Christina Ramp aus Mainz ist Expertin für Arbeitsrecht und weiß, welche Möglichkeiten und Probleme Arbeitnehmer im Ernstfall haben, wenn sie vor einem unlösbaren Betreuungsproblem für das Kind stehen.
Kind im Notfall mitbringen – Zustimmung des Arbeitgebers nötig
SWR1: Was sagt das Arbeitsrecht grundsätzlich zur Frage, ob man das Kind im Notfall auch mit zur Arbeit nehmen darf?
Christina Ramp: Grundsätzlich besteht zunächst erstmal gar kein Anspruch darauf, sein Kind mit zur Arbeit mitzunehmen. Unter Umständen ist natürlich eine Vereinbarung mit dem Arbeitgeber möglich. Eine solche Vereinbarung hängt natürlich von den tatsächlichen Umständen und Gegebenheiten ab.
SWR1: Dabei ist egal, wie alt das Kind ist – ohne Zustimmung läuft das nicht?
Ramp: Genau! Es besteht kein Anspruch darauf, sein Kind mit zur Arbeit zu nehmen. Allerdings kann man eine Vereinbarung mit dem Arbeitgeber treffen. Der Arbeitgeber wird womöglich oder sehr wahrscheinlich das Alter des Kindes berücksichtigen, wenn er seine Entscheidung trifft. Aber wenn er sich dagegen entscheidet, dann ist es egal, wie alt das Kind ist.

Die Kommunikation mit dem Arbeitgeber ist das Wichtigste
SWR1: Wie würden Sie auf den Arbeitgeber zugehen, damit er im Zweifel mitspielt?
Ramp: Das Kernelement eines jeden Arbeitsverhältnisses, aus meiner Sicht, ist die Kommunikation. Es ist in erster Linie das Wichtigste, offen und ehrlich auf den Arbeitgeber zuzugehen und mit ihm zu kommunizieren.
Er hat natürlich ein Interesse daran, dass Haftungsfragen geklärt sind. Es geht um die Sicherheit des Kindes, es geht um das Vorbeugen von Unfällen und natürlich, die Eltern haben auch ihre Aufsichtspflicht. Dementsprechend muss alles geregelt sein, bevor man das Kind zur Arbeit mitnimmt.
Manche Arbeit ist kinderfreundlicher
SWR1: Heißt das, bei einer Büroarbeit wird es eher eine Zustimmung des Arbeitgebers geben, als wenn die Eltern in einer Fabrikhalle arbeiten?
Ramp: Das möchte ich so jetzt nicht genau beantworten, aber die Wahrscheinlichkeit, dass man eher ein "Ja" bekommt, wenn man in einem Büro arbeitet, ist natürlich da. In der Fabrikhalle wird es natürlich schwierig, das Kind mitzunehmen, gerade wenn es um Gefahren geht. Das hat natürlich auch Auswirkungen auf die Gesundheit des Kindes. Ich glaube auch, die meisten Eltern haben kein Interesse daran, ihr Kind mit in eine Fabrikhalle mitzunehmen.
Ganz wichtig ist es auch zu beachten, sofern alle Fragen geklärt sind, dass man eine Zustimmung hat. Sonst muss man nämlich auf negative Folgen achten. Der Arbeitgeber kann natürlich auch eine Abmahnung aussprechen oder im schlimmsten Fall auch eine Kündigung. Dementsprechend muss vorher alles geklärt sein, um Sanktionen zu verhindern.
SWR1: Der Arbeitgeber hat ein Interesse daran, dass die Eltern überhaupt zur Arbeit kommen, als möglicherweise wegen eines kranken Kindes zu Hause zu bleiben.
Ramp: Natürlich hat er in den meisten Fällen ein Interesse daran, aber die Entscheidung liegt trotzdem in seiner Hand.