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Ständiger Zwang zur Selbstoptimierung? Juliane Marie Schreiber möchte lieber nicht

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INTERVIEW
Stefanie Junker

Gerade zum Jahresbeginn versucht man gerne, über gute Vorsätze das Beste aus sich rauszuholen. Für Juliane Marie Schreiber ist dieser ständige Zwang zur Selbstverbesserung ein „Terror des Positiven“. In ihrem Buch „Ich möchte lieber nicht“ fordert sie dazu auf, öfter auch mal Nein zu sagen.

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Was wir heute von der Weigerungshaltung des Schreibers Bartleby lernen können

In Herman Melvilles Erzählung „Bartleby der Schreiber“ entschließt sich der Schreibgehilfe von einem Tag auf den anderen dazu, seine Arbeit niederzulegen. Mit den Worten „Ich möchte lieber nicht“ ( „I would prefer not to“) lehnt er die Aufgaben ab, die sein Arbeitgeber an ihn stellt.

Wenn es nach Autorin Juliane Marie Schreiber geht, sollten wir alle häufiger wie Bartleby reagieren. Den berühmten Ausspruch des Melvilleschen Schreibers diente ihr als Titel ihres Buches, denn wir täten alle gut daran, eine solche Verweigerungshaltung einzunehmen, findet Schreiber.

Die leistungsorientierte Gesellschaft zwinge uns dazu, immer positiv und glücklich sein zu wollen. Es entsteht ein sozialer Druck, den neuesten Trends nachzulaufen und immer an sich selbst arbeiten zu wollen, um die beste Version von einem selbst zu sein.

Juliane Marie Schreiber fordert eine Rebellion gegen den „Terror des Positiven“

Dass uns gerade zum Jahreswechsel der Selbstoptimierungszwang besonders hart trifft, liege an den heftigen Anforderungen der Leistungsgesellschaft. Uns werde suggeriert, dass jeder Mensch für sein Lebensglück und seine Gesundheit selbst verantwortlich sei. Dabei tendieren wir dazu, sogar Dinge über ein positives Mindset lösen zu wollen, die eigentlich außerhalb unseres Handlungsspielraums liegen.

Schreiber fordert nicht weniger als die Rebellion gegen den „Terror des Positiven“. Man müsse sich die Frage stellen, ob man überhaupt immer den Anforderungen entsprechen will, die an einen herangetragen werden. Die Autorin empfiehlt, bewusst auch mal Nein zu sagen und sich aktiv Faulheit zu gönnen. Für Schreiber ist das ein Ausweg aus der ständigen Entscheidungsüberlastung, die uns der Wohlstand mit seinem ständigen Überangebot und der ständigen Erreichbarkeit gebracht hat.

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