Freiheit im Kinderzimmer: So ist Jule aufgewachsen

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Heute wie damals: Oft prägt die Art und Weise, wie man aufgewachsen, unsere Vorstellung davon, wie wir später leben mochten. Jule aus Böblingen hatte als Kind große Freiheiten. Was sie sich für ihre eigenen Kinder mal wünscht, hat sie uns verraten.

Wir hatten eine sehr privilegierte Kindheit und ich bin meinen Eltern sehr dankbar dafür, dass wir in unserem Kinderzimmer immer unseren Freiraum hatten.  

Jule ist Studentin und wohnt mit ihrem Freund mittlerweile in der Innenstadt von Stuttgart. Aufgewachsen ist die 26-Jährige in Böblingen in einem Haus mit ihren Eltern und ihrer Schwester. Das Besondere: Jule hat sich mit ihrer Schwester das größte Zimmer im Haus geteilt. Das hatten ihre Eltern so entschieden. Das Kinderzimmer stand voll mit vielen Spielsachen. Jule und ihre Schwester haben darin gespielt, geschlafen und gemeinsam die Zeit genossen.  

Wohnen heute und damals 

Als Jule vor zwei Jahren mit ihrem Freund zusammengezogen ist, konnte sie ein Gefühl nicht ablegen: „Ich wohne nicht nur in meiner Wohnung, sondern ich lebe auch dort”, sagt sie. Deshalb hat sie in ihrem Schlafzimmer auch viele Kleiderstangen stehen. Sie meint, dass es sich irgendwie gemütlich anfühlt, wenn um sie herum so viele Dinge stehen. „Das Gefühl habe ich aus meiner Kindheit behalten, weil meine Mama uns dort die Freiheit gelassen hat – in unserem Kinderzimmer ohne Ordnung so zu leben wie wir wollten.” 

Zukunftsvorstellungen  

Wenn Jule später selbst Kinder hat, möchte sie ihnen dieselbe Freiheit ermöglichen: Ein großes Kinderzimmer, im dem nicht nur geschlafen, sondern auch gespielt werden kann. 

Mehr Heimat

Cat Calls of Mainz

Es dauerte keine fünf Minuten – Nachdem wir die ‚Aufsager‘ für den Anfang des Films aufgezeichnet haben, laufen wir zusammen mit Hannah, Lea, Isabelle und Melina von "Cat Calls of Mainz" zum Mainzer Hauptbahnhof. Das erste was passiert: Die vier werden sexuell belästigt und einer der „Heimat“-Autoren wird zum Chef der Gruppe erklärt, weil er ein Mann ist. Während der Dreharbeiten kam es zu zwei weiteren Belästigungen. Hannah, Lea, Isabelle und Melina sind Studentinnen aus Mainz, die das Projekt „Cat Calls of Mainz“ rund um den Weltfrauentag 2020 gestartet haben. Angelehnt an zahlreiche andere Cat-Calls-Projekte in der ganzen Welt: „Wir haben uns das erst eigentlich nur für eine Woche vorgenommen – Nachrichten zu empfangen und kreiden zu gehen. Dann war die Woche vorbei und wir haben gemerkt: Wow, das findet jetzt schon viel Resonanz. Dann gab es für uns keinen Grund aufzuhören.“ Kreiden gehen bedeutet, sie schreiben mit Kreide sogenannte „Cat Calls“, also in der Regel verbale sexuelle Belästigungen, mit Kreide auf die Straße. Alles Belästigungen, die jemand erlebt und ihnen auf ihrem Instagram-Kanal zugeschickt hat. „So werden Leute mit dieser sexistischen Problematik konfrontiert, die sonst das Privileg haben, damit nicht in Berührung zu kommen.“ Das sei ihnen super wichtig, sagt Lea, eine der Mitinitiatorinnen der Gruppe. Aber es geht ihnen vor allem um die Opfer. „Dass Betroffene die Möglichkeit haben, sich diesen Raum zurückzuerobern, in dem ihnen etwas Schlimmes passiert ist. Man hat so ein starkes Ohnmachtsgefühl, wenn man das im Alltag ständig erleben muss.“ So möchten sie etwas in der Gesellschaft verändern und für das Thema sensibilisieren.

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Autor/in
SWR