Wild-Wings-Coach Steve Walker sieht sich eher als Lehrer denn als Schreihals. (Foto: IMAGO, IMAGO/Eibner)

Eishockey | DEL

Lehrer statt Schreihals - Wild-Wings-Coach Steve Walker

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AUTOR/IN
Michael Richmann
SWR Sport-Redakteur Michael Richmann (Foto: SWR, Anna Spieth)
INTERVIEW
Thomas Kellermann

Neuer Chefcoach, neue Ziele - Steve Walker soll die Schwenninger Wild Wings in Richtung Playoffs führen. Für den 50-Jährigen ist die erste Cheftrainer-Position gleich eine Bewährungsprobe.

Steve Walker hat die Schwenninger Wild Wings verändert. Nicht über Nacht. Aber in einem Tempo, das die Deutsche Eishockey-Liga beeindruckt. Die Mannschaft spielt sehr viel mutiger und offensiver, als sie das in der vergangenen Saison unter Vorgänger Harold Kreis getan hat. Aus dem Abwehrriegel mit Lade-Hemmung (nur die Bietigheim Steelers und die Ausburger Panther haben vergangene Saison weniger Tore erzielt) ist eine Scoring-Maschine geworden. Die fünftbeste Offensiv-Mannschaft der Liga hat sich in den ersten neun Spielen sechs Siege und damit Platz drei erkämpft.

Die Umstellung von Harold Kreis auf Steve Walker ist den Spielern nicht unbedingt leicht gefallen. "Wir hatten in der Vorbereitung ein paar Breakdowns, aber das gehört auch dazu. Wir stellen uns von einem komplett anderen System um – die meisten Spieler jedenfalls", sagte Daniel Pfaffengut im Interview mit SWR Sport. "Ich denke, dass wir deutlich laufintensiver spielen und danach richtet sich auch das Training." Der Trainer weiß, dass er viel von seinen Spielern fordert: "Es braucht eine Weile, bis sich Teams an einen neuen Spiel- und einen neuen Führungsstil gewöhnen. Das braucht Zeit, aber es wird immer besser."

Steve Walker setzt auf Ruhe, Konstanz und Vertrauen

Walker begann seine Trainer-Karriere als Jugendtrainer bei Stayner Siskins in Kanada und wechselte 2016 für zwei Jahre als Assistent von Greg Ireland auf die Bank der Adler Mannheim. Einmal war er schon Chef, beim Klagenfurter Athletiksport-Club. Allerdings zog es ihn nach einem Jahr in der österreichischen Ice Hockey League erst einmal in die zweite Reihe zurück. Walker war vier Jahre lang Assistent von Meister-Trainer Don Jackson bei Red Bull München. Die Wild Wings sind seine erste DEL-Station als Cheftrainer. Walker fühlt sich bereit für diese Aufgabe: "Ich habe von den besten Coaches Deutschlands gelernt. Daher glaube ich, dass ich ganz gut verstanden habe, was Erfolg bringt und was eher nicht", sagte der 50-Jährige.

Walkers Erfolgsrezepte: Ruhe, Konstanz und Vertrauen. "Die Trainer von heute haben sich generell weg von den Schreihälsen hin zu Lehrern entwickelt. Wir wollen Spieler entwickeln und verbessern. Auf diese Weise wachsen die Spieler individuell, aber so wachsen wir auch als Team. Und so können wir Erfolg haben." Zu diesem Wachstum gehört auch, dass die Spieler viel Verantwortung übernehmen. "Er will, dass die Kabine sich ein bisschen selber führt. Die Jungs haben viel zu sagen", verriet Thomas Larkin, Neuzugang von den Adlern Mannheim und von Walker sofort zum neuen Kapitän ernannt. "Wir haben eine gute Leadership-Gruppe aus sieben Personen. Aber am Ende des Tages ist er der absolute Leader der Mannschaft. Es ist eine gute Zusammenarbeit mit ihm."

Walker setzt auf offensives Eishockey

Als Spieler prägte der Stürmer aus Collingwood (Ontario) die erfolgreichen Nuller-Jahre der Eisbären Berlin mit den meisten Scorerpunkten (593), den meisten Assists (379) und den drittmeisten Toren (214) der Berliner DEL-Geschichte. Diesen Tor-Instinkt hat Walker mit nach Schwenningen gebracht. "Wenn man sich seine Statistik anschaut, dann weiß man, dass er ein purer Scorer war. Und das ist ganz klar seine Handschrift", sagte Pfaffengut.

Der neue Schwenninger Offensiv-Stil birgt natürlich ein gewisses Risiko; das lässt sich auch an den bisherigen Ergebnissen ablesen. Den spektakulären Siegen wie dem 7:2 bei den Iserlohn Roosters, dem 5:0 gegen die Grizzlys Wolfsburg oder dem 4:1 gegen die Eisbären Berlin stehen krachende Niederlagen gegenüber. Doch auch, wenn es mal nicht so klappt, bleibt der Trainer ruhig. Walker sei keiner, der seine Spieler nach deutlichen Niederlagen wie dem 2:7 in Ingolstadt sprichwörtlich an die Wand nagelt, erzählt Pfaffengut: "Meistens sagt er nichts. Wir verdauen das erst einmal emotional. Am nächsten Tag sprechen wir die Fehler und die guten Sachen an, und dann arbeiten wir an den schlechten Sachen." Walker vertraut nicht nur seinen Spielern, sondern auch sich selbst: "Gute Teams haben einen Plan. Die treffen keine Entscheidungen, die auf ein, zwei Ergebnissen fußen."

Sind die Wild Wings reif für die Playoffs?

Der Erfolg gibt ihm derzeit Recht. Die Playoffs sind jedoch ein ehrgeiziges Ziel für ein Team, das in den vergangenen Jahren eher gegen den Abstieg gespielt hat. "Ich mag die Rolle des Underdogs", scherzte Walker. Der Weg zu Platz zehn, der für die Pre-Playoffs berechtigt, ist lang. Der direkte Weg in die Playoffs (mindestens Platz sechs) ist noch länger. Auf den ersten Metern haben die Wild Wings mit Vollspeed losgelegt. Ob die Schwenninger das hohe Tempo über die gesamte Saison durchhalten können, muss sich erst noch zeigen. Doch Steve Walker hat aus dem rumpligen Entlein wieder stolze Schwäne gemacht - nicht über Nacht. Aber in einem Tempo, das durchaus beeindruckt.

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