Fußball/DFB-Pokal

Die größten Sensationen der Pokalgeschichte

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Wenn unterklassige Vereine auf Bundesliga-Klubs treffen, setzt sich nicht immer der Favorit durch. SWR Sport blickt zurück auf die größten Überraschungen der DFB-Pokal-Geschichte.

Die Freude bei den Spielern und Fans vom TSV Schott Mainz war groß. Die Auslosung der ersten Runde im DFB-Pokal ergab das Aufeinandertreffen mit dem Vizemeister Borussia Dortmund – ein typisches "David gegen Goliath"-Duell. Ähnliche Größenverhältnisse herrschen unter anderem bei den Paarungen TSG Balingen gegen VfB Stuttgart und SV Oberachern gegen SC Freiburg. Allzu siegessicher wird der frisch aufgestiegene Regionalligist aus Mainz wohl nicht in die Partie gehen, dabei zeigt die Historie: Ein Weiterkommen des Underdogs wäre bei weitem kein Einzelfall und der BVB wäre nicht der erste Vizemeister, der als haushoher Favorit in der ersten Pokalrunde scheitert.

SWR Sport hat vor der 81. Austragung des Wettbewerbs zurückgeblickt und Sensationen, Überraschungen und bitteren Pleiten aus dem Süd-Westen gesammelt. Von triumphierenden Viertligisten, enttäuschten Titelverteidigern und schockierten Weltmeistern.

26.10.1974: VfB Eppingen 2:1 Hamburger SV
Die erste große Überraschung aus Südwest ereignet sich beim Spiel des VfB Eppingen gegen den Hamburger SV. Nach einem Doppelpack von Gerd Störzer (60., 70., Foto) gewinnt der Drittligist aus Nordbaden mit 2:1 und schmeißt somit den Topklub, der die Bundesliga-Saison als Tabellen-Vierter abschließen sollte, aus dem Wettbewerb.

31.08.1984: SC Geislingen 2:0 Hamburger SV
Zum zehnjährigen Jubiläum der Niederlage gegen Eppingen verpasst der drittklassige SC Geislingen dem HSV die nächste Blamage. Klaus Perfetto (Foto, links) verpasst den Hanseaten in der 71. Minute den Gnadenstoß. Das Trainingslager, das Hamburg-Trainer Ernst Happel extra vor dem Spiel arrangiert hat, nützt nichts. Am Ende setzt sich Geislingen mit 2:0 durch und zieht in die 2. Runde ein.

04.08.1990: FV 09 Weinheim 1:0 FC Bayern München
Wenige Wochen nach dem deutschen WM-Triumph in Rom empfängt der FV Weinheim den FC Bayern. Im Kader des deutschen Meisters stehen dabei fünf frisch gekürte Weltmeister. Trotz der klaren Favoritenrolle unterliegen die Münchner dem badischen Oberligisten, Thomas Schwechheimer (28., Foto) erzielt per Foulelfmeter das einzige Tor der Partie.

27.08.1995: SV Sandhausen 2:2 (13:12 n. E.) VfB Stuttgart
Der VfB scheidet beim damaligen Regionalligisten aus, die Partie hält bis heute den Pokalrekord für die meisten Tore im Elfmeterschießen. Sandhausen gerät zwei Mal in Rückstand, rettet sich jedoch durch einen späten Ausgleich (Slavisa Staletovic, 87., Foto) in die torlose Verlängerung und anschließend ins Elfmeterschießen. 25 Elfmeter gehen rein, einige Schützen müssen sogar ein zweites Mal antreten. Als Stuttgarts Hendrik Herzog nur den Pfosten trifft, ist die Sensation perfekt.

15.04.1997: FC Energie Cottbus 3:0 Karlsruher SC
Die Machtverhältnisse sind eindeutig: Als UEFA-Cup-Teilnehmer und Vize-Pokalsieger reist der KSC zum Halbfinale nach Cottbus. Der damalige Regionalligist zeigt sich aber unbeeindruckt und zieht mit 3:0 ins Finale ein, wo sie schließlich dem VfB Stuttgart unterliegen.

28.10.1997: Eintracht Trier 2:1 Borussia Dortmund
Nachdem Drittligist Eintracht Trier in der 2. Pokalrunde bereits den damaligen UEFA-Cup-Sieger aus Schalke schlagen konnte, gelingt ihm beim schwarz-gelben Champions-League-Sieger die nächste Sensation. Marek Czakon erhöht auf 2:0 (50.), nach dem 2:1-Anschlusstreffer (Jürgen Kohler, 53.) können die Blauen den Vorsprung über die Zeit retten. Czakons Mitspieler tragen ihn nach Abpfiff durch das Stadion (Foto). Der Weg der Trier führt bis ins Halbfinale, wo gegen Duisburg im Elfmeterschießen Schluss ist.

26.08.2000: VfB Stuttgart II 6:1 Eintracht Frankfurt
Stuttgart II spielt sich in einen Rausch. Für die Eintracht aus Frankfurt, die an diesem Tag die höchste Niederlage eines Bundesliga-Klubs gegen einen Drittligisten erleiden, ist es ein Spiel zum Vergessen. Nach der Roten Karte für Eintracht-Verteidiger Markus Lösch (Foto) beim Stand von 3:1 bricht das Team komplett auseinander. Der VfB-Stürmer Ioannis Amanatidis, der später 48 Bundesliga-Tore für die Frankfurter erzielen sollte, setzt in der 90. Minute den Schlusspunkt zum 6:1.

26.08.2001: SSV Ulm 1846 2:1 1. FC Nürnberg
Zum ersten und einzigen Mal schlägt ein Fünfligist einen Erstligisten. In der Saison 1999/2000 waren die Ulmer nach zwei Aufstiegen in Serie noch erstklassig, anschließend folgte der wirtschaftlich bedingte Absturz bis in die Verbandsliga. Dragan Trkulja (Foto, Mitte), der einzige aus dem Bundesliga-Kader verbliebene SSV-Spieler, erzielt im Pokal-Duell gegen den Erstligisten aus Nürnberg den entscheidenden Treffer zum 2:1.

02.12.2003: TSG 1899 Hoffenheim 3:2 Bayer 04 Leverkusen
Als Viertligist hat die TSG Hoffenheim im Pokal-Duell gegen den Champions-League-Stammgast Leverkusen nichts zu verlieren – und gewinnt alles. Die Sensation bahnt sich bereits zur Halbzeitpause an, der Underdog aus dem Kraichgau geht mit einer 2:0-Führung in die Kabine. Nach dem Anschlusstreffer von Lúcio (54.) und dem Ausgleich durch Dimitar Berbatov (67.) ist der TSG-Sieg zwischenzeitlich in Gefahr. Schließlich ist es der gebürtige Heidelberger Kai Herdling, der die TSG mit seinem späten Treffer (77.) wieder auf die Siegerstraße bringt. Hoffenheim rettet die Führung über die Zeit, die Sensation ist perfekt.

10.09.2006: 1. FC Saarbrücken 1:0 1. FSV Mainz 05
Blamage für Mainz: Erstligist und Favorit Mainz 05 verliert gegen Saarbrücken, damals in der Regionalliga, mit 1:0. Für beide Vereine verläuft die restliche Saison rabenschwarz und mündet jeweils im Abstieg. Der damalige FSV-Trainer (Foto) ist ebenso schockiert wie die Anhänger seines Vereins.

09.10.2006: Pirmasens FK 1:1 (5:3 i. E.) SV Werder Bremen
Der Drittligist Pirmasens FK blamiert den Bremer Vizemeister um Superstar Diego und WM-Torschützenkönig Miroslav Klose (Foto, links). Ivan Klasnic ist nach seinem späten 2:2-Ausgleich (83.) zunächst der Held, scheitert nach einer torlosen Verlängerung jedoch als erster Schütze vom Punkt. Die Südwestpfälzer siegen schließlich im Elfmeterschießen.

02.08.2009: Eintracht Trier 3:1 Hannover 96
Die Eintracht (3. Liga) dreht einen frühen Rückstand und bezwingt somit den Bundesligisten aus Hannover mit 3:1. Sahr Senesie (Foto) netzt in der 90. Minute zum 3:1-Entstand ein und bringt somit die späte Entscheidung. Nicht die letzte Pokal-Blamage der Niedersachsen, wie sich ein Jahr später beim Ausscheiden gegen den SV Elversberg zeigen sollte.

30.07.2011: 1. FC Heidenheim 2:1 SV Werder Bremen
Der drittklassige Klub aus Heidenheim schockt Bundesligist Bremen und dreht das Spiel per Doppelschlag (Christian Sauter (Foto, rechts) 57., Marc Schnatterer 58.). Es sollte nicht das letzte Kapitel der gemeinsamen Erfolgsstory von Trainer Frank Schmidt und dem FCH sein – in der Saison 22/23 gelingt der erstmalige Aufstieg in die höchste Spielklasse.

12.08.2012: Berliner AK 4:0 TSG 1899 Hoffenheim
Einer der schwärzesten Tage der TSG-Historie ereignet sich im August 2012, als die Kraichgauer dem Berliner AK mit 0:4 unterliegen. Der Rückstand gegen den Viertligisten kommt bereits nach 3 Minuten durch einen Treffer von Metin Cakmak (Foto, links), kurz nach Wiederanpfiff trifft erneut Cakmak zum 4:0 (48.). Für Hoffenheim stellt diese Schmach den Start in eine unterirdische Saison dar. Erst in der Relegation kann die TSG gegen Kaiserslautern den Klassenerhalt sichern.

19.08.2012: VfR Wormatia Worms 2:1 Hertha BSC
Eine Woche später verhindert Wormatia Worms den nächsten Sieg eines Berliner Teams. Der VfR schlägt die Hertha mit 2:1. Die Hauptstädter knüpften damit an den Abwärtstrend der Abstiegssaison 11/12 an. Tim Bauer bringt Worms früh in Führung (Foulelfmeter, 3.), Roman Dressler sorgt in der 82. Minute für die späte Entscheidung. Nach dem Abpfiff brechen alle Dämme (Foto).

19.08.2012: Karlsruher SC 4:2 Hamburger SV
An diesem Tag blamiert sich jedoch nicht nur ein Favorit aus dem Norden. Ähnlich wie Hertha BSC enttäuscht auch der HSV beim Gastspiel in Karlsruhe. Trotz der zweimaligen Führung scheiden die Rothosen kläglich aus. Der KSC entscheidet das Spiel spät, Martin Stoll (78.) und Elia Soriano (86., Foto) machen das Comeback perfekt.

15.08.2014: Chemnitzer FC 5:5 (10:9 n. E.) 1. FSV Mainz 05
Mehr Spannung geht kaum. Der 1. FSV Mainz 05 geht mit einer 1:0-Führung in die Halbzeitpause, schießt zudem kurz nach Wiederanpfiff das 2:0. In der 88. rettet ein Eigentor von Mainz-Verteidiger Niko Bungert die Sachsen in die Verlängerung, wo das Drama weiter geht. Nach Treffern von Ziereis (4:3, 103.) und Bungert (4:4, 109.) gelingt Marco Kehl-Gómez (Foto, Mitte) in der 119. Spielminute der 5:4-Führungstreffer für Chemnitz, ehe Johannes Geis in buchstäblich letzter Sekunde (120+5.) zum 5:5 ausgleicht. Anschließend treffen alle Chemnitzer Elfmeterschützen und sichern dem Drittligisten damit das Weiterkommen in die zweite Pokalrunde.

08.08.2015: SSV Reutlingen 3:1 Karlsruher SC
Zwar ohne Beteiligung eines Erstligisten, aber nicht weniger kurios schaltet der Fünftligist aus Reutlingen den Zweitligisten KSC aus. Während der SSV drei Strafstöße zugesprochen bekommt und Giuseppe Ricciardi (Foto) alle verwandelt (14., 33., 90+1.), sehen gleich drei Karlsruher Spieler die Rote Karte. Den ersten der drei Platzverweise holte sich Manuel Gulde bereits in der 12. Spielminute ab.

26.10.2016: FC-Astoria Walldorf 1:0 SV Darmstadt 98
Der Viertligist aus Walldorf schlägt den Erstligisten SV Darmstadt mit 1:0, die Freude ist riesig (Foto). Diese Niederlage erweist sich als Vorbote für die enttäuschende Spielzeit der Lilien, an deren Ende sie als Schlusslicht in die 2. Bundesliga absteigen. Walldorf kann den Rückenwind nur bedingt in die Saison mitnehmen und wird wie im Vorjahr Elfter.

18.08.2018: SSV Ulm 1846 2:1 Eintracht Frankfurt
Als amtierender Pokalsieger reist Frankfurt optimistisch nach Ulm. Dort kommt aber alles anders, als erhofft. Steffen Kienle (48., Foto) und Vitalij Lux (75.) treffen für den SSV aus der vierten Liga, der Anschlusstreffer durch Goncalo Paciencia in der letzten regulären Spielminute bleibt lediglich Makulatur. Die SGE muss den Traum von der Titelverteidigung somit bereits in der ersten Runde begraben.

08.08.2021: SV Waldhof Mannheim 2:0 Eintracht Frankfurt
Drei Jahre später sind es die Spieler von Waldhof Mannheim, die den Frankfurtern einen weiteren unerwarteten Dämpfer verpassen. Der Drittligist geht nach dem Seitenwechsel durch einen Doppelschlag mit 2:0 in Führung (Seegert (Foto), 48., Boyamba, 52.), nur wenig später fliegt Frankfurts Martin Hinteregger mit Gelb-Rot vom Platz (62.) und besiegelt somit das Pokal-Aus des Europa-League-Teilnehmers.

30.07.2022: Stuttgarter Kickers 2:0 SpVgg Greuther Fürth
In der ersten Pokalrunde der Saison 2022/23 besiegen die Stuttgarter Kickers den favorisierten Zweiligisten aus Fürth mit 2:0. Denis Zagaria leitet den Sieg früh ein (9.), ehe David Braig kurz vor Schluss (89., Foto) die Partie entscheidet. Für die Kickers stellt dieser Triumph den Start in eine tolle Saison dar, am Ende steigen sie als Tabellenführer der Oberliga BW in die Regionalliga Südwest auf.

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SWR