyverbot auch an Heilbronner Gymnasien

An mehreren Schulen im Raum Heilbronn sind Handys teilweise verboten. Beispielsweise setzt das Theodor-Heuss-Gymnasium in Heilbronn auf ein Handyverbot. Nur wenn es absolut notwendig ist, dürfen Schüler ihr Handy auf dem Schulgelände verwenden. Auch am Technischen Schulzentrum Heilbronn werden Handys nicht geduldet. Das Robert-Mayer-Gymnasium (RMG) in Heilbronn hat schon seit vielen Jahren ein Handyverbot in den Klassen fünf bis zehn. Die Geräte sind nur erlaubt, wenn sie aktiv im Unterricht verwendet werden. Das komme aber nicht häufig vor, denn dann würden eher die schuleigenen Tablets verwendet werden. Die Oberstufenschüler dürfen Handys in der Schule benutzen, nur nicht im Unterricht, erklärt Schulleiterin Antje Kerdels.

Die Handy-Regeln werden jedoch nicht immer eingehalten. "Wer hält sich denn immer genau an alle Regeln?", sagt Kerdels. Wenn gegen die Regeln massiv verstoßen werde, würden die Schüler ihre Handys erst nach dem Schultag zurückbekommen.

Schüler sehen Verbot teilweise ein, aber fordern Anpassungen

Die Schülerinnen und Schüler am Robert-Mayer-Gymnasium stimmen dem Handyverbot an der Schule zu, allerdings wünschen sie sich einige Veränderungen der Regeln.

Simon ist erster Schülersprecher am RMG und findet es allein aus technischen Gründen gut, dass Schüler der Oberstufe Smartphones verwenden dürfen, denn für sie gebe es den Vertretungsplan nur online abzurufen. Das sei ein Problem für die Zehntklässler, die auch einen Online-Vertretungsplan haben, diesen während der Schulzeit jedoch nicht abrufen können. Am RMG gibt es eine "Digitale Helden AG", die beispielsweise Workshops zur Prävention von Cybermobbing anbietet.

Der zweite Schülersprecher des RMGs, Krish, findet es sinnvoll, dass erst die älteren Schüler Handys verwenden dürfen, da sie schon "ein gewisses Maß an Selbstverantwortung" hätten. Durch den Ausbau der digitalen Stundenpläne sollte man es aber auch den jüngeren Schülern erlauben, so Krish.

Das ist eine Debatte, die müssen Schüler und Lehrer führen, sonst kommt es da zu Missverständnissen und Konflikten.

Die SMV ("Schüler mit Verantwortung") befinden sich bereits zu diesem Thema im Austausch mit den Lehrern. "Die meisten [Schüler] wollen schon ihr Handy nutzen dürfen, jeder denkt natürlich, dass man selbst verantwortlich ist", sagt Krish.

Tablets im Unterricht immer wichtiger

Tablets werden im Unterricht sehr gerne verwendet und sind in Dauerbenutzung, sagt Schulleiterin Antje Kerdels. Momentan habe die Schule zwei bis drei Klassensätze, was aber nicht ausreiche. Das wird sich jedoch ändern. Künftig können alle Schülerinnen und Schüler ein eigenes Tablet nutzen. Die Dieter-Schwarz-Stiftung spendet im Rahmen der sogenannten "Digitalen Bildungsoffensive" allen Schülerinnen und Schülern in städtischen Schulen ein Tablet.

Schülersprecher Simon würde ein Handyverbot dann zumindest in den Pausen unnötig finden, wenn sowieso jeder ein Tablet bekommt. Auch Schülerin Réka, dritte Schülersprecherin, kann nicht ganz nachvollziehen, weshalb ein Tablet verwendet werden darf und das Handy nicht. Die Lehrer seien der Ansicht, dass man mit dem Tablet professioneller arbeiten könne, so Réka.

Da vergessen einfach viele, dass alles, was man mit dem Handy machen kann, man auch mit dem iPad machen kann und deswegen finde ich, dass man sich da ein bisschen anpassen sollte.

Bei jüngeren Schülern findet Réka analoges Arbeiten schon wichtig, aber ebenso, dass man auch die Jüngeren an digitales Arbeiten heranführen sollte. Sie ist der Meinung, dass ihre Schule den digitalen Wandel aber "schon ganz gut hinbekommt." Schüler Dennis aus der elften Klasse spricht sich hingegen wegen der Ablenkung durch Smartphones für ein Handyverbot aus.

Schulamtsleiter will kein generelles Verbot

Der Leiter des Heilbronner Schulamtes, Markus Wenz, will kein generelles Handyverbot an Schulen. Er ist der Meinung, dass man Handys im Unterricht gut für Recherchezwecke verwenden und damit auch Kommunikation trainieren könne.

In der fünften Klasse gibt es an allen Schulen in Baden-Württemberg das Fach "Medienbildung", in dem Kinder in die Mediennutzung eingeführt werden, aber auch in die Problematiken der digitalen Medien, was aber auch später in allen Klassenstufen immer wieder behandelt werde, so Kerdels.

Wissenschaftler spricht sich für strenge Handyregeln an Schulen aus

Prof. Dr. Martin Korte ist Neurobiologe und Experte zum Thema digitale Reizüberflutung. Er begründet seine Meinung für eine eingeschränkte Handynutzung an Schulen wissenschaftlich. Er sagt, dass Kinder und Jugendliche die Pausen bräuchten, um sich zu bewegen und um sich und die Augen zu entspannen und auch mal in die Weite zu blicken.

Lehrer berichten, dass wenn Kinder und Jugendliche in den Pausenzeiten ständig am Smartphone sind, dass sie eigentlich müder aus der Pause zurückkommen, als sie in die Pause hineingegangen sind.

Man müsse außerdem das Alter berücksichtigen. "Auf einem Grundschulhof hat kein Handy etwas zu suchen", sagt Korte. Handys stören die kognitive Entwicklung: "Wenn man zu früh zu viele bewegte Bilder auf einem Bildschirm wahrnimmt, kann es die Wahrnehmung stören, die Verarbeitung von Emotionen, [...] und die Sprachentwicklung." Man müsse die Kinder motivieren, sich in Pausen zu bewegen.

Und beim Lernen sollte ein Smartphone auch nicht auf dem Tisch liegen, warnt Korte. Dadurch sei man abgelegt, was viel Gehirnkapazität verbrauche.

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