„Die Deutschen wollen, dass ich ihnen etwas zeige, was mich zum Juden macht“, sagt die Autorin Deborah Feldman, deren Bestseller „Unorthodox“ als Miniserie auf Netflix verfilmt wurde. Man solle etwas Jüdisches beitragen, was die Gesellschaft braucht, um das Gefühl zu haben, man habe die Wiedergutmachung geschafft. „Judenfetisch“ nennt sie dieses Phänomen in ihrem gleichnamigen Buch, das jetzt erschienen ist.
Gefangen in der Erwartung an die jüdische Rolle
In Amerika verspüre man eher den Druck, sein Jüdischsein verschwinden zu lassen. In Deutschland sei es genau das Gegenteil. Hier herrsche eine überdimensionierte Erwartungshaltung. Ein Fetisch sei, wenn man von einer Identität etwas erwarte, das diese liefern solle. „Das kann sie aber so nie liefern“, sagt Feldman im Interview mit SWR2. „Man ist gefangen in dieser Rolle, weil das Jüdischsein in Deutschland mit so viel Projektionen und Vorstellungen einhergeht, dass es auf einem einfach lastet.“
Erwartung, das Jüdische in der Öffentlichkeit zu zeigen
Man fühle sich in Deutschland als Jüdin stets unter Druck, etwas Jüdisches zu zeigen. „Oft haben aber Juden in Deutschland zum Beispiel einen sowjetischen Hintergrund, und in diesen sowjetischen Staaten durfte man sein Judentum nicht ausleben.“ Diese Personen hätten dann hier versucht, ihr Judentum zu erfinden. Die deutsche Gesellschaft vermittele: Du bist Jüdin. Du hast eine Pflicht, etwas Jüdisches zu vertreten.