Ruby Hughes singt Arien von Händel u. a.

Betörend süße Stimme

Stand
AUTOR/IN
Katharina Eickhoff
KÜNSTLER/IN
Ruby Hughes
Orchesta of the Age oft Enlightenment
Laurence Cummings

CD-Tipp vom 13.4.2018

Unglaublich wohlklingende Stimme

Um ein Haar wäre die Engelsstimme von Ruby Hughes der Welt verlorengegangen – war die Sopranistin von Haus aus erst einmal Cellistin. Aber dann sind womöglich die walisischen Wurzeln in ihr aktiv geworden, sie ist als Tochter einer Keramik-Künstlerin in Wales geboren, und das Singen liegt den Walisern ja schon irgendwie in den Genen. Beim Studium in London und München hat die schöne Mrs. Hughes dann doch noch die richtige Kurve gekriegt. Und seitdem bezaubert sie alle mit dieser unglaublich wohlklingenden, sich so anmutig und ohne hörbare Hürden fortbewegenden Stimme, und dazu einer musikalischen Intelligenz, die ihr erlaubt, die unterschiedlichsten Sachen auf immer genau die richtige Art zu singen – Ruby Hughes kann Schumann-Lieder singen, dass man vor Glück über so viel Textverstand zu weinen anfangen will, sie hat die poetische Leichtigkeit für französische „Mélodies“ in der Stimme und füllt mit ihrer Präsenz sogar ein Stück wie Mahlers „Ich bin der Welt abhanden gekommen“.

Perfekte Besetzung für barocke Sopranpartien

Dass Hughes die perfekte Besetzung für barocke Sopranpartien ist, muss man vermutlich gar nicht groß betonen. Beim Programm ihrer neuen CD handelt es sich um eine auch an sich schon interessante Zusammenstellung, Arien nämlich, die für Giulia Frasi geschrieben wurden – die war im 18. Jahrhundert in London die Lieblingssängerin des alten Händel. Aber die Frasi hat nicht nur für Händel gesungen, und da wird es eigentlich erst so richtig interessant: Ruby Hughes singt neben Händel nämlich auch noch Stücke von Händels britischen Kollegen, Konkurrenten oder – Schülern! John Christopher Smith zum Beispiel kam wie Händel eigentlich aus Deutschland, er hat dann in London beim Altmeister das Komponieren gelernt und war Händels rechte Hand in dessen schwierigen letzten Jahren: Nach Händels Erblindung hat Smith alle seine Aufführungen geleitet und ihm beim Notenschreiben assistiert, und der dankbare Händel hat ihm dafür seine sämtlichen Partituren vermacht.

Zauberische Wirkung

Von John Christopher Smith stammt eine der kostbarsten Preziosen auf dieser CD, eine Art Schlaflied aus seinem natürlich ganz im Händelschen Sinne komponierten Oratorium „Rebecca“. Und Smith wendet in dieser Arie einen Kunstgriff an, den er ganz sicher vom Meister gelernt hat, man kennt das schon von Händel, dem er aber in diesem Fall extra viel Schönheit abgewinnt: Er webt die Gesangsstimme wie ein weiteres Instrument in den Gesamtklang ein – man weiß so momentweise nicht, ob da ein Ton gerade gespielt oder gesungen wird. Aber dass sich daraus eine dermaßen zauberische Wirkung ergibt, liegt natürlich vor allem an Ruby Hughes, die hier die große Kunst des nur scheinbar kleinen Tons hören lässt.

Ein Fest aus englischen Szenen und Arien

Das Orchestra of the Age of Enlightenment ist ein bisschen altmodisch aufgenommen, mit viel, sagen wir mal: Glanz, bei dem man sich nicht so sicher sein kann, ob der wirklich aus der Londoner Kirche stammt, in der die Aufnahme entstanden ist. Aber gespielt wird auf das Feinste, und Ruby Hughes macht schlichtweg ein Fest aus diesen englischen Szenen und Arien.

CD-Tipp vom 13.4.2018 aus der Sendung „SWR2 Treffpunkt Klassik – Neue CDs“

Stand
AUTOR/IN
Katharina Eickhoff
KÜNSTLER/IN
Ruby Hughes
Orchesta of the Age oft Enlightenment
Laurence Cummings