300 Jahre Musik in Karlsruhe – Teil 13

Andreas Schröder

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AUTOR/IN
Dorothee Riemer

Andreas Schröder wurde 1965 zum Kantor von Sankt Stephan, der katholischen Hauptkirche Karlsruhes, berufen. 40 Jahre hatte er diese Stelle inne und machte in dieser Zeit Sankt Stephan zu einem musikalischen Mittelpunkt der Stadt.

Musikalischer Hochleistungssport

Andreas Schröders Orgelnachspiele am Ende eines Gottesdienstes in Sankt Stephan waren berühmt-berüchtigt: Nicht nur, dass sie oft viel länger dauerten als üblich – manchmal bis zu 20 Minuten. Es waren auch weniger besinnliche als sinnliche Ereignisse, denn die Orgel ließ all ihre Register hören, Schröder reizte alle Möglichkeiten aus. Wer in einem solchen Moment oben auf der Empore stand, konnte Schröder beim musikalischen Hochleistungssport sehen: voller Körpereinsatz, fliegende Haare. Die Gottesdienst-Besucher wurden zum Konzertpublikum und applaudierten enthusiastisch. Ein ehemaliger Schüler Schröders, Michael Gerhard Kaufmann, sieht es so:

Mit Mitte 20 zum Kantor

1939 in Leipzig geboren, in Dresden aufgewachsen, wird Andreas Schröder im Kreuzchor musikalisch ausgebildet. In der DDR wird ihm das Studium verwehrt, so dass er nach Freiburg geht und dort Musik studiert. Schon während des Studiums spielt er regelmäßig in verschiedenen Gemeinden und ist daher den Kirchenoberen bekannt. Als ein Kantor für die katholische Hauptkirche in Karlsruhe gesucht wird, wählen sie den erst 26-Jährigen aus.

Messen mit Gemeindegesang

Von der Kirche und aus der Stadt hatte er immer Unterstützung. So konnte er nach und nach ein vielfältiges Musikleben an Sankt Stephan entfalten. Er wollte, dass bei jeder Gelegenheit auf qualitätsvollem Niveau Kirchenmusik gemacht wird.

Zentrum seiner Arbeit war der Gottesdienst. Mit kleinen Gruppen aus seinen Kinderchören gestaltete er jeden Sonntag die Messe. An Feiertagen waren in Sankt Stephan die großen Mess-Kompositionen zu hören: Messen von Haydn, Mozart und Beethoven. Aber auch Bach und Buxtehude oder sogar Hassler und Palestrina. Die komponierten Messen hat Schröder so in den Gottesdienst eingebunden, dass auch die Gemeinde mitsingen konnte:

Der Inszenierungscharakter einer katholischen Messe habe ihn lange vor Amtsantritt in Karlsruhe auch dazu bewogen, zum Katholizismus zu konvertieren.

Ein abenteuerliches Leben

Action – die braucht Schröder auf jeden Fall. Neben den wöchentlichen Gottesdiensten, den Feiertagen und zusätzlichen Oratorienkonzerten organisiert Schröder ab 1982 zusammen mit seinem evangelischen Kollegen Harbeck die Karlsruher Musiktage. Er leitet seine Chöre, er spielt ab und an Continuo am Staatstheater, er ist Orgelsachverständiger, unterrichtet an der Musikhochschule, er leitet Orgel-Reisen, schreibt dazu dicke Reiseführer und zeichnet gekonnt die von ihm besuchten Instrumente, er gibt Konzerte und macht Rundfunkaufnahmen. Er sagt: "Es war ein abenteuerliches Leben".

Fünfmal Beethovens Missa solemnis

Mit der vielfältigen Musik an und um Sankt Stephan herum hat Andreas Schröder das Musikleben von 1965 bis 2005 in Karlsruhe geprägt. Im Jahr 2000 hat es ihm die Stadt mit einem Bundesverdienstkreuz gedankt. Sein persönlicher musikalischer Höhepunkt klingt aber so:

Kein Blatt vor dem Mund

Wer 40 Jahre lang mit Leib und Seele Musik gemacht hat, geht nicht einfach in Rente. Nach seiner Versetzung in den Ruhestand 2005 geht es bei Schröder weiter: Er spielt jetzt aber hauptsächlich in Ettlingen. In Karlsruhe gab es in den letzten Jahren die eine oder andere Verstimmung. Denn mit der Situation der Kirchenmusik, mit den aktuellen Positionen zum Orgelbau und mit seinen jüngeren Kollegen, geht Schröder manchmal ganz schön hart ins Gericht.

Ein Blatt vor den Mund genommen hat Schröder noch nie und eckte daher auch schon früher an:

Charme, großes Können und unermüdlichen musikalischen Einsatz haben ihm immer eine große Fan-Gemeinde beschert: An Feiertagen ging man, wollte man eine feierliche, musikalische Messe erleben, zu Andreas Schröder nach Sankt Stephan.

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Dorothee Riemer