Fans des VfB Stuttgart feuern ihre Mannschaft an (Foto: IMAGO, IMAGO / HJS)

Interview mit VfB-Ultra

Fan-Frust beim VfB Stuttgart: So kamen die Rücktrittsforderungen zustande

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Martin Bromber
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Michael Richmann

Die organisierten Fans des VfB Stuttgart haben das Präsidium zum Rücktritt aufgefordert. Ein Ultra vom "Commando Cannstatt" erklärt im Interview mit SWR Sport die Gründe.

Ihr habt am Donnerstagabend ein Statement zu den aktuellen Geschehnissen beim VfB Stuttgart veröffentlicht. Kannst du nochmal kurz zusammenfassen, was die zentralen Forderungen der organisierten Fans sind?

Bjarne Friedrichsohn: Wir haben eigentlich drei zentrale Forderungen: Das erste ist, dass wir das gesamte Vereinspräsidium, Präsident Claus Vogt, Vizepräsident Rainer Adrion und Christian Riethmüller, geschlossen zum Rücktritt auffordern. Wir haben keinerlei Vertrauen mehr in die handelnden Personen und sehen in der Zerstrittenheit des Präsidiums auch keine Möglichkeit mehr, den VfB weiter nach vorne zu bringen.

Der zweite Punkt ist, dass wir den Aufsichtsrat [der AG] auffordern, den Aufsichtsratsvorsitz dem Vereinspräsidenten zurückzugeben, so wie es auch damals in der Debatte [um die Ausgliederung 2017, Anm. d. Red.] an verschiedenen Stellen versprochen wurde.

Und als letzten Punkt sprechen wir die Aufsichtsräte des VfB Stuttgart an. Wir fordern hier von allen Aufsichtsräten, egal ob sie von der Investoren-Seite oder von Vereins-Seite kommen, im Sinne der Mitglieder des VfB Stuttgart zu handeln, deren Anliegen und Interessen zu wahren und zu repräsentieren. Und im Sinne der 50+1-Regel zu handeln.

Haben die Veränderungen im Aufsichtsrat das Fass zum Überlaufen gebracht? Oder wie kommt ihr gerade jetzt zu dieser Forderung?

Friedrichsohn: Da muss man eigentlich ein bisschen ausholen. Also die ganze Nummer mit der Ausgliederung 2017 und der Debatte davor hat in Teilen der Fan-Szene schon damals für große Verärgerung gesorgt und hat auch die Mitglieder und Fans zu Teilen gespalten. Wir haben für uns im Nachgang an die Ausgliederung gesagt, dass wir diesen Prozess jetzt aber akzeptieren müssen, weil das schlussendlich auch mit einem, wenn auch fragwürdigen, demokratischen Ergebnis zustande kam.

Und jetzt ist die Situation eben so, dass nach wenigen Jahren bereits Versprechen aus dieser ganzen Debatte einseitig aufgekündigt werden. Wir haben schon vor einigen Jahren auf der Mitgliederversammlung den handelnden Personen damals unser Vertrauen ausgesprochen, den VfB wieder in ruhiges Fahrwasser zu bringen, haben das Jahr für Jahr bekräftigt, immer wieder auch betont, dass es uns auch um die Aufsichtsratsbesetzung geht und dass wir da vom Präsidium erwarten, dass Personen eingesetzt werden, die im Sinne des VfB handeln.

Wir haben bei der letzten Mitgliederversammlung 2023, als schon deutliche Zerstrittenheit im Präsidium zu spüren war, trotzdem keinerlei Köpfe rollen sehen wollen, sondern haben uns dazu entschieden, den handelnden Personen nochmals deutlich zu signalisieren, dass wir eine Geschlossenheit erwarten. Und schlussendlich ist es jetzt darin gegipfelt, dass es nicht funktioniert hat. Das muss man ganz klar so festhalten. Und das war für uns jetzt der endgültige Auslöser zu sagen, wir entziehen diesen handelnden Personen endgültig das Vertrauen.

Das Statement ist von der Cannstatter Kurve unterzeichnet. Wie kam das jetzt zustande und wie habt ihr euch mit anderen Fans abgesprochen?

Friedrichsohn: Für uns war in der Thematik ganz wichtig, dass wir uns ein breites Meinungsbild einholen. Dafür haben wir unter anderem den Fan-Ausschuss genutzt, die Regionalvertreter, die Gruppen der Cannstatter Kurve. Und so haben wir versucht, ein breites Spektrum an Gruppen, an Fanclubs und an sonstigen Vertretern der Kurve an einen Tisch zu bekommen.

Wir sind der Überzeugung, dass es uns sehr gut gelungen ist und wir in einem langen und intensiven Austausch Argumente, Standpunkte und Meinungen ausgetauscht haben und schlussendlich zu einem gemeinsamen Ergebnis gekommen sind, was man jetzt auch in dem Statement geschlossen als Cannstatter Kurve lesen kann.

Gab es Leute, die dagegen gesprochen haben?

Friedrichsohn: Es gab verschiedene Meinungen und verschiedene Ansätze. Schlussendlich kann man aber festhalten, dass das Statement, so wie es jetzt veröffentlicht wurde, gemeinschaftlich, gemeinsam und einstimmig verabschiedet wurde.

Im letzten Teil des Statements steht: Man wünscht sich eine ruhige Zukunft vom VfB. Wie kann denn eine ruhige Zukunft beim VfB aussehen?

Friedrichsohn: Ja, die Frage ist, ob so es sowas beim VfB überhaupt jemals geben kann und wird. Aber für uns ist ganz klar, dass der erste Schritt sein muss, dass wir einen personellen Neuanfang im Vereinspräsidium brauchen. Mit den handelnden Personen ist es aus unserer Sicht nicht mehr möglich. Und im weiteren Verlauf muss ganz klar sein, dass jedes Gremienmitglied weiß, was sein Platz beim VfB ist - ob es jetzt im Präsidium ist, ob es im Aufsichtsrat ist, ob es im Vorstand ist oder ob es im Vereinsbeirat ist.

Und für uns ist die ganz klare, zentrale Forderung, dass sich hier jeder dem VfB Stuttgart unterzuordnen hat und sich an die Spielregeln hält, nach denen der deutsche Fußball zum Glück funktioniert - Stichwort 50+1-Regel.

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