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Geschäftsführerin Kettemann: "Man muss sich nicht grundsätzlich Sorgen um die Rhein-Neckar Löwen machen"

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Thomas Bareiß

Die "erheblichen Unregelmäßigkeiten" in Finanzen und Vertrieb beschäftigen die Rhein-Neckar Löwen. Geschäftsführerin Jennifer Kettemann äußert sich im Interview mit SWR Sport.

Handball-Bundesligist Rhein-Neckar Löwen hat in dieser Woche "erhebliche Unregelmäßigkeiten" bei Finanzen und Vertrieb offenbart. Was genau bedeutet das? Wie hoch sind die Ausfälle? Und welche Konsequenzen muss der Club jetzt ziehen? Über diese und andere Fragen spricht Löwen-Geschäftsführerin Jennifer Kettemann im Interview mit SWR Sport.

SWR Sport: Frau Kettemann, bei welcher Gelegenheit und von wem wurden diese Unregelmäßigkeiten entdeckt?

Jennifer Kettemann: Die wurden von mir entdeckt, in der täglichen Arbeit. Wenn man verschiedene Fragen hat und immer mal nachforscht, aber keine zufriedenstellenden Antworten bekommt - dann bin ich einfach mal tiefer gegangen und habe tiefer geforscht. Und dann sind diese Unregelmäßigkeiten eben zum Vorschein gekommen.

SWR Sport: Sie sind misstrauisch geworden?

Kettemann: Ja.

SWR Sport: Sie sprechen von Täuschungen, unwahren Darstellungen. Was genau meinen Sie damit - und können Sie diese beziffern?

Kettemann: Ich würde ungern über Zahlen sprechen. Für uns war es wichtig, diese Dinge aufzuräumen. Wir haben daran in den letzten Wochen und Monaten sehr intensiv gearbeitet. Ich bin ehrlich gesagt auch froh, dass das Thema jetzt erst in der Öffentlichkeit ist. So konnten wir - der Aufsichtsrat, Geschäftsstellenmitarbeiter und meine Wenigkeit - 'in Ruhe' die Dinge aufräumen und analysieren. Um einen Überblick über das Ausmaß zu haben.

Wir haben dann erst einmal kurzfristige Maßnahmen angelegt. Wenn ich vor zwei Monaten bei Ihnen hätte sitzen müssen, wäre mir das viel schwerer gefallen. Jetzt kann ich selbstbewusst sagen: Wir haben einen Plan, wie wir da rauskommen. Zudem haben wir viel Hilfe und Unterstützung aus dem Partner- und Sponsorenkreis bekommen.

SWR Sport: Diese Täuschungen und unwahren Darstellungen - die beziehen sich im Wesentlichen aufs Geld?

Kettemann: Ja, so ist es ja meistens, dass es um finanzielle Dinge geht. Um Dinge, die ja auch in den Büchern stehen. Um Dinge, die im Budget festgehalten sind. Um Planungen. Da ist es wichtig, dass das gewissenhaft gemacht wird.

SWR Sport: Jetzt haben Sie personelle Konsequenzen gezogen, Bereiche wurden neu aufgestellt. Heißt das, Sie haben Ihren Buchhalter entlassen und einen neuen eingestellt?

Kettemann: In der Buchhaltung wird es auch noch Veränderungen geben. Unabhängig von den Unregelmäßigkeiten wollten wir uns im Partner- und Sponsoringbereich breiter aufstellen - das war auf zu wenige Köpfe verteilt, ist für uns insbesondere bei den Erlösen aber einer der wichtigsten Bereiche. Direkt nach den personellen Konsequenzen, die wir ziehen mussten, konnten wir das neue Team präsentieren, Gespräche führen und sogar schon neue Partner gewinnen. Es tut ganz gut, dass es jetzt so gut läuft.

SWR Sport: Inwiefern können Sie den monetären Rahmen eingrenzen?

Kettemann: Ich werde keine Zahl sagen. Wir haben innerhalb der Handball-Bundesliga generell über Lizensierung gesprochen - und das wird bei den Rhein-Neckar Löwen kein Problem werden. Das sind Dinge, die jetzt erst einmal im Vordergrund stehen: dass wir so gut aufgestellt sind, dass das große Ganze nicht in Gefahr ist. Das haben wir geschafft. Jetzt müssen wir schauen, wie wir mittel- und langfristig damit umgehen. Es wird Einsparungen auf allen Ebenen geben - da muss ich nicht um den heißen Brei herumreden. Es ist nicht so drastisch, dass wir Kündigungen aussprechen müssen. Aber es wird natürlich den einen oder anderen Bereich geben, den man nach außen hin sieht: wenn zum Beispiel beim Heimspiel bei der Einlaufshow das Feuerwerk nicht mehr so groß ist.

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SWR Sport: Hatten Sie diese Einsparungen ohnehin geplant oder haben diese unmittelbar Bezug zu den Täuschungen und unwahren Darstellungen?

Kettemann: Kleinvieh macht auch Mist. Wir schauen gerade insgesamt im Unternehmen und prüfen sämtliche Prozess. Aufgrund dessen, was jetzt passiert ist, sind diese Dinge aufgekommen. Das ist nichts, was wir sowieso gemacht hätten.

SWR Sport: Juri Knorr hat seinen Wechselwunsch für den Sommer im nächsten Jahr hinterlegt. Sparen kann man auch gut bei Spielern. Könnte sein Wechsel in den Sommer nach der aktuellen Saison vorgezogen werden?

Kettemann: Im Moment ist das absolut nicht geplant. Wir haben mit Juri ein sehr gutes Verhältnis, das war schon damals bei Vertragsabschluss so. Wir haben ihm auch ein sehr gutes Angebot unterbreitet, weil mir klar war, dass er eine Ausstiegsklausel im Vertrag hat. Er möchte - und das war ja in der Presse auch schon viel diskutiert - in einem Umfeld arbeiten, in dem er sich noch mehr auf den Sport fokussieren kann. Und bei diesem Punkt konnte ich wenig dagegensetzen. Ich glaube, dass ihm diese Entscheidung, die Löwen zu verlassen, absolut nicht leicht gefallen ist. Er hängt schon am Club, er ist verwurzelt.

Und: Er hat richtig Lust auf die nächste Saison, will noch einmal alles reinwerfen, damit wir ein versöhnliches Ende haben. Für uns gilt es, einen Mittelmann zu finden, auch wenn der ihn bestimmt nicht eins zu eins ersetzen kann. Wir haben unsere Kaderplanung dahingehend umgestellt, dass wir strategischer unterwegs sind. Das bedeutet: Wann immer wir wissen, es gibt Optionen oder Ausstiegsklauseln, reden wir sowieso schon mit potenziellen Kandidaten. Das macht die sportliche Seite sehr gut, da macht insbesondere Sebastian Hinze die letzten Jahre einen super guten Job. In Zukunft wird er von Uwe Gensheimer als Sportlicher Leiter unterstützt.

SWR Sport: Wie lange wird die vollständige Aufarbeitung der Unregelmäßigkeiten noch dauern?

Kettemann: Das ist schwer einzuschätzen, aber bestimmt noch drei, vier Monate. Bis wir ein vollständiges Bild von der Lage haben, dauert es auf jeden Fall bis zum Ende dieser Saison. Vollständig frei davon zu sein, das wird bestimmt ein mittelfristiges Thema - das ist nicht kurzfristig. Aber auch da: Ich würde das Ganze jetzt nicht zu dramatisch hinstellen. Man muss sich nicht grundsätzlich Sorgen um die Rhein-Neckar Löwen machen.

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