Nikita Boriso-Glebsky und Ekaterina Dershavina mit Kompositionen von Nikolai Medtner

Wunderbar aufeinander abgestimmt

Stand
AUTOR/IN
Jörg Lengersdorf
KÜNSTLER/IN
Nikita Boriso-Glebsky
Ekaterina Dershavina

CD-Tipp vom 11.05.2018

Der russische Dichter Andre Biely formulierte:

Biely stand mit der hohen Meinung ja nicht allein da: Der einflussreiche Kritiker Leonid Sabaneyev nannte Medtner den "ersten Beethoven Russlands". Und als der Pianist Vladimir Horowitz seine schweren psychologischen und pianistischen Krisen über Jahre hatte, da soll Freund Sergej Rachmaninoff zu ihm gesagt haben:

Dass Medtner, der nicht nur ein begnadeter Komponist war, sondern auch ein ebenso versierter Pianist wie seine russischen Kollegen, nicht ebenso berühmt wurde, lag wohl an zwei Dingen. Im Russland der Stalin-Ära war Medtner, der wegen der Revolution emigriert war, verpönt. Und in Europa gab Medtner sich dann oft zu bescheiden, Konkurrenzkampf und lautes Karriereklingeln waren ihm zuwider.

..so erlebten das die Radiokollegen der BBC, denn ab 1935 lebte Medtner in London. Auf der neuen Medtner CD mit Medtners Gesamtwerk für Violine und Klavier spielen Nikita Boriso Glebsky und Ekaterina Derzhavina nicht nur drei umfangreiche Sonaten, sondern auch ganz kleinformatige Werke.

Der russische Philosoph Iwan Iljin hat mal über Medtners Musik gesagt, dass man sich beim Hören immer frage, woher man diese Klänge kenne, denn man sei mit Medtners
Einfällen so seltsam vertraut, als hörte man sie von Kindesbeinen an. Aber in Wirklichkeit habe man diese Musik noch nie vernommen. Es seien dann wohl die Vorfahren, die im inneren Ohr sängen. Gut, ich gebe zu, dass dies eine ziemlich blumige Umschreibung der Tatsache ist, dass Medtners Musik nicht wirklich mit radikalen Überraschungen aufwartet. Und wenn Rachmaninoff auch an Medtner geschrieben hat:

..dann hat Rachmaninoff sich wohl ganz einfach geirrt, denn der von ihm ungeliebtere Kollege Skrjabin war wohl doch größer. Obwohl Medtner bis Mitte des 20. Jhds gelebt hat, wurde seine Musik keineswegs stilprägend. Aber Musik muss ja nicht unbedingt gewaltsam neue Wege freihauen, um ungeheuer poetisch zu sein.. 

Ein Goethegedicht steht vor Medtners 3 Nachtstücken. Geiger Nikita Boriso Glebsky musiziert mit ungeheuer biegsam lyrischem Ton, Pianistin Ekaterina Derzhavina kontrolliert den Klang des Klaviers perfekt noch im winzigsten Augenblick. Kleinste Details stoßen Richtungsänderungen an, und selbst der Nachhall von Tönen, der auf einem Streichinstrument ganz anders zu formen ist, als mit einem schnell verklingenden Klavierton, scheint wunderbar aufeinander abgestimmt. Eine feine CD im Sinn des Wortes. Und sicher eine Entdeckung für viele Kammermusikfreunde.

CD-Tipp vom 11.5.2018 aus der Sendung Treffpunkt Klassik - Neue CDs

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AUTOR/IN
Jörg Lengersdorf
KÜNSTLER/IN
Nikita Boriso-Glebsky
Ekaterina Dershavina