Film

Schwuler Frauenheld: „Rex Gildo – der letzte Tanz“ von Rosa von Praunheim

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AUTOR/IN
Julia Haungs

In den 1960er und 70er Jahren war Rex Gildo einer der größten deutschen Schlagerstars. Ein braun gebrannter Sonnyboy, der die Frauenherzen eroberte, selbst aber heimlich Männer liebte. Diese Lebenslüge stellt Rosa von Praunheim ins Zentrum seines halbdokumentarischen Spielfilms und erzählt dabei zugleich viel über die Geschichte des Schwulseins in der Bundesrepublik. Nun kommt der Film in der ARD. Auch in der Mediathek ist er zu sehen.

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Die Kunstfigur Rex Gildo formte der Manager

Immer braun gebrannt, die Zähne strahlend weiß, das dichte Haar bis ins hohe Alter pechschwarz. Was den Schlagersänger Rex Gildo zum Ende seiner Karriere aussehen lässt wie seine eigene Karikatur, macht am Anfang seinen umwerfenden Charme aus. Der Manager Fred Miekley entdeckt den jungen Dekorateur Ludwig Franz Hirtreiter in den 1950er Jahren und formt ihn zur Kunstfigur Rex Gildo.

 

Rosa von Praunheim thematisiert die Lebenslüge von Rex Gildo

Schon bald ist Gildo ein Teenie-Idol, spielt in zahlreichen Filmen an der Seite von Conny Froboess und startet eine steile Karriere als Schlagersänger. Offiziell ist der deutlich ältere Miekley nur Gildos Manager, privat sind die beiden bis zu Miekleys Tod 1988 ein Paar.

„Was mich an dem Stoff reizte, war aufzuzeigen, wie schwierig es in den 50er und 60er Jahren für Schwule war, ihre Liebe auszuleben. Besonders für Menschen in der Öffentlichkeit bedeutete es ein Leben voller Heimlichkeit, Versteckspiel und Lüge.“

In seinem halbdokumentarischen Spielfilm setzt Regisseur Rosa von Praunheim gewollt künstliche Spielszenen in gemalten Kulissen neben Archivbilder und Interviews mit Weggefährten aus der Schlagerbranche von Costa Cordalis über Bernhard Brink bis Cornelia Froboess. Es sei schnell klar gewesen, dass sich der Frauenschwarm Rex nicht wirklich für Frauen interessierte, erinnert sich seine Gesangs- und Flirtpartnerin Gitte Haenning.

„Wir spielten ein Paar, weil das Liebeslieder waren. Und wir müssen offensichtlich sehr überzeugend gewesen sein. Dass man darüber schrieb, dass wir tatsächlich ein Paar waren.“

 

Scheinheirat mit der Cousine

Rosa von Praunheim bettet die Lebensgeschichte des Schlagerstars ein in das Gesellschaftspanorama der Bundesrepublik. Gildos Karriere beginnt in den repressiven 50ern. Da ist Homosexualität noch strafbar. 1969 wird der Paragraph 175 liberalisiert. Viele Schwule kämpfen für ihre Rechte, allen voran Rosa von Praunheim mit seinem Film „Nicht der Homosexuelle ist pervers, sondern die Situation, in der er lebt“. Rex Gildo erlebt seine Situation aber offenbar weiter als so schwierig, dass er 1974, um den Anschein zu wahren, seine Cousine heiratet. Vielleicht nicht ganz zu Unrecht fürchtet er die Reaktion seiner Fans.

 

Alkohol und Tabletten führen zum endgültigen Absturz

In den 1990ern endet Gildos Karriere mit Auftritten in Möbelhäusern. Er beginnt zu trinken, ist tablettensüchtig. 1999 stirbt er nach einem Sturz aus dem Badezimmerfenster. Mit seinem essayartigen Biopic erkundet von Praunheim, wie schmerzhaft es sein muss, sich ein Leben lang selbst zu verleugnen. Ein Thema, das bis heute bedrückend aktuell ist. Die Schlagerbranche mag inzwischen diverser sein. In Männerdomänen wie dem Fußball sieht es aber auch 23 Jahre nach dem Tod von Rex Gildo trostlos aus.

 Trailer zum Film „Rex Gildo – Der letzte Tanz“:

Zeitwort 10.12.1991: Rosa von Praunheim outet schwule Promis

„Ich wusste, das ist unanständig. Aber Kerkeling und Biolek haben später gesagt, dass sie befreit sind, dass das Versteckspiel vorbei ist“, sagte Rosa von Praunheim zu seinem Auftritt in der RTL-Talkshow „Der heiße Stuhl“. Vor laufender Kamera outete der Regisseur und Schwulenaktivist die beiden TV-Promis darin als homosexuell.

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