IOC-Präsident Bach wird 70 (Foto: picture-alliance / Reportdienste, picture-alliance / Tom Weller)

IOC-Präsident wird 70

Kann Thomas Bach als IOC-Präsident loslassen? "Es würde mir nicht schwer fallen"

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Holger Kühner

Thomas Bach ist seit 2013 Präsident des IOC. Der Tauberbischofsheimer, der am 29.12. seinen 70. Geburtstag feiert, wird vor allem in seiner Heimat für seine Politik im Umgang mit Russland kritisiert. Im IOC wollen sie, dass er weitermacht.

Plötzlich ist Thomas Bach weg. "Ich bin in das Deutsche Netz reingefahren", sagt Bach und schmunzelt dabei hörbar, als die Telefonverbindung wieder steht. Bach ist unterwegs von Lausanne, wo das IOC seinen Sitz hat, in seine Heimat. Wenn Thomas Bach am 29. Dezember seinen 70. Geburtstag feiert, dann "im allerengsten Familienkreis. Wir werden ihn begehen mit einem guten Abendessen auf fränkische Art mit einem guten Glas Wein. Und das ist es dann auch." Er werde an dem Tag nicht erreichbar sein, dafür aber "fröhlich Sport treiben", sagt Bach. Er fühle sich fit: "Es ist mir gelungen, in der letzten Zeit doch einiges an Gewicht abzuarbeiten durch Sport und etwas Umstellung in der Ernährung und ich fühle mich deswegen ganz gut."

Mit Power-Walking Ausdauer und Redezeit gewinnen

Kein Tennis, kein Fußball wie früher: "Heute ist es eher Power-Walking in den Bergen. Ich versuche dort dann Wanderstrecken, die ausgezeichnet sind sagen wir mit fünf Stunden, die versuche ich in zweieinhalb bis drei Stunden zu machen, das fordert und gibt eine Menge Ausdauer". Die eingesparte Zeit muss Bach nutzen, um mit "der wachsenden Anzahl" von IOC-Mitgliedern zu sprechen, die ihn zum Weitermachen überreden wollen. Obwohl die Amtszeit des Präsidenten in der Olympischen Charta auf maximal zwölf Jahre begrenzt ist. Bach wurde 2013 gewählt und 2021 wiedergewählt. 2025 endet seine Präsidentschaft. Seit einige Mitglieder Bach bei der IOC-Session im Oktober in Mumbai zum Weitermachen animierten, wird allerdings spekuliert. Eine klare Absage vermeidet Bach derzeit: "Es gebietet der Respekt vor den IOC-Kollegen, dass ich mit denen darüber spreche." Allen habe er aber auch von Beginn an deutlich gemacht, wie loyal er zur Olympischen Charta stehe. Das ist die Begründung, mit der er alle Diskussionen beenden könnte.

Es gibt bei Bach aber auch die andere Seite, die geht hier so: "Menschlich, glaube ich, wird man verstehen, dass mir diese Situation angenehmer ist, als wenn eine Stimmung herrschen würde, wo alle nur noch auf den Moment warten, wann der Alte denn endlich geht." Für die Änderung der bestehenden Regel wäre im IOC eine Zweidrittelmehrheit der Vollversammlung notwendig.

"Das wird ein Einschnitt sein natürlich. Aber ich denke, dass nach einer Ruhephase dann auch neue interessante Tätigkeiten außerhalb des Sports oder sonst wo sich anbieten."

Das Amt des IOC-Präsidenten loslassen - "würde mir nicht schwer fallen"

Denkbar ist, dass Bach jedem einzelnen IOC-Mitglied, das ihn bittet weiterzumachen, erklärt, warum er eben nicht weitermacht. An der Regeländerung, die Amtszeit des Präsidenten überhaupt zu begrenzen, hat Bach 1999 selbst mitgearbeitet. Aber kann er überhaupt loslassen? "Ich glaube nicht, dass mir das schwer fallen würde, weil ich mich darauf vorbereitet habe. Die Amtszeiten waren klar." Und dann sagt Bach noch einen Satz, der klingt, als werde er sich an die Regel halten und sein Präsidentenbüro im Olympic House am Genfer See räumen: "Das wird ein Einschnitt sein, natürlich. Aber ich denke, dass nach einer Ruhephase dann auch neue interessante Tätigkeiten außerhalb des Sports oder sonst wo sich anbieten. Das muss man alles sehen. Es gibt dort keine festen Pläne."

Doppelvergabe für Winterspiele 2030 und 2034

Mit dem Internationalen Olympischen Komitee hat er klare Pläne. Mit zwei tiefgreifenden Programmen hat Bach das IOC reformiert. Die Agenda 2020 und die Agenda 2020+5 sind zeitlich so ausgerichtet, dass sie 2025 abgeschlossen sind. Aus Sicht des IOC ist die Zukunft bis weit in die 30er Jahre dieses Jahrhunderts gesichert. Lukrative Sponsoren- und TV-Verträge sind bis 2032 geschlossen. Die Olympischen Spiele im Sommer sind bis ins Jahr 2032 fest vergeben, Kandidatenstädte gibt es für 2036 und 2040 - auch Deutschland prüft wieder eine Bewerbung. Anfang Dezember hat die IOC-Exekutive zudem besprochen, die Olympischen Winterspiele 2030 an Frankreich zu vergeben, 2034 an Salt Lake City (USA) und mit der Schweiz bevorzugte Gespräche für 2038 zu führen. Darüber abstimmen muss nur noch die Mitgliederversammlung des IOC.

Paris 2024 mit so vielen Frauen wie Männern und dem Olympic Refugee-Team

Bei den Spielen in Paris wird es erstmals Geschlechtergerechtigkeit geben, so viele Athletinnen wie Athleten. Während Bachs Amtszeit hat sich der Frauenanteil im IOC mehr als verdoppelt. In den IOC-Kommissionen seien "sogar ein paar Positionen mehr von Frauen besetzt als von Männern", betont Bach. Nach 2016 und 2021 wird in Paris wieder ein "Olympic Refugee Team" am Start sein, mit Athletinnen und Athleten, die aus ihrer Heimat flüchten mussten.

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Bach: "Athleten nicht bestrafen für die Akte ihrer Regierung"

Seit Bach 1991 mit 38 Jahren zum damals jüngsten IOC-Mitglied gewählt wurde, war er als Funktionär 18 Mal bei Olympischen Spielen. Einmal hat er selbst teilgenommen, gewann 1976 die Goldmedaille mit der Mannschaft im Fechten. 1980 verhinderte der Boykott eine weitere Teilnahme. Mitten im Kalten Krieg entschied die Regierung der Bundesrepublik, keine Athleten nach Moskau zu schicken, so wie das kurz zuvor auch die USA verfügt hatten. Bachs Sportpolitik war daher schon immer darauf ausgerichtet, "dass man Athleten nicht bestrafen darf und bestrafen kann für Akte ihrer Regierung".

Diesem Prinzip sei das IOC gefolgt "seit den erfolglosen Boykotten zu Beginn der 80er Jahre und das hat sich inzwischen auch durchgesetzt." Deshalb hat das IOC das Nationale Olympische Komitee (NOK) Russlands zwar suspendiert, "weil es Teile des Territoriums des ukrainischen NOK für sich in Anspruch nimmt und damit gegen die Olympische Charta verstößt", so Bach. Andererseits dürfen einzelne russische Athletinnen und Athleten teilnehmen – ohne eigene Hymne und Flagge, als neutrale Teilnehmer und Teilnehmerinnen. Für diese Haltung wird Bach kritisiert, vor allem in seiner Heimat Deutschland.

Mit Bundeskanzler Scholz schon lange nicht mehr gesprochen

Das Verhältnis zu Deutschland war schon mal besser. Bach war 2006 der erste Präsident des Deutschen Olympischen Sportbundes, dem Zusammenschluss von Deutschem Sportbund und Nationalem Olympischen Komitee. Unter seiner Führung gelang die Fusion, international scheiterte aber die Münchner Bewerbung um die Olympischen Winterspiele 2018. Kurz vor den Spielen in Tokio 2021 mischte sich Bach in die Führungskrise beim DOSB um seinen dortigen Nachfolger Alfons Hörmann ein, der das IOC für die frühzeitige Vergabe der Olympischen Spiele 2032 an Brisbane kritisiert hatte und die damit eine deutsche Olympiabewerbung für diese Ausgabe verhinderte.

Aktuell wird über Olympische Spiele in Deutschland zumindest diskutiert, für 2036 oder 2040. Aber auch konkret über die Austragung der Bob- und Rodelwettbewerbe 2026, weil die Bahn im italienischen Cesana nicht für die Winterspiele in gut zwei Jahren genutzt werden kann. Deutschland komme aber gar nicht infrage, sagte Bach im Gespräch mit der "Welt am Sonntag", weil die Bundesregierung keine russischen und belarussischen Aktiven einreisen lässt. Er habe darüber mit Bundeskanzler Olaf Scholz zuletzt 2022 beim G20-Gipfel gesprochen, danach sei der Gesprächsfaden gerissen.

Ein Rat von Mandela wäre hilfreich

Es liegt also nicht am deutschen Mobilfunknetz, dass Scholz und Bach bisher nicht mehr ins Gespräch kamen. Unlängst sagte Bach, als IOC-Präsident könne man sich fast aussuchen, mit wem man spreche. Eine Unterhaltung mit Nelson Mandela würde er aber gerne fortführen, sagte Bach. Der südafrikanische Freiheitskämpfer und spätere Präsident seines Landes saß 27 Jahre in Haft. Kaum entlassen, stellte er sich an die Spitze der Olympiabewerbung Kapstadts 2004, reiste nach Lausanne und musste Athen gratulieren, das die Spiele 2004 bekam. Bach war damals Vorsitzender der Kommission, die alle Bewerberstädte befragte und beurteilte. Mandela, der damals von der einigenden Kraft des Sports sprach, starb 2013. Am Ende unseres Telefonats möchte ich deshalb noch wissen, was Thomas Bach mit Nelson Mandela besprechen würde. "Es wäre von hohem Interesse zu erfahren, wie er diese einigende Kraft des Sports gerade jetzt, in dieser von so vielen Spannungen, Kriegen und Krisen gekennzeichneten Zeit sieht."

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