Preisverleihung | Ernst von Siemens Musikpreis geht an Beat Furrer

Der Klangalchemist

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Bernd Künzig
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Jennifer Gruppenbacher

Der Komponist Beat Furrer erhielt am 3. Mai 2018 im Münchner Prinzregententheater den Ernst von Siemens Musikpreis 2018. Dieser gilt als einer der renommiertesten Preise der klassischen Musik und ist mit 250.000 Euro dotiert. Expressiver Sprachklang charakterisiert das Werk des Schweizer Komponisten.

Beat Furrer gestalte „seit vielen Jahren die musikalische Gegenwart auf die eindrücklichste Art und Weise“, so das Kuratorium der Ernst von Siemens Musikstiftung. Der Einfluss des 1954 in der Schweiz geborenen Komponisten auf jüngere Generationen von Komponisten und Interpreten sei enorm. Die Auszeichnung erfolge für ein kompositorisches Lebenswerk, das niemals Erprobtes reproduzierte und „das sich über alle musikalischen Gattungen erstreckt und von geradezu suggestiver Kraft ist.“

Seit den 1980er Jahren entstanden Kompositionen für Soloinstrumente, Kammermusik, Ensemble- und Orchestermusik sowie sieben wichtige Werke für das Musiktheater.

YouTube-Video: Beat Furrer – Ein Komponist und seine Musiker

Legendär: „Fama“ bei den Donaueschinger Musiktagen 2005

Beat Furrer: Fama (Foto: SWR, SWR -)
„Fama“ bei den Donaueschinger Musiktagen 2005: akustisch steuerbares Gehäuse

Legendär war Furrers Musiktheater „Fama“, uraufgeführt bei den Donaueschinger Musiktagen 2005 und mit dem Goldenen Löwen der Musikbiennale in Venedig 2006 ausgezeichnet. Für die großformatige Komposition entwickelte er mit dem Büro LIMIT architects einen ganz eigenen Aufführungsraum. Ein Gehäuse, das durch bewegliche Lammelenwände akustisch steuerbar war. Erreicht wurden dadurch feinste Ausdifferenzierungen des Raumklangs.

Das Ensemble und die Vokalsolisten musizierten und agierten mal außerhalb, mal innerhalb dieses Raumes, zu mehreren oder solistisch. Die Zuhörer allerdings befanden sich inmitten des Klangs, von ihm sanft berührt, umflossen oder direkt eingeschlossen. Hier wurde die Rede vom Klangkörper endlich als sprachliches Hilfsmittel befreit und eine Realität.

Einer der bedeutendsten Klangalchemisten unserer Tage

Komponierte Stille und expressiver Sprachklang: so könnte man das Werk des Komponisten Beat Furrer charakterisieren. In diesem Zusammenhang betrachtet, ist er einer jener musikalischen Repräsentanten, die die Errungenschaften der Moderne eines Claude Debussy am Ende des 20. und beginnenden 21. Jahrhunderts weiterschreiben und -denken. Mit ihrem Preis ehrt die Ernst von Siemens-Musikstiftung einen der bedeutendsten Klangalchemisten unserer Tage, dessen Werk im wörtlichsten Sinne berührt.

Der 1954 im schweizerischen Schaffhausen geborene Furrer übersiedelte 1975 zu seinem Studium nach Wien. Seiner österreichischen Wahlheimat ist er danach treu geblieben und unterrichtet seit 1991 Komposition an der Hochschule in Graz. Von 2006 bis 2009 war er Gastprofessor in Frankfurt. 1985 war er Mitgründer des Klangforum Wien und leitete es auch bis 1991. Diesem Spitzenensemble der Neuen Musik Österreichs ist er bis heute als Komponist und als Dirigent eng verbunden.

Auskomponierter Sprachklang

Beim Festival Wien Modern wurde 1990 sein erstes Musiktheater „Die Blinden“ uraufgeführt. Auf dem Stück des Belgiers Maurice Maeterlinck basierend, hatte sich Furrer damals den gleichen Dichter der subtilen Sprache ausgesucht, den auch Debussy für sein einziges Bühnenwerk „Pelléas et Mélisande“ gewählt hatte.

Bei aller klanglichen Differenz: hier wie dort findet sich der bis heute in feinste Nuancen ausgehörte und auskomponierte Sprachklang, der sowohl die Stimmen als auch die Instrumente durchdringt und erfüllt. Dazu Beat Furrer: „Es ging mir nicht darum, einen Sprachgestus zu imitieren, sondern noch näher zum Klang der gesprochenen Stimme zu kommen, das heißt, die harmonische Struktur zu untersuchen.“

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