18.4.1984

Stasi-Mitarbeiter überredet eine Ausreisewillige zur Spionage im Westen

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SWR2 Archivradio

Eine Frau will zu ihrer Mutter in den Westen ziehen. Der Stasi-Mitarbeiter möchte, dass sie dafür Informationen aus dem Westen liefert. Er betont das „gute Vertrauensverhältnis“.

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Die folgende Tonbandkassette entstand am 18. April 1984, vermutlich in Halberstadt. Wir hören eine damals etwa 30jährige Frau, die einen Ausreiseantrag in die Bundesrepublik gestellt hat, primär um ihre dort lebende kranke Mutter zu betreuen. Seit Antragstellung hat sie ihre Stellung als Sekretärin und Übersetzerin bei der FDJ verloren und schlug sich als Putzhilfe durch. Auch aus der Staatspartei SED wurde sie ausgeschlossen.

In dem O-Ton spricht sie mit einem Stasi-Angestellten. Das Verfahren folgte psychologischen Normen der Juristischen Hochschule, zu denen gehörte, den Antragsteller mehrfach vorsprechen zu lassen. Anfangs war man der Frau strenger und zu zweit begegnet und hatte sie in einem kargen Raum befragt. Bei späteren Terminen entstand ein Vertrauensverhältnis mit nur noch einem Stasi-Mitarbeiter in einem anderen Raum mit angenehmerem Ambiente.

Die Kassette ist etwa eine Stunde lang und nimmt im letzten Drittel eine überraschende Wendung, weil die Frau als IM angeworben wird – und das Angebot akzeptiert. Es folgten mehrere Schulungstreffen, bis sie Anfang 1985 mit ihrem Sohn in den Westen ausreisen konnte. Sie lief beim Ministerium für Staatssicherheit als „HIM Yvonne“. Im Sommer 1987 entschied das Grenzkommando Nord in Halberstadt, sie außer Dienst zu stellen und „sperrte“ die Akte. 

Signaturen MfS HA I/Ka/19-20

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