Das neue Buch von Alfred Brendel mit Essays, Reden und Beobachtungen

Sinn, Unsinn und Musik

Stand
AUTOR/IN
Christoph Vratz

Buch-Tipp vom 16.05.2018

Ein typischer Brendel. Die Pointe lauert am Ende. Auf das glatte Parkett von „Dichtung und Wahrheit“ möchte er sich also nicht begeben, denn eine Autobiographie ist nach seiner Auffassung immer zugleich auch freie Erzählung. Also schreibt er einen rund 30-seitigen Essay über sich und sein pralles Pianistenleben. Verschlankt und im Zeitraffer erzählt er von seinen Lehrjahren, den ersten Konzerten und Aufnahmen sowie von einigen Kuriositäten:

Mit kritischer Distanz und Selbstironie schreibt Brendel über Brendel – in einfachen, bewusst schlichten Sätzen, die vieles genau auf den Punkt bringen.

Umrahmt wird dieser autobiographische Text von Gedichten, drei von Ernst Jandl vorneweg und ebenfalls drei von Christian Morgenstern danach. Das ist bezeichnend für Brendels neuen Band, der eigene Essays, Reden und Beobachtungen einbettet in ein Umfeld aus literarischen Augenzwinkereien in Versform. So kann der Leser das unmittelbare Nebeneinander von „Sinn und Unsinn“, wie Brendel es in einer Rede über den Humor aus dem Jahr 2015 darstellt, wunderbar nachvollziehen.

Etwa im Dadaismus, dem Brendel einen sehr dezidierten, fundierten Aufsatz widmet – zum „Dada-Jahr 2016“. Texten wie diesen stellt er musik- und werkbezogene Betrachtungen gegenüber: zu Schuberts Liederzyklus „Winterreise“ und zu Haydns „Die sieben letzten Worte des Erlösers am Kreuze“.

Alfred Brendels neues Buch „Die Dame aus Arezzo“ – der Gesamttitel zitiert einen seiner Texte – fällt mit 160 Seiten recht knapp aus. Außer den Gedichten enthält er lediglich sechs ‚originale Brendels‘. Das ist zugegeben ein bisschen wenig, zumal die Beiträge Lust auf Mehr wecken. Denn mit Alfred Brendel schreibt hier jemand, der nicht mit Wissen prunken oder belehren möchte, sondern mit teils virtuoser Beiläufigkeit Erhellendes mitzuteilen hat:

Buch-Tipp vom 16.05.2018 aus der Sendung SWR2 Cluster

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Christoph Vratz