Eine Pflegerin versorgt auf einer Intensivstation eine Patientin, im Vordergrund ist der Monitor eines Beatmungsgeräts zu sehen (Foto: dpa Bildfunk, picture alliance/dpa | Marijan Murat)

Intensivpfleger Ricardo Lange

"Man kann andere nur pflegen, wenn man sich dabei nicht selbst vergisst."

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SWR1
MODERATOR/IN
Birgit Steinbusch
Birgit Steinbusch (Foto: SWR)

Immer mehr Pflegebedürftige, immer weniger Pflegende. Über diese Situation, die Arbeitsbedingungen und Bezahlung in der Pflege haben wir mit Ricardo Lange gesprochen.

Schon während der Corona-Pandemie hat der Intensivpfleger auf die schlechten Arbeitsbedingungen in Krankenhäusern aufmerksam gemacht.

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SWR1: Sie arbeiten immer noch als Intensivpfleger. Hat sich auf den Intensivstationen etwas verbessert?

Ricardo Lange: Nein, leider nicht. Es ist im Gegenteil noch viel schlechter geworden. Ich bin in der Zeitarbeit tätig und sehe so mehrere Stationen im Monat. Und da hat ein ganzer Schweif an Pflegekräften gekündigt, inklusive der Stationsleitung, weil die Bedingungen nicht mehr tragbar sind und die Mitarbeiter gesagt haben: Wir gehen jetzt.

SWR1: Was sind das für Bedingungen?

Lange: Als Intensivpfleger hat man immer mehr als zwei Patienten. Die Regel sollte eigentlich sein, dass man nur zwei Patienten betreut. In der Realität muss man drei oder sogar vier Patienten betreuen und kommt mit seiner Arbeit gar nicht mehr hinterher und muss seine Aufmerksamkeit auf viel zu viele Patienten aufteilen. Dann kommt es auch dazu, dass Patienten zu Schaden kommen, weil zu wenig Personal da ist. Das sind Arbeitsbedingungen, mit denen man einfach nicht leben kann.

SWR1: Schlechte Arbeitsbedingungen und Bezahlung - was hängt da alles dran?

Lange: Die Bezahlung ist mittlerweile gar nicht so schlecht, aber das Hauptproblem ist der Personalmangel und die schlechten Arbeitsbedingungen, dass wir immer wieder aus der Freizeit einspringen. Man kann auf Dauer nur andere Menschen pflegen, wenn man sich dabei nicht selbst vergisst. Wenn man permanent ausbrennt, keine Freizeit hat, sich nicht mehr erholen kann, dann kann man diesen Job einfach nicht mehr machen. Wenn die Pflegekräfte mal wieder streiken, beobachtet man ganz oft, dass sie in 99 Prozent der Fälle nie für mehr Geld streiken, sondern für eine Entlastung und damit für eine bessere Patientenversorgung.

SWR1: Warum haben Sie sich für eine Zeitarbeitsfirma entschieden?

Lange: Das hat ganz einfache Gründe. Ich war fest in einem Haus angestellt, Vollzeit, 160 Stunden im Monat. Ich habe dann Herzprobleme bekommen, musste während meiner Schicht in die Rettungsstelle, weil gar nichts mehr funktioniert hat. Ich hatte einen Blutdruck von über 200, einen Puls von über 150. Da hat der Kardiologe gesagt: "Herr Lange, mit ihrem Herz ist anatomisch alles in Ordnung. Das ist der Stress. Und wenn Sie so weitermachen, werden Sie mit 40 einen Herzinfarkt haben." Dann bin ich in die Zeitarbeit gegangen. Dort bekommt man durch die erhöhte Flexibilität mehr Geld und dieses mehr an Geld habe ich genutzt, um meine Stundenanzahl zu reduzieren. Das heißt, ich arbeite für das gleiche Geld, nur weniger Stunden und habe somit mehr Freizeit, mehr Erholung und mehr Zeit mit meiner Familie.

Das Interview führte SWR1 Moderatorin Birgit Steinbusch.

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