Sozialminister Manfred Lucha zu Coronavirus

"Wichtig, dass die Ausbreitung deutlich verzögert wird"

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Stefanie Anhalt
Moderatorin Stefanie Anhalt aus dem SWR1 Team (Foto: SWR)

Das Corona-Virus hat Europa fest im Griff. Immer mehr Länder verschärfen ihre Maßnahmen im Umgang mit dem Virus, um die Ausbreitung einzudämmen. Auch bei uns wird die Lage ständig neu geprüft. Die baden-württembergische Landesregierung geht davon aus, dass ein Ende der Infektionen noch lange nicht erreicht ist, im Gegenteil. Im Interview mit SWR1-Moderatorin Stefanie Anhalt fasst Sozialminister Manfred Lucha die aktuelle Lage im Land zusammen.

Stefanie Anhalt: Bundesweit haben wir aktuell über 1100 Corona-Infizierte. In Baden-Württemberg sind es, Stand gestern Abend, 232. Ist das noch der aktuelle Stand?

Manfred Lucha: Wir haben im Moment noch keine neue Zählung. Diese wird heute Nachmittag aktualisiert.

Stefanie Anhalt: Wie schützen Sie sich vor sich vor Corona. Sie treffen ja viele Menschen. Wie viele Hände schütteln Sie noch?

Manfred Lucha: Das Gute an mir ist, dass ich schon ein Leben lang "more heartshakes than handshakes" pflege, da ich ein bronchialer Typ bin. In der Winterzeit hoffe ich immer auf Verständnis, dass ich nicht der Handschüttelfreund bin.

Stefanie Anhalt: Wir bekommen viele Mails in Studio und Anrufe: Die Verunsicherung ist groß. Was raten Sie jemanden, der fürchtet, am Corona-Virus erkrankt zu sein?

Manfred Lucha: Menschen, die keinen Kontakt mit Infizierten hatten oder in definierten Risikogebieten waren, brauchen keine Angst haben. Wichtig für uns alle ist, das gilt aber generell: Wenn wir etwas erkältet sind oder wenn wir etwas Schnupfen haben, dann ordentliche Hygiene. Hände-Hygiene! Hände ordentlich waschen. Das muss nicht zwingend desinfizieren sein. Ein bisschen soziale Distanz, ein bisschen Abstand halten.

Wenn man hustet, dann in die Beuge husten. Einmal-Taschentücher benutzen. Sich nicht mit den Händen ins Gesicht fassen. Das sind so ganz einfache Verhaltensweisen, die jeder von uns gut machen kann.

Ich sehe es ja an mir selbst und erziehe mich gerade auch um. Es geht.

Stefanie Anhalt: Wo können sich denn Betroffene informieren? Es gibt ja so wahnsinnig viele Informationen.

Manfred Lucha: Wir haben sehr gute unterschiedliche Hotlines geschaltet. Es gibt die vom Landesgesundheitsamt, aber auch die Kassen informieren. Gehen Sie auf unsere Internet-Seite des Ministeriums für Soziales und Integration (https://sozialministerium.baden-wuerttemberg.de/). Sie bekommen sehr viele Fragen und Antworten, zum Beispiel: Worauf muss ich achten? Was ist die Empfehlung für Veranstaltungen? Was ist, wenn ich bestimmte Symptome habe? Dazu gehört auch, dass ich nicht zum Arzt gehe, sondern erst telefoniere und mich leiten lasse. An immer mehr Orten steuern und lenken wir die Testung. Das alles können Sie in Ihren örtlichen Behörden, aber auch auf unseren Internetseiten und Hotlines erfragen.

Stefanie Anhalt: Ganz wichtiges Stichwort: Veranstaltungen! Sie empfehlen - wie Gesundheitsminister Spahn - Veranstaltungen über 1000 Menschen abzusagen. Warum nur empfehlen und nicht ein komplettes Verbot, so wie in die Bayern?

Manfred Lucha: Die Bayern haben das jetzt so gemacht. Jedes Bundesland hat in seinen Ausführungsgesetzen Besonderheiten. Ich kenne die bayerische Verwaltungsausführungsformen nicht so genau, aber bei uns ist die klare Zuständigkeit bei den Ortspolizeibehörden. Wir prüfen jetzt, wie wir als Land präziser werden, ohne dass es dort Konkurrenz in der Verantwortlichkeit gibt.

Stefanie Anhalt: Jetzt gibt es inzwischen Teststationen außerhalb der Arztpraxen. Seit gestern laufen auch die DriveIn-Zentren, beispielweise im Landkreis Esslingen. Der Bedarf scheint riesig zu sein, die Kapazitäten kaum ausreichend.  Brauchen wir mehr davon?

Manfred Lucha: Wir appellieren auch noch einmal an die Menschen!

Nicht jeder muss und soll sich testen lassen, obwohl wir viele von den sogenannten Testkits haben und wir auch eine gute Kapazität an Laboren schnell aufbauen können. Nur Menschen, bei denen es auch ganz notwendig ist, sollen getestet werden.

Bei allen anderen, die keine Symptome haben, sollen erst einmal in der Abgeschiedenheit bleiben. Erst wenn Symptome da sind, dann tatsächlich auch zur Testung gehen. Wir müssen das ein bisschen steuern.

Stefanie Anhalt: Bei allen diesen Empfehlungen taucht dennoch immer wieder die Frage auf: Wie gut sind die Krankenhäuser im Land auf eine Corona-Epidemie vorbereitet?

Manfred Lucha: Unsere Krankenhäuser sind sehr gut vorbereitet. Fast alle haben mit uns gemeinsam Pandemiepläne aktualisiert und ihre Kapazitäten identifiziert. Sie haben ihre Spezialaufgaben: zum Beispiel gewappnet zu sein, wenn in der Intensivmedizin beatmet werden muss. Oder auch, wie sie ihre Abläufe bei Wahleingriffen anders takten können. Wir versuchen, das Gesundheitssystem mit seinen Ressourcen stark zu halten. Wir haben auch noch die Influenza. In circa zwei Wochen ist diese vorbei. Dann wollen wir wieder einsatzfähig sein. Deshalb ist es so wichtig, dass die Ausbreitung des Virus' deutlich verzögert wird und in der Spitze gebrochen werden kann.

Stefanie Anhalt: Ist eine Sperrzone wie in Italien auch in Baden-Württemberg vorstellbar?

Manfred Lucha: Italien ist eine ganze andere Situation. Dort gab es vom ersten Tag an einen frei kursierenden Virus. Das gibt es in Baden-Württemberg nicht.

Stefanie Anhalt: Bei der Aufzeichnung unseres Interviews ist es kurz nach halb zwei, wir senden das Gespräch in gut drei Stunden. Wie aktuell sind die Infos noch, die wir jetzt ausgetauscht haben?

Manfred Lucha: Sie werden vermutlich um eine Zahl von 10 bis 20 erhöht sein. Das ist so der Erfahrungswert der letzten Tage.

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