Eine blumengeschmückte Marienstatue wird auf eine Waldlichtung bei der Wallfahrtskirche Maria Vesperbild zu einem Gottesdienst getragen. Die Katholiken vor allem im Süden Bayerns feiern an Mariä Himmelfahrt einen ihrer traditionsreichsten Feiertage (Foto: picture-alliance / Reportdienste, Medien-Nr. 107803877)

SWR1 Sonntagmorgen

Mariä Himmelfahrt – Von Kräuterbuschen und metaphysischer Gleichberechtigung

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AUTOR/IN
Ulrich Pick

Der 15. August ist in katholischen Gebieten Europas ein arbeitsfreier Feiertag. Hintergrund und Brauchtum des Festes "Mariä Himmelfahrt" sind umstritten und zum Teil unbekannt.

Im Zentrum des Festes Mariä Himmelfahrt steht der Glaube, dass Maria, die Mutter Jesu, mit Leib und Seele in den Himmel aufgenommen wurde und somit als "Ersterlöste" an der Auferstehung ihres Sohnes teilnimmt. Obgleich in den vier neutestamentlichen Evangelien nichts über eine Himmelfahrt Mariens steht, finden sich entsprechende Erzählungen in den sogenannten apokryphen Schriften - das sind Dokumente aus dem biblischen Umfeld, die nicht ins Neue Testament aufgenommen wurden. Das Fest selbst wurde ab dem 8. Jahrhundert in Mitteleuropa gefeiert.

Mariä Himmelfahrt als Symbol der Gleichberechtigung?

Carl Jung sitzt an seinem Schreibtisch (Foto: picture-alliance / Reportdienste, Picture Alliance)
Der Psychologe Carl Gustav Jung: Ein Liebhaber des Mariendogmas

Am 1. November 1950 hat Papst Pius XII. die leibliche Aufnahme Mariens in den Himmel zum Dogma erklärt. Es ist das jüngste Dogma der katholischen Kirche. Während viele progressive Katholiken und Protestanten große Schwierigkeiten mit diesem Schritt hatten, bezeichnete der Schweizer Arzt und Psychologe Carl Gustav Jung die Entscheidung als das wichtigste religiöse Ereignis seit der Reformation: Der Protestantismus habe – so schrieb der Sohn eines reformierten Pfarrers – offenbar die Zeichen der Zeit nicht genügend beachtet, welche auf die Gleichberechtigung der Frau hinweisen würden. Diese verlange nämlich auch ihre metaphysische Verankerung, und zwar in der Gestalt einer "göttlichen" Frau. Und das sei eben Maria.

Im Mittelpunkt der festlichen Tradition steht das Brauchtum der Kräuterweihe. Hierbei werden verschiedene Kräuter gesammelt, zu Sträußen gebunden und zur Messe an Mariä Himmelfahrt an den Altar gelegt. Die Anzahl der Kräuter variiert je nach Region zwischen sieben und 70. Darunter sind in der Regel Johanniskraut, Baldrian, Kamille, Frauenmantel, Eisenkraut, Mariendistel und Lavendel. Das Büschel wird mit nach Hause genommen und getrocknet. Früher wurde es teils in Viehfutter gestreut, teils unter die Frühlingssaat gemischt und sollte vor Krankheiten bewahren und Segen bringen.

Franziska Welte (r) und Anna Weißbrod (l) aus Gengenbach- Bermersbach (Ortenaukreis) tragen am Freitag (15.08.2008) selbstgebundene Kräuterbüschel durch die Ortsmitte von Gengenbach zur Weihe in die Kirche.  (Foto: picture-alliance / Reportdienste, Picture Alliance)
Kräutergebinde zu Mariä Himmelfahrt im badischen Gengenbach

Der Duft Mariens

Woher der Brauch kommt, ist nicht bekannt. Möglicherweise ist er heidnischen Ursprungs. Eine Legende berichtet, Christus habe sich drei Tage nach dem Tod seiner Mutter persönlich auf der Erde eingefunden, um ihren Leichnam in den Himmel zu begleiten. Dabei habe der Leichnam unaussprechlich guten Duft verbreitet. Eine andere Legende sagt, Marias Grab habe, als man es öffnete, duftende Rosen enthalten. Wichtig scheint hier der Zusammenhang von Maria und Natur bzw. Ernte zu sein. Immerhin wird Maria auch als "Blume des Feldes und Lilie in den Tälern" (Hohelied 2,1) bezeichnet.

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