Carlita Metzdorf-Klos ist Psychoonkologin der Landeskrebsgesellschaft Rheinland-Pfalz. Sie leitet das Beratungszentrum in Trier und erzählt uns wie Angehörige dort unterstützt werden.
SWR1: Auf der einen Seite haben wir die Erkrankten, die Krebs haben und auf der anderen die Angehörigen. Wie sehr brauchen auch die Angehörigen Hilfe und Unterstützung?
Carlita Metzdorf-Klos: Sehr viele, die zu uns kommen werden vor dem Hintergrund natürlich auch mit der Diagnosestellung Krebs überrascht, wie von einem Tsunami. Plötzlich sind Lebensentwürfe in Frage gestellt. Man befindet sich in einem medizinischen System, hat wenig Kenntnis und vor allen Dingen viel Angst.
In der Regel Angst um den Angehörigen. Wie geht es weiter? Wird er das überhaupt überleben, wird er das überstehen? Die intensive, strapaziöse Behandlung. Da kommen ganz viele Fragen auf, und viele versuchen das natürlich im Familien- oder Freundeskreis erstmal aufzufangen.
[...] Sie merken aber mitunter, dass auch andere Angehörige wie Erwachsene, Kinder und Jugendliche oder auch Verwandte oft sehr überfordert sind mit der Situation, dass sie zwar zuhören, aber dort auch wieder eine Belastung entsteht.
Unterstützung für Angehörige von Krebskranken
SWR1: Sie leiten die Beratungsstelle in Trier. Welche Unterstützung gibt es für Angehörige von Krebskranken?
Metzdorf-Klos: Wir beraten ja nicht nur die Erkrankten, sondern eben auch das mitbetroffene Familiensystem, die Angehörigen. In dieser Woche war jetzt beispielsweise eine Tochter da und eine Tante, also eine Schwester der betroffenen Mutter. Natürlich kommen alle Mitbetroffen, die im System sind und einen Unterstützungsbedarf haben zu uns.
Häufig kommen auch – ohne gendern zu wollen – erstmal die Ehefrauen von betroffenen Männern ins Gespräch und sagen: "Mein Mann redet gar nicht, der sitzt nur noch da, starrt Löcher in die Luft und ich halte das nicht mehr aus, ich komme nicht an ihn ran." Wir arbeiten sehr, sehr viel auch mit Angehörigen.
SWR1: Wie können Sie in so einem Fall unterstützen?
Metzdorf-Klos: Indem ich erstmal die Spreu vom Weizen trenne. Man filtert zunächst einmal raus, wie es dem Angehörigen selbst mit der neuen Situation und den Herausforderungen, die da zu bewältigen sind, geht, um dann eine Brücke zum Empfinden und einer möglichen inneren Krankheitsverarbeitung des Betroffenen herzustellen.
Also Empathie erstmal, Verständnis und dann aber die Spreu auch da wieder vom Weizen zu trennen und zu schauen, wie war denn der Angehörige vor der Erkrankung? Dann stellt sich oft heraus, dass der Betroffene eigentlich nichts anderes macht, als er es immer gemacht hat im Leben.
In anderen Fällen, wo es so ist, dass der Betroffene sich doch sehr verändert, muss man mit dem Angehörigen auch ein Stück weit herausarbeiten, was die Gründe dafür sein könnten. Man sollte dann vielleicht beobachten und immer ein Angebot machen: "Wenn du reden möchtest, ich bin für dich da."
Oder im Verlauf, wenn die oder der Angehörige hier eine entlastende und unterstützende Beratungserfahrung gemacht hat, vielleicht ihm das auch sagen: "Du, das habe ich so und so erlebt. Meinst du nicht, du könntest mal mitkommen?"