Ashot Shahbazyan von Mainz 88 (Foto: IMAGO, Imago Images /  Sämmer)

Ringen | Bundesliga

Mainzer Ringer wartet seit zehn Jahren auf deutschen Pass

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Ashot Shahbazyan aus Armenien träumt von Medaillen für Deutschland. Doch der Mainzer Ringer muss sich trotz hervorragender Integration in Geduld üben.

Ashot Shahbazyan ringt, seit er fünf Jahre alt ist. Ringen ist sein Sport, sein Leben. Disziplin, Fairness, Respekt: Dinge, die ihm wichtig sind, hat er durch das Ringen vermittelt bekommen. Auch sein großer Traum ist an seinen Sport geknüpft. Einmal ganz oben stehen und eine Medaille gewinnen - für Deutschland.

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"Olympia wäre natürlich mein Traum. Wenn wir aber von Zielen sprechen, dann ist es eine internationale Medaille. Bei Europameisterschaften oder am besten bei Weltmeisterschaften. Und so Gott will, auch ein Titel", sagt Shahbazyan im Gespräch mit dem SWR. "Aber ich glaube, es ist zu früh, davon zu träumen. Es gibt noch viel zu arbeiten. Und vor allem brauchst Du einen Pass." Auf die deutsche Staatsbürgerschaft wartet er nämlich bislang vergeblich. Mit der Änderung des Staatsangehörigkeitsgesetzes, das von der Bundesregierung auf den Weg gebracht ist, könnte sein Wunsch in Erfüllung gehen. Doch vorerst heißt es weiter warten.

2014 kam Shahbazyan aus Armenien nach Deutschland. Er ging hier zur Schule und machte sein Fachabitur, anschließend eine Ausbildung. Mit den Mainzer Ringern wurde er 2023 Deutscher Mannschaftsmeister. "Wenn es ein Musterbeispiel an Integration gibt, dann haben wir da einen Volltreffer. Wir sind da im Austausch mit dem Ausländeramt in Mainz. Und das läuft vertrauensvoll und wir sind guter Dinge, dass das zeitnah geschieht", sagt Baris Baglan, 1. Vorsitzender des Klubs.

Vorbild für Bruder Iosif

Ashot Shahbazyan lebt gemeinsam mit seinem Bruder Iosif bei den Eltern in Mainz-Marienborn. Vater Artur arbeitet beim Malteser Hilfswerk als Flüchtlingshelfer, Mutter Tatjavik ist arbeitsuchend. Und Iosif tritt in die Fußstapfen seines großen Bruders, nicht nur bei den Ringern.

Ich habe das große Glück gehabt, dass er mein großer Bruder ist. Ich habe einfach das nachgemacht, was er gemacht hat und konnte von den Entscheidungen, die er getroffen hat, die richtigen Schlüsse ziehen. Und für mich auch die richtigen Entscheidungen treffen

Die beiden Brüder halten zusammen wie Pech und Schwefel, und das schon seit Kindertagen. Mit dem Ringen begannen beide schon früh in Armenien, wo sie noch viele Verwandte haben. Die kriegerischen Auseinandersetzungen im Grenzgebiet zu Aserbeidschan beschäftigen sie. Freunde aus ihrer Jugendmannschaft werden dabei getötet. "Das sind Freunde von mir, die ich verloren habe. Und ich möchte mir nicht den Schmerz vorstellen, den die Eltern dieser Jungs ertragen müssen."

Großer Ehrgeiz - ob beruflich oder sportlich

Bei der Sparkasse hat Ashot eine berufliche Heimat gefunden. Er absolvierte seine Ausbildung als E-Commerce-Kaufmann. Statt drei Jahre wurde die Lehre für den Einser-Abiturienten auf zweieinhalb Jahre verkürzt. Ashots Ehrgeiz beeindruckt auch seinen Arbeitgeber. "Er hat im Einstellungsgespräch darlegt, was er für hohe Ziele hat in seinem Sport. Ich habe ihm dann gesagt, bei uns ist das auch 100 Prozent, also musst du 200 Prozent geben. Er hat ohne zu zögern 'Ja' gesagt. Dann ist es jemand, der einfach sehr interessant ist", sagt Thomas Bach von der Sparkasse. Nicht nur beruflich, auch privat läuft es gut beim Ringer. Seit sechs Jahren ist er mit seiner Freundin Ines zusammen.

Armenien, so sagt Ashot Shahbazyan, ist seine Heimat. Mainz sein Zuhause. "Ich bin auch stolz, Mainzer zu sein. Mein Verein, meine Arbeit." Ashot Shahbazyan hat sein Glück gefunden. Er möchte für immer in Deutschland bleiben. Und er möchte gerne etwas zurückgeben. Aber um für Deutschland Medaillen gewinnen zu können, dafür benötigt er auch einen deutschen Pass.

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