Mainz-Sportdirektor Martin Schmidt im Spiel gegen den VfB Stuttgart.

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Trotz Krise: Mainz-Sportdirektor Schmidt lobt Svensson und hofft auf schnelle Wende

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INTERVIEW
Peter Warzelhan

Mit einem Punkt aus vier Spielen steht der 1. FSV Mainz 05 nach der 1:3-Niederlage gegen den VfB Stuttgart auf dem letzten Tabellenplatz. Trotzdem ist Sportdirektor Martin Schmidt optimistisch, bald die Wende zu schaffen, und attestiert Trainer Bo Svensson eine "hervorragende Arbeit".

SWR Sport: Nach der Niederlage gegen Stuttgart wirkte auf dem Trainingsgelände alles ganz ruhig. Brodelt es denn innendrin?

Martin Schmidt: Von Brodeln würde ich überhaupt nicht reden. Alles geht seinen normalen Weg. Klar: Vier Spiele, ein Punkt - das ist ein Fehlstart. Aber ich glaube, dass das Spiel auch gezeigt hat, dass man verstanden hat, um was es geht. Dass man ein anderes Gesicht gesehen hat als gegen Bremen, lässt uns hoffen, dass wir uns auch irgendwann mit Punkten belohnen werden. Wir arbeiten intensiv, behalten aber die Ruhe, fokussieren uns auf das Wesentliche. Aber bei all dem dürfen wir die Lockerheit nicht verlieren.

Dennoch hat man der Mannschaft angesehen, dass sie verunsichert wirkt oder sind die individuellen Fehler anders zu erklären, die zu den Gegentoren geführt haben?

Das kann man schon so sagen. Da ist eine selbstbewusste auf eine weniger selbstbewusste Mannschaft getroffen. Das war schlussendlich auch spielentscheidend. Das Spiel war lange auf der Kippe nach dem 1:1. Da waren wir eher am Drücker. Aber in unserer besten Phase kriegen wir das zweite Gegentor - nach dem zweiten individuellen Fehler in der Defensive. Damit haben wir unser Spiel kaputt gemacht. Aber trotzdem hat man gesehen, dass wir - wenn die Rädchen ineinander greifen - konkurrenzfähig sind. Das Selbstbewusstsein müssen wir uns über Leistung, Fokussierung und all das, was unsere Mainzer DNA ausmacht, erarbeiten. Da ist Bo (Svensson) intensiv dran und ich bin überzeugt, dass die Arbeit, die nach dem Bremen-Spiel begonnen hat, sukzessive weitergeht.

Die Neuzugänge konnten sich bislang noch nicht so in den Vordergrund spielen. Marco Richter hat gestern das erste Mal von Beginn an gespielt, dann kam Tom Krauß rein. Die beiden sind von Schalke und Hertha BSC gekommen und wollten eigentlich nichts mehr mit Abstiegskampf zu tun haben. Tragen sie den Kopf auch schon ein bisschen tief?

Nein. Die kamen hier her und haben Konkurrenz vorgefunden. Ich glaube, das sind normale Anpassungsprozesse, die Spieler, die hier zu einer bestehenden Mannschaft kommen, durchlaufen müssen. Klar haben sie vielleicht gehofft, es geht schneller. Aber vielleicht wird der Trainer in dieser Situation eher was ändern, als wenn man einen Lauf hat. Wenn die Chance kommt, sollte sie genutzt werden. Ich bin davon überzeugt, wir werden jeden brauchen. Die Saison ist noch jung.

Man muss ja sagen, die Kader-Zusammensetzung, die Saisonvorbereitung und das tägliche Training haben bislang nicht wirklich zum Erfolg geführt. Wie sehr nimmt das den Trainer, sein Team und den Sportvorstand mit?

Beim Trainer ist es ja so: Du arbeitest mit dem Team und hast plötzlich zwei, drei wichtige Spieler raus, auf die du gezählt hast. Andreas Hanche-Olsen fehlt, Lydo (Ludovic Ajorque) hat sich verletzt und war nur ein Spiel dabei, und dann fallen am Samstag noch Spieler wie Nelson Weiper und Brajan Gruda aus. Plötzlich hast du von fünf Stürmern noch drei. Du planst eine Saison, und plötzlich fallen dir wichtige Säulen weg. Das zerwirft dir natürlich den Plan. Das führt dazu, dass wir jetzt noch nicht die Sattelfestigkeit haben, die man hinten und vor allem in der Bundesliga braucht.

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Ein Punkt aus vier Spielen: In Mainz ist der Saisonstart misslungen. Nach der 1:3-Niederlage gegen den VfB Stuttgart erkennt Cheftrainer Svensson immerhin bei der Leistung Fortschritte.

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In der ersten Halbzeit haben wir es sehr gut verteidigt, in der zweiten Halbzeit haben die zwei individuellen Fehler zur Entscheidung geführt. Ich glaube, als Trainer muss man diese Fehler ausklammern, das andere nehmen und damit weiterarbeiten. Das macht Bo Svensson hervorragend. Ich bin überzeugt, dass ein guter Trainer gerade in so Situationen über sich hinauswächst, und das werden wir in den nächsten Spielen auch von ihm sehen. Auch für Christian Heidel als Vorstand und mich als Sportdirektor ist das eine Phase, wie wir sie kennen und die uns nicht umwirft, sondern im Gegenteil, neu fordert. Das wird spannend und motiviert uns zusätzlich.

Jetzt im Moment funktioniert gar nichts. Das hat sich Svensson ja trotz Verletzungspech wahrscheinlich ein bisschen anders vorgestellt.

Ich will nicht sagen, dass gar nichts funktioniert. Vieles funktioniert, nur noch nicht so, wie wir uns das wünschen. Es können nicht alle Teams top starten. Jetzt sind wir vier, fünf Teams, die nicht so gut gestartet sind. Ich glaube, dass wir jetzt auch die Zuschauer und die Stadt brauchen, denn solche Phasen kennt Mainz seit jeher. Ich habe so was erlebt, Christian Heidel hat so was erlebt, und das ist auch Mainz. Mainz ist aber auch, dass man das miteinander durchsteht. Und da sind wir jetzt mit bestem Wissen und Gewissen und Willen dran, das Ding auf die Bahn zu kriegen, dass wir in Form kommen und diese kleinen Fehler, die wir da noch machen, abstellen. Wenn du so ein Spiel wie gegen Stuttgart siehst, weißt du direkt, wo du den Hebel ansetzen musst. Und das ist viel besser als nach so einem Spiel wie gegen Bremen. Da weißt du: Da hat sehr, sehr vieles nicht gepasst. Am Samstag haben wir gesehen: Dem Team kann man keinen Vorwurf machen. Das Team hat gekämpft - aber wir wissen, wo wir ansetzen müssen.

In so einer Phase ist es natürlich ganz schlecht, wenn Diskussionen aufkommen, ob der Trainer seinen Vertrag verlängert oder nicht. Wie gehen Sie damit jetzt um?

Die Phase jetzt ändert nichts an der Vertragsverlängerung. Wir sind intern und mit Bo in sehr gutem Austausch. Ob jetzt von außen viel geschrieben oder das von Journalisten anders gesehen wird, wird den Prozess jetzt nicht beschleunigen oder verlangsamen. Der Prozess läuft. Wir werden mit Bo die Gespräche ganz normal führen und uns irgendwann zusammenraufen. Aber das ist jetzt nicht die Priorität. Die Priorität ist, dass das Team in Form kommt, dass Bo in Ruhe arbeiten kann. Alles andere machen wir, wenn es passt. Da haben wir große Ruhe und das sehen wir nicht so dramatisch, wie das medial aufgearbeitet wird.

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Noch ein Blick auf die nächsten drei Spiele: Augsburg, Leverkusen und dann in Gladbach. Da ist Augsburg die leichteste Aufgabe, wo man anfangen muss, zu punkten.

Ich glaube, es gibt keine leichten Spiele in der Bundesliga. Und manchmal sind die Spiele, von denen man sich gar nichts erwartet, die einfacheren. Wenn man die letzten vier Spiele anguckt, waren wir gegen Frankfurt noch am nächsten an einem Sieg. Deshalb kann man nicht sagen, was besser passt. Aber wenn man Mainz und seine Historie kennt, ist man manchmal gerade in den Spielen, in denen nicht viel erwartet wurde, über sich hinausgewachsen. Deshalb haben wir auch keine Sorgen, nach Augsburg zu gehen. Das wird ein Spiel auf Augenhöhe. Das wird ein harter Fight. Und ich habe auch keine Angst vor Leverkusen oder Gladbach. Das sind sehr sehr oft Spiele, die sehr sehr gut zu uns passen.

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Peter Warzelhan