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Wenn das Spielen süchtig macht

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Moderator/in
Steffi Stronczyk
Steffi Stronczyk
Onlinefassung
SWR1

Wann wird Spielen krankhaft und wie kann man Betroffenen helfen? Darüber haben wir mit dem Leiter einer Suchtambulanz gesprochen.

Glückspielsucht trifft in Rheinland-Pfalz tausende Menschen. Klaus Wölfling hat schon viele von ihnen gesprochen und therapiert. Denn Wölfling leitet die Suchtambulanz an der psychosomatischen Klinik der Unimedizin Mainz. Im SWR1 Interview erklärt er, was Angehörige von Spielsüchtigen tun können.

SWR1: Viele spielen gern am Handy oder am Computer. Wann wird das krankhaft? 

Klaus Wölfling: Das ist gar nicht so einfach festzustellen. Vor allen Dingen merkt man es selbst manchmal gar nicht, wann es zu viel und nicht mehr eine normale Nutzung ist. Bei der Glücksspielsucht auch am Handy, wo viele Spiele mit Geldeinsatz auf einen warten, haben wir ein paar Kriterien, die man ansetzen kann.

Wenn man mit dem Glücksspiel besonders negative Emotionen verdrängt – das ist so ein Kernmerkmal der Spielsucht.

Kernmerkmal der Spielsucht sind, wenn man aufgrund des Glücksspiels

  • anfängt, andere zu belügen,
  • wenn eine Gefährdung von Beziehungen, vom Arbeitsplatz oder auch von Karrieremöglichkeiten da ist.
  • Wenn man sich auf die finanzielle Unterstützung von anderen verlässt oder
  • wenn man mit dem Glücksspiel besonders negative Emotionen verdrängt.
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SWR1: Wenn ich feststelle, ich bin spielsüchtig, wie komme ich da am besten wieder raus?

Wölfling: Das ist gar nicht so einfach. Manche Personen schaffen es tatsächlich selbstständig. Es ist ganz ähnlich wie bei Alkoholabhängigkeit, wo es auch eine Spontanremission gibt, also das Einstellen der Erkrankung von selbst. Viele benötigen aber doch professionelle Unterstützung.

Am besten wäre es, man sucht einen Suchtberater oder eine Suchtberaterin auf, spricht dort vor und lässt sich diagnostizieren. Dann kann es sein, dass zum Beispiel eine längerfristige Therapie, wie zum Beispiel bei uns in der Ambulanz für Spielsucht in Mainz, stattfindet.

SWR1: Wie helfen Sie Spielsüchtigen in der Suchtambulanz ganz konkret?

Wölfling: Wir bieten eine ambulante Gruppentherapie an für die nicht ganz so stark ausgeprägten Fälle. Das heißt, die Patienten kommen einmal die Woche zum Gruppengespräch und einmal die Woche zum Einzelgespräch zu uns und lernen hier erst einmal festzustellen, warum spiele ich denn überhaupt? Welche Funktion hat dieses Spiel für mich?

Und ich will natürlich Tipps und Tricks vermitteln: Wie komme ich davon los? Wie halte ich das große Suchtverlangen aus, um nicht zu spielen. Ganz wichtig ist auch, die Offenheit und Transparenz gegenüber Verwandten, Angehören oder Partnerinnen oder Partnern. Das sind Punkte, die man mit Unterstützung erreicht.

Wenn die Sucht etwas stärker ausgeprägt ist, muss tatsächlich ein stationärer Entzug passieren. Dann kommen die Leute für sechs bis zwölf Wochen zu uns und müssen stationär über Nacht bleiben, um einen Entzug vom Spielverhalten und eine Entwöhnungstherapie bei uns zu machen. 

Wir haben die Erfahrung gemacht, dass das offene Ansprechen der Problematik nicht falsch ist.

SWR1: Was raten Sie Angehörigen und Freunden von Spielsüchtigen?

Wölfling: Wir haben die Erfahrung gemacht, dass das offene Ansprechen der Problematik – wenn man es erahnt – nicht falsch ist. Viele haben natürlich eine gewisse Scheu, demjenigen so etwas zu unterstellen. Sie sprechen die Veränderungen, die man bei der betroffenen Person wahrnimmt, viel zu spät an. Gereiztheit, Stimmungsschwankungen, Geldnot und so weiter – das sind Punkte, die eben auffallen. Da raten wir dringend den Angehörigen, diese wirklich offen und nicht von oben herab, sondern auf Augenhöhe anzusprechen, Hilfe anzubieten und zu sagen: "Ich bin da, ich höre dir zu."

Das Gespräch führte SWR1 Moderatorin Steffi Stronczyk.

Hier finden Sie Hilfsangebote bei Spielsucht

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