Der Internet-Trend zu "Jawline-Gums" stammt aus den USA. Vor allem junge Männer zeigen in Videos, wie sie mithilfe von speziellen harten Kaugummis ihren Kiefer trainieren und behaupten, sie würden auch für eine definierte Kieferpartie sorgen. Kieferorthopäde Dr. Shadi Fietz aus Kirchheimbolanden am Donnersberg hält nicht viel von diesem Schönheitstrend.
SWR1: Bringt das Jawline-Gum etwas?
Dr. Shadi Fietz: Das bezweifle ich. Durch das tägliche harte Kaugummi kauen wird die Kaumuskulatur, insbesondere die äußeren Muskeln, also die sogenannten Muskelmundschließer wie der Musculus masseter, trainiert. Und durch das Trainieren der Kaumuskulatur kann es auch sein, dass die Muskeldicke nach außen zunimmt und man den Eindruck bekommt, der Kieferwinkel sei definierter. (...)
Allerdings sollte man die möglichen Nachteile nicht außer Acht lassen.
SWR1: Was sind die möglichen Nachteile?
Fietz: Längeres tägliches Kauen kann dazu führen, dass sich die Kauzähne, insbesondere die Molaren und Prämolaren, leicht in den Knochen einprägen. Das sind Backenzähne, es gibt große und kleine und diese können in den Kiefer hinein eingeprägt werden.
Das könnte zu einer Kiefergelenkeinsenkung führen, was wiederum die sogenannte bilaminäre Zone, also die Weichgewebe hinter den Kiefergelenkköpfen, belastet. Dies könnte zu weiteren Symptomen wie Kopfschmerzen, Nackenschmerzen und so weiter führen.
USA-Korrespondent Nils Dampz testet Jawline-Gum
SWR1: Sie als Facharzt raten also von solchen Jawline-Gums schlicht ab.
Fietz: Auf jeden Fall.
SWR1: Es heißt immer wieder, dass die Steinzeitmenschen alles Mögliche harte kauen mussten, und dadurch keine Zahnprobleme bekommen haben. Können wir heute noch in Sachen Zahngesundheit von den Steinzeitmenschen lernen?
Fietz: Auf jeden Fall. Die Evolution hat dazu geführt, dass wir immer weiches Essen essen. Das beansprucht unsere Kaumuskulatur wenig. Und dadurch sind unsere Kaumuskulaturen weniger definiert. Das heißt, wenn wir hartes Essen essen, dann ist es immer gesünder, sowohl für die Kaumuskulatur als auch für die Kiefergelenke als auch vor allem für die Entwicklung des Kiefers.
SWR1: Denken Sie bei hartem Essen an ein dickes Steak oder an eine Karotte?
Fietz: An beides, also dickes Steak, dickes Brot und Apfel. Also alles, was den Kiefer wirklich ein bisschen in Anspruch nimmt.
Das Gespräch führte SWR1 Moderator Hanns Lohmann.