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Der Mauerbau 1961 – Eskalation im Kalten Krieg

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INTERVIEW
Gábor Paál im Gespräch mit Stefan Wolle

Gábor Paál im Gespräch mit Dr. Stefan Wolle, DDR-Museum Berlin

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Am frühen Morgen des 13. August 1961 riegeln Volkspolizisten die Grenzübergänge zum Westen Berlins ab. Mit Betonpfählen und Stacheldraht beginnt der Bau der Berliner Mauer.

Radio-Reporter sind mit dabei, als die ersten Presslufthämmer die Straßen an der Grenze aufreißen.

Der Staatsratsvorsitzende der DDR, Walter Ulbricht (links), auf der internationalen Pressekonferenz am 15. Juni 1961 im Haus der Ministerien in Ost-Berlin. Hier fiel sein berühmter Satz "Niemand hat die Absicht, eine Mauer zu errichten", der nur wenige Wochen später durch den Beginn des Mauerbaus am 13. August 1961 ad absurdum geführt wurde.  (Foto: picture-alliance / Reportdienste, Picture Alliance)
Der Staatsratsvorsitzende der DDR, Walter Ulbricht (links), auf der internationalen Pressekonferenz am 15. Juni 1961 im Haus der Ministerien in Ost-Berlin. Hier fiel sein berühmter Satz "Niemand hat die Absicht, eine Mauer zu errichten", der nur wenige Wochen später durch den Beginn des Mauerbaus am 13. August 1961 ad absurdum geführt wurde. Picture Alliance Bild in Detailansicht öffnen
Drei Volkspolizisten ziehen am Potsdamer Platz hinter einer Sperrkette eine Stacheldrahtbarriere. Im Hintergrund ist die menschenleere Leipziger Straߟe zu sehen. Am frühen Sonntagmorgen des 13. August 1961 wurde unter der Aufsicht von bewaffneten Streitkräften der DDR mit der Errichtung von Straߟensperren aus Stacheldraht und dem Bau einer Mauer begonnen, um den Ostteil Berlins vom Westteil abzusperren. Die Mauer soll den ständig steigenden Flüchtlingsstrom von Ost- nach West-Berlin stoppen. picture-alliance / dpa | Giehr Bild in Detailansicht öffnen
Hinter dem Stacheldrahtverhau in der Bernauer Straߟe stehen Volkspolizisten mit dem Gewehr im Anschlag. Am frühen Sonntagmorgen des 13. August 1961 wurde unter der Aufsicht von bewaffneten Streitkräften der DDR mit der Errichtung von Straߟensperren aus Stacheldraht und dem Bau einer Mauer begonnen, um den Ostteil Berlins vom Westteil abzusperren. picture alliance / dpa | Konrad Giehr Bild in Detailansicht öffnen
13. August 1961: Angehörige des ostdeutschen Militärs entfernen Pflastersteine ​​in der Friedrichstraße in Ost-Berlin picture alliance / AP | STR Bild in Detailansicht öffnen
Mauerbau am 13. August 1961: Einheiten der Nationalen Volksarmee, der Volkspolizei und der Betriebskampfgruppen riegeln die Sektorengrenze ab. Szene am Brandenburger Tor picture-alliance / akg-images | akg-images Bild in Detailansicht öffnen
Erste Absperrungen mit Stacheldraht am 14. August 1961 in Berlin picture-alliance / akg-images | akg-images Bild in Detailansicht öffnen
Protestkundgebung am Schöneberger Rathaus im August 1961 kurz nach dem Mauerbau. Der Regierende Bürgermeister Willy Brandt hält eine Rede. picture alliance / akg-images | akg-images Bild in Detailansicht öffnen
15. August 1961: Die DDR-Volkspolizei verstärkt die Stacheldrahtsperre zwischen der sowjetischen und der französischen Zone von Berlin. Schwere Betonplatten werden errichtet, um Ost-Berlin von den Westsektoren abzugrenzen. IMAGO / United Archives International Bild in Detailansicht öffnen
Flucht einer ganzen Familie am 20. August 1961, eine Woche nach dem Bau der Berliner Mauer. Im Hintergrund lässt ein Mann ein Paket aus einem Fenster eines Hauses in der Bernauer Straße fallen, das jetzt die Grenze markiert. Der Bürgersteig ist West-Berlin. Die Wohnungen in den Häusern wurden am 13. August evakuiert. Aber in der Anfangszeit der Mauer war die Bernauer Straße der einfachste Fluchtweg, bis die DDR alle Türen und Fenster mit Ziegeln versiegelte. IMAGO / United Archives International Bild in Detailansicht öffnen

Dabei haben die Deutschen noch Walter Ulbricht im Ohr mit seinem berühmten Satz:

War der Mauerbau unvermeidbar?

Mauerbau 1961: Originalaufnahmen

15.6.1961 Walter Ulbricht: "Niemand hat die Absicht, eine Mauer zu errichten"

15.6.1961 | Zwei Monate, bevor in Berlin die Mauer errichtet wird, dementiert der DDR-Staatsratsvorsitzende Walter Ulbricht diese Pläne: Niemand habe die Absicht, eine Mauer zu errichten. Doch in welchem Zusammenhang fielen diese Worte? Die Situation: Immer mehr DDR-Bürger flüchteten nach West-Berlin – etwa 300 am Tag. Das war für die DDR auch ein wirtschaftliches Problem. Sie bezifferte die Kosten auf eine Milliarde Mark. Walter Ulbricht drängte deshalb die sowjetische Führung unter Chruschtschow, die Grenze nach West-Berlin zu schließen. Aber Moskau wollte primär etwas anderes: nämlich einen formellen Friedensvertrag. Und zwar mit West-Berlin als einer sogenannten "Freien und neutralen Stadt" – die also nicht zur Bundesrepublik und somit auch nicht zur NATO gehören sollte.

13.8.1961 DDR-Nachrichten zum Mauerbau

13.8.1961 | Der Deutschlandsender war das Radioprogramm des Staatlichen Komitees für Rundfunk der DDR. So berichtete es am Tag, als die DDR die Sektorengrenze abriegelte, um zunächst eine Grenze aus Stacheldraht zu ziehen, und schließlich eine Mauer zu bauen.
Im Rundfunk der DDR wurde außerdem die Anweisung des Innenministerium verlesen, die die Grundlage für die Grenzmaßnahmen darstellt.

13.8.1961 Beginn des Mauerbaus in Berlin: Reportagen von der Sektorengrenze

Der 13. August 1961 gilt als Beginn des Mauerbaus. Eine Mauer ist an dem Tag allerdings noch nicht zu sehen, aber Stacheldraht: Die DDR riegelt die Sektorengrenze ab und reißt stellenweise die Straßen auf. Dass irgendwas passiert, ist unübersehbar. Schon in den frühen Morgenstunden schicken Sender Freies Berlin (SFB) und RIAS ihre Reporter an die Sektorengrenze. Wir hören zunächst Götz Kronburger vom SFB.
Eine Viertelstunde später meldet sich RIAS-Reporter Rainer Höynck vom Potsdamer Platz.
Später fährt Erich Nieswandt vom SFB für den Sender Freies Berlin von einem Grenzübergang zum anderen. Wir hören ihn erst am Brandenburger Tor und anschließend an der Bernauer Straße.
Die Situation an der Bernauer Straße ist bizarr, denn auf der südlichen Straßenseite verläuft die Sektorengrenze direkt an der Hauswand: Die Häuser gehören zu Ost-, der Bürgersteig zu Westberlin. Später wurden die Hauseingänge zugemauert, die Menschen konnten nur noch über die Hinterhöfe in ihre Wohnungen gelangen. Immer wieder sind aber auch Bewohner in den Westen geflohen, indem sie aus dem Fenster über die Grenze sprangen. Teilweise wurden sie mithilfe von Feuerwehr-Sprungtüchern auf dem Bürgersteig aufgefangen, erklärt der Historiker Stefan Wolle in SWR2 Wissen:
"Davon gibt es Fotos und eben auch Rundfunkreportagen. Die Bernauer Straße geriet schnell in den Mittelpunkt der Aufmerksamkeit durch die spektakulären Fluchtaktionen. Später wurden dann diese Häuser ganz abgerissen, damit die Posten der DDR freies Schussfeld haben, um auf Flüchtlinge zu schießen.“

13.8.1961 Die Mauer entsteht – Umfrage unter DDR-Bürgern

13.8.1961 | Am Tag, als die DDR-Regierung die Sektorengrenze abriegelt – die Vorstufe zum Mauerbau – sendet Radio DDR eine Umfrage unter den eigenen Bürgerinnen und Bürgern. Gesendet werden ausschließlich Stimmen, die die Regierung in Ostberlin für die Maßnahmen loben. Sie „hätten schon viel früher“ kommen müssen.

14.8.1961 Walter Ulbricht im Gespräch mit Arbeitern und Soldaten

14.8.1961 | Am Tag nach Beginn des Mauerbaus begleitet das DDR-Fernsehen Walter Ulbricht, wie er sich in Ostberlin unters Volk mischt und mit Arbeitern und Soldaten spricht – vorbereitet durch eine überschwängliche Anmoderation.

14.8.1961 Propagandamusik zum Mauerbau: "Unser schönes Berlin wird sauber sein"

14.8.1961 | Zur DDR-Propaganda gehörte auch Musik. Einen Tag nach Abriegelung der Sektorengrenze in Berlin sendet Radio DDR am 14. August 1961 einige Lieder, die die Maßnahmen der Regierung als Befreiung und Säuberung Berlins glorifizieren. Den Anfang macht das folgende Stück des Komponisten Walter Kubiczeck. Der Text stammt von Eberhard Fensch. Laut der Ansage im Radio wurden dieses und andere Stücke angeblich innerhalb weniger Stunden geschrieben.
Im Lied ist von den „Kalten Kriegern am Rhein“ die Rede. Dies spielt auf einen Vorwurf an, der in der DDR immer zu hören war, dass es in Bonn Pläne gäbe, die DDR zu annektieren und schließlich die Grenzen von 1939 wieder herzustellen.

16.8.1961 Willy Brandt verurteilt Mauerbau – Eine seiner emotionalsten Reden

16.8.1961 | Am 13. August 1961 beginnt in Berlin der Bau der Mauer – nachdem der DDR-Staatsratsvorsitzende Walter Ulbricht am 15. Juni 1961 noch behauptet hatte, niemand habe die Absicht, eine Mauer zu errichten.
Am 16. August findet vor dem Schöneberger Rathaus eine große Protestkundgebung statt. Dort spricht auch der Regierende Bürgermeister Willy Brandt. Es ist eine seiner entschiedensten und emotionalsten Reden. Er macht deutlich: Es geht hier um weit mehr als nur um Berlin. Man dürfe sich das nicht bieten lassen.
Brandt warnt vor weiterer Appeasement-Politik. Denn die Versuche, durch politische Kompromisse und wirtschaftliche Abkommen der DDR-Führung entgegenzukommen, seien offenbar gescheitert und hätten diese nur noch zu weiteren Repressionen ermutigt. Und wer jetzt noch aus dem Westen zur Leipziger Buchmesse reise, solle gleich drübenbleiben.

26.6.1963 John F. Kennedy: "Ich bin ein Berliner"

26.6.1963 | John F. Kennedy besucht das geteilte Berlin. Er betitelt die Mauer als das "Symbol für das Versagen des Kommunismus".

60 Jahre Mauerbau

Berlin

Themenschwerpunkt in SWR2 Die Berliner Mauer und ihr Erbe

„Niemand hat die Absicht, eine Mauer zu errichten“, verkündete Walter Ulbricht noch am 15. Juni 1961 in einer Pressekonferenz. Zwei Monate später war sie plötzlich Fakt: In der Nacht vom 12. auf den 13. August 1961 wurde begonnen, die Grenze zwischen Ost- und West-Berlin militärisch abzuriegeln. Die Berliner Mauer wurde zum Symbol des geteilten Deutschlands.

Kalter Krieg

Porträt Ronald Reagan – Der missverstandene US-Präsident?

1987 fordert US-Präsident Reagan den Fall der Mauer und unterzeichnet den INF-Abrüstungs-Vertrag. Trotzdem gilt er bis heute vor allem als Kalter Krieger. Ein Missverständnis?

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Geschichte SDI – Ein Abwehrsystem im Kalten Krieg

1983 verkündete Ronald Reagan das SDI-Programm - eine Zeit technologischer Fantasien. Heute nutzen westliche Armeen Technologien, die im Zuge von SDI entwickelt wurden.

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Flucht

Geschichte Gescheiterte Flucht aus der DDR – „Grenzverletzer“ und ihre Routen

Die Flucht aus der DDR war gefährlich. An der deutsch-deutschen Grenze starben Hunderte Menschen. Erst jetzt wird bekannt: Tausende probierten es über ganz andere Routen.

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Deutsch-Deutsche Geschichte

1948 bis 1989 Deutsch-deutsche Dramen

Bundesrepublik und DDR: Die 40 Jahre der deutschen Teilung waren von Misstrauen geprägt: Berlin-Blockade, Menschenraub, Stasi-Prozesse und Mauerbau - und nach vielen Jahren die Wiedervereinigung.

Archivradio-Gespräch Menschenraub im Kalten Krieg

Bis zum Mauerbau 1961 ließ die Stasi in West-Deutschland Hunderte von Personen entführen: Regime-Gegner, abtrünnige SED-Funktionäre, Flüchtlinge, mutmaßliche Agenten.

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SWR2 Wissen: Archivradio Der Fall der Mauer und das Ende der DDR

Der Mauerfall 1989 leitete das Ende der DDR ein. Tondokumente aus Ost- und Westdeutschland zeigen, wie sich die Wende anbahnte.

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Jahrestag Gemischte Bilanz: 30 Jahre Deutsche Einheit

Am 3. Oktober 1990 - ein knappes Jahr nach dem Fall der Mauer - trat die frühere DDR der Bundesrepublik bei, mit weitreichenden Auswirkungen in Deutschland und weltweit. Wie bewerten Ost und West heute – zum 30. „Tag der Deutschen Einheit“ – die Entwicklungen seit dem Mauerfall 1989 und der Wiedervereinigung 1990? Als Erfolgsgeschichte trotz vieler Rückschläge oder als Vereinnahmung des Ostens durch den Westen?

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Gábor Paál im Gespräch mit Stefan Wolle