Was geht - was bleibt? Zeitgeist. Debatten. Kultur.

Klimakleber und Bauern stören den Verkehr: Wann ist Protest legitim?

Stand
AUTOR/IN
Pia Masurczak
Christian Batzlen

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Sie sind sich eigentlich ziemlich ähnlich, die Klima-Aktivist*innen und die Bauern: Beide Gruppen blockieren den Verkehr, um auf ihre Forderungen aufmerksam zu machen. Während die Letzte Generation aber auf Unverständnis und viel Wut trifft, erhalten die Landwirt*innen breite Unterstützung in der Bevölkerung. Wenn es also nicht an den Formen des Protests liegt, woran dann? Wann empfinden wir Protest als legitim und unterstützenswert? Und wann wollen wir uns nicht solidarisch zeigen, auch wenn die Forderungen vielleicht richtig sind?

Darüber debattieren wir mit dem Konfliktforscher Felix Anderl, der meint: Wer über gesellschaftliche Macht verfügt, dessen Forderungen erscheinen uns legitimer. Und wir sollten uns dringend dagegen wehren, dass Rechtsextreme solche Proteste vereinnahmen.

Was denkt ihr: Nerven euch Straßenblockaden, egal von wem? Wann unterstützt ihr Protest? Schreibt uns an kulturpodcast@swr.de

Hosts: Christian Batzlen und Pia Masurczak
Showrunner: Philine Sauvageot

Was geht - was bleibt? Zeitgeist. Debatten. Kultur. Endzeit oder Erlösung: Warum wir kurz vor der Apokalypse kurz Luft holen sollten

Wir haben nur noch 90 Sekunden bis zum Weltuntergang, hat zumindest das Bulletin of the Atomic Scientists im März festgestellt. Jedes Jahr stellen sie die Doomsday Clock neu. Jetzt also nur noch 90 Sekunden und damit näher an der Apokalypse als je zuvor. Wen wundert’s: Krieg in der Ukraine inklusive Drohung mit dem Atomschlag, Krieg im Nahen Osten, Künstliche Intelligenz, das heißeste Jahr seit Beginn der Klimaaufzeichnungen und trotzdem scheinbar keine Fortschritte auf der Klimakonferenz. „Krisenmodus“ hat es wenig überraschend zum Wort des Jahres 2023 geschafft. Also alles Apokalypse? Oder doch mal lieber kurz Luft holen, weil uns die Panik auch nicht weiterhilft?
Host Pia versucht mit dem Autor und Endzeit-Fachmann Christian Jakob eine gute Zukunft zu denken. Keine leichte Aufgabe im Sturm der aktuellen Berichterstattung. „Ich finde, dass der Blick auf unsere Gegenwart sehr alarmistisch geprägt ist und der Gedanke daran, dass die Zukunft eben doch beeinflussbar und gestaltbar ist, abhandenkommt,“ sagt Jakob. Sich die Apokalypse vorstellen übersteigt zwar einerseits das tatsächliche Vorstellungsvermögen des Menschen, zugleich sind die Bilder dafür lang tradiert. „Vieles, was man an Schuld, Buße und Umkehr im religiösen Kontext hatte, das findet man so auch in der Klimadiskussion heute wieder. Der Mensch hat sich durch seine Wirtschaftsweise gegen die Natur versündigt, die Natur schlägt zurück, die Natur bestraft uns, weil wir eben nicht umkehren, weil wir nicht Buße tun, weil wir an dieser sündhaften Technologie und Wirtschaftsweise festhalten.“
Demgegenüber, so Jakob, wird übersehen, dass etwa Klimaklagen und die zugehörigen, teils sehr progressiven Urteile tatsächlich Fortschritt darstellen. Sie sind Ausdruck für eine „stark gewachsenen sozialen Bewegung weltweit für Klimaschutz, die es über Jahrzehnte – obwohl das Wissen um den Klimawandel da war – so nicht gab. Das ist nicht Nichts!“ Auch die Kipppunktvokabel aus der Klimadiskussion findet Christan Jakob nicht zwingend produktiv: „Das überfrachtet natürlich die Erwartungen an zum Beispiel Ereignisse wie eine Klimakonferenz oder auch politische Mobilisierung. Die Vorstellung, dass man sich auf etwas sehr Mühsames, etwas sehr Kleinteiliges und auch Langfristiges einstellen muss, ist nicht populär.“
Den Medien empfiehlt Christian Jakob deshalb ein Nebeneinander von Risikokommunikation und Lösungskommunikation: „Man muss den Leuten schon sagen, wie schlimm es ist, aber auch immer dazu sagen, was man tun kann.“ Das werden kleine Schritte sein. Groß zu denken, kann trotzdem nicht schaden: „Es gibt einen Mangel darin, sich das Ende konkret vorstellen zu können. Aber was es natürlich auch gibt, ist ein großer Mangel an Phantasie, an Vision, an Utopien, wie es besser und anders sein kann.“
Welche Endzeit-Erzählung fasziniert euch? Und woraus schöpft ihr Hoffnung, dass da doch noch was geht, um unsere Zukunft zu gestalten? Mailt uns, auch mit Feedback und Themenvorschlägen, an kulturpodcast@swr.de!
Host: Pia Masurzcak
Showrunner: Stephanie Metzger
Links zur Sendung:
Christian Jakobs Buch “Endzeit” ist beim Ch. Links Verlag erschienen:
https://www.aufbau-verlage.de/ch-links-verlag/endzeit/978-3-96289-206-7
Und wenn ihr wissen wollt, ob die KI uns vernichten wird, weil wir es ihr in unseren Science Fiction-Filmen so gezeigt haben, dann hört in diese Folge von WGWB rein!
https://www.ardaudiothek.de/episode/was-geht-was-bleibt-zeitgeist-debatten-kultur/duestere-science-fiction-fuehrt-uns-die-ki-wirklich-in-die-apokalypse/swr2/94609538/
Mehr zum Thema Apokalypse gibt’s außerdem hier:
https://www.bpb.de/shop/zeitschriften/apuz/151302/kurze-geschichte-der-apokalyptik/
https://www.fluter.de/heft34
Unser Podcast-Tipp:
This Band is Tocotronic
https://www.ardaudiothek.de/sendung/this-band-is-tocotronic/12819381/

Was geht - was bleibt? Zeitgeist. Debatten. Kultur. Von Spotify leben: Entsteht gerade ein neues Musikprekariat?

Der Musikindustrie geht es insgesamt so gut wie lange nicht mehr, besser sogar als zu den Hochzeiten von Schallplatte und CD. Das kommt nur leider bei kleinen und mittelgroßen Bands oft nicht an. Streaming zahlt sich vor allem für die Großen im Geschäft aus. Die meisten Berufsmusiker*innen brauchen deswegen ein zweites Standbein, um über die Runden zu kommen.

Wie lebt man also heute von der Musik? Geht die typische Selbstvermarktung auf Social Media überhaupt auf? Die Mannheimer Indie-Rock-Band Engin trifft mit ihren Reels offenbar einen Nerv und schafft es, damit auf sich aufmerksam zu machen. Unsere Gäste, der frühere VIVA-Moderator Nilz Bokelberg und die Musikerin und Aktivistin Balbina, sind dennoch skeptisch. Viel zu oft bleibe bei all dem Fokus auf Merch und Konzerte die Musik selbst auf der Strecke.

Hosts: Christian Batzlen und Philine Sauvageot
Showrunnerin: Pia Masurczak

Links:
ARD-Doku Dirty Little Secrets über Spotify: https://www.ardmediathek.de/serie/dirty-little-secrets/staffel-1/Y3JpZDovL2JyLmRlL2Jyb2FkY2FzdFNlcmllcy85N2Q4ZmY0YS0yNDczLTRjYmItOTZhYi02Y2Q2NzQzY2NhMWE/1

Tourdates, Musik und mehr der Band Engin: https://www.handshake-booking.com/de/artist/engin/
Website von Balbina: https://www.balbina.fm/
Website von Nilz Bokelberg: https://www.nilzbokelberg.de/

Was geht - was bleibt? Zeitgeist. Debatten. Kultur. Krieg in Israel und Gaza: Wie umgehen mit Bildern von Gewalt?

Seit dem 7. Oktober, seit dem brutalen Terrorangriff der Hamas auf Israel, können wir den Krieg in Nahost live auf unseren Handys mitverfolgen. Videos und Bilder von Massakern, Raketenangriffen, Toten und Verletzten. Für manche Bilder gibt es auf sozialen Netzwerken wie Instagram Warnungen, bevor man sie sehen kann. Schwer ist es aber nicht, diese Warnungen zu umgehen - wenn man möchte. Wir fragen uns diese Woche: Müssen wir hinsehen, auch wenn es oft schwer zu ertragen ist? Oder dient das nur unserem Voyeurismus?

Wir sprechen in dieser Folge mit dem Fotografen Daniel Etter. Er kennt die Situationen in Krisen- und Kriegsgebieten aus nächster Nähe. 2016 hat er den Pulitzerpreis gewonnen für eine Fotoserie von Geflüchteten aus dem Irak. Am 7. Oktober war er gerade für eine Reportage in der Ukraine unterwegs. Den Krieg in Nahost verfolgt er derzeit aus der Ferne. Er findet, die Aufgabe für professionelle Fotojournalisten sei, einen solchen Krieg zu kommunizieren: “Einfach zu erzählen, was passiert. Ob es emotionalisierend ist. Ob es dokumentierend ist.” Wenn er Fotos von Kolleg*innen aus Gaza sieht, dann sei das “der pure Horror”. Aber auch die Bilder, die die Hamas produziert hat, seien so brutal, dass er sie nicht einmal beschreiben möchte.

Aber es gibt Kriegsbilder, die bei ihm Empathie auslösen. Bilder von professionellen Fotojournalist*innen, die nicht explizit sind: “Eines, das mir hängengeblieben ist, ist das einer Mutter in einem Krankenhaus, die auf dem Boden sitzt und ihr Kind in den Armen hält. Das Bild ist sehr grafisch, weil man das Kind nicht erkennt. Es ist eingehüllt in Tücher.” Bilder wie diese würden ihm näher gehen als Bilder, die Gewalt und Verletzungen zeigen.

Wie geht ihr mit der Bilderflut aus Kriegs- und Krisengebieten um? Mailt uns, auch mit Feedback und Themenvorschlägen, an kulturpodcast@swr.de

Hosts: Pia Masurczak & Christian Batzlen
Showrunner: Kristine Harthauer

Unser Podcast-Tipp:
11KM: der tagesschau-Podcast zum Thema: “Nahost: Krieg der Bilder” https://www.ardaudiothek.de/episode/11km-der-tagesschau-podcast/nahost-krieg-der-bilder/tagesschau/12898241/

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Pia Masurczak
Christian Batzlen