Wie bilden sich Menschen in einer freiheitlichen Gesellschaft ihre Meinung? Antwort: idealerweise auf der Grundlage von Informationen, die allen frei zugänglich sind. Soweit die Theorie. Aber: Was ist, wenn diese Informationen unüberschaubar werden? Oder, noch schlimmer: gezielt manipuliert? Wenn sich also die Meinungsbildung von der Realität entkoppelt? Mit Desinformation und ihren Folgen für die Gesellschaft befasst sich die diesjährige Wissenschaftskonferenz des Bundesamts für Verfassungsschutz in Berlin.
Die Politikwissenschaftlerin Jeanette Hofmann leitet am Berliner Wissenschaftszentrum die Forschungsgruppe „Politik der Digitalisierung“. Im SWR2-Interview stellt sie zunächst klar, „dass die Lüge an sich in der Politik nichts Neues ist.“
Die Lüge ist in der Politik nichts Neues
Die Politikwissenschaftlerin Jeanette Hofmann leitet am Berliner Wissenschaftszentrum die Forschungsgruppe „Politik der Digitalisierung“. Im SWR2-Interview stellt sie zunächst klar, „dass die Lüge an sich in der Politik nichts Neues ist.“ Freiheitliche und pluralistische Gesellschaften stünden schon immer vor der Herausforderung, „sauber zu sortieren, wann wir es mit Manipulation zu tun haben und wann mit grundsätzlich unterschiedlichen Auffassungen über die Welt, in der wir leben.“
Aktuelles Beispiel: der Fall Aiwanger
Aktuell veranschaulicht der Fall Aiwanger, wie sich die Aufteilung in unterschiedliche Lager durch Desinformation vollzieht: Für die einen sind die Berichte über ein antisemitisches Flugblatt wichtige Informationen über das Fehlverhalten eines Politikers. Andere dagegen beklagen eine tendenziöse Verdachtsberichterstattung, um einem Politiker zu schaden.
Massenmedien verlieren an Einfluss auf den öffentlichen Diskurs
Dahinter sieht Politologin Hofmann jedoch eine grundsätzliche Debatte um die Herkunft von Informationen. Die Massenmedien verlieren aus ihrer Sicht an Einfluss auf den öffentlichen Diskurs, während andere Informationsquellen – Hofmann verweist auf die digitalen Plattformen – an Bedeutung zunehmen. Dies sei, so die Berliner Wissenschaftlerin, „der Hintergrund der Debatte über Desinformationen, die wir gerade haben.“
Qualitätsjournalismus als Gegenmittel
Trotzdem ist Hofmann überzeugt, dass die Massenmedien auch angesichts ihrer schwindenden Bedeutung dieser Entwicklung entgegenwirken können. Zum Beispiel, indem sie aufhörten, „blind in Schlagzeilen zu verpacken, was Politiker an provokativen Äußerungen täglich tun.“ Klassische Medien, so Hofmanns Urteil, seien „häufig die Lautsprecher für populistisch orientierte Politiker.“ Stattdessen empfiehlt sie: „eine Berichterstattung, die Pluralität sichert“ und „festhalten an einem Qualitätsjournalismus, der nicht auf Klicks aus ist.“
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