Thomas Dunford mit arrangierten Werken von Johann Sebastian Bach

Balsam für die Seele

Stand
AUTOR/IN
Anette Sidhu-Ingenhoff
KÜNSTLER/IN
Thomas Dunford (Laute)

CD-Tipp vom 19.6.2018

Der Bach-Schüler Johann Friedrich Agricola sagt über die Darbietung von Bachs Solostücken auf Tasteninstrumenten:

Die Rede ist da von Bachs Solosuiten und Partiten aus der Köthener Zeit. Möglicherweise konnte Bach sie auf der Violine selbst gar nicht perfekt realisieren, darauf bezieht sich Agricola. Sie sind wahre Meisterwerke, haben aber zugleich etwas geradezu Eratisches, ja fast Abweisendes an sich: Sie stellen sehr hohe Anforderungen an den Spieler, können bis heute nur von wenigen perfekt realisiert werden. Gleichzeitig wird vom Zuhörer verlangt, dass er sich anstrengt, in seiner Phantasie darf er das harmonische Gerüst und den gedachten Kontrapunkt selbst im Kopf ergänzen. Es ist klar, dass sich solche Stücke zur Bearbeitung in irgendeiner Form geradezu anbieten, ob auf dem Cembalo, dem Klavier oder für mehrere Instrumente. Mendelssohns und Busonis Versuche sind die besten Beispiele dafür. Lautenfassungen sind ein ganz eigenes kleines Abenteuer. Das Lineare der Streicherversion wird eingetaucht in einen vollen, weichen Sound.

Empfindsames Spiel

Der Website von Thomas Dunfod kann man entnehmen: Er ist, dank Studien in Paris und Basel, in Barockmusik, Kammermusik und Jazz gleichermaßen zuhause. Mit großer Souveränität präsentiert er eigene Arrangements der Bachsuiten, widmet sich mit seinem empfindsamen, runden und gelassenen Spiel aber auch Bachs Nachdenken über seine eigene Musik: Die Suite g-Moll BWV 995 hat der Meister selbst aus der Cellosuite c-Moll (BWV 1011) für Laute solo „umgeschrieben“. Es geht hier nicht so sehr um Werktreue, bei Dunford nicht und auch bei Bach nicht! Was sich beim Anhören der eher linear angelegten Streicherfassungen weitgehend im Kopf des Zuhörers abspielen muss, wird vielmehr unmittelbar ins Spiel und auf den Boden einer ganz bestimmten Realisierung herunter geholt.

Konzentration und Geistesgegenwart

Interpretieren wird so das Konkretisieren einer Idee auf eine mögliche Weise. Bach selbst sah ja im Orchester und im kunstvollen Stimmenverband die höchste Vollkommenheit! Aber die Lautenfassungen lassen - so meditativ und zugleich klar und schnörkellos wie Dunfod sie spielt - die große Intimität von Bachs musikalischen Gedanken einmal sehr klar erspüren. Das gilt auch für Dunfords Bearbeitung der Chaconne aus der der Violin-Partita in d-Moll. Der latent vorhandene Kontrapunkt und die Harmonien schimmern auch hier ganz zart durch, gerade deshalb wirkt diese Musik sehr dicht, innerlich, sie berührt. Reduktion und Lauschen in den Klang hinein, dazu braucht es Konzentration und Geistesgegenwart, die hat Thomas Dunford. Balsam für die Seele!                    

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AUTOR/IN
Anette Sidhu-Ingenhoff
KÜNSTLER/IN
Thomas Dunford (Laute)