Illustration: Globale Satellitenkommunikation; Bild der Erde und umkreisende Satelliten (Foto: IMAGO, /Science Photo Library)

Kommunikation

Datenschutz im Weltraum

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AUTOR/IN
Peter Kolakowski
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Antonia Weise
Ralf Kölbel

Satelliten übertragen Rundfunksignale, Telefonate oder helfen beim Navigieren. Sie empfangen und speichern auch hochsensible Daten. Sind die Daten im Weltraum ausreichend geschützt?

Als am 1. Oktober 1957 der erste Satellit ins All geschossen wurde, ahnte wohl kaum jemand, wie viele Satelliten einmal den Orbit „bevölkern“ werden. Aktuell sind es circa 4.600 und ein Ende ist nicht in Sicht. Jeder einzelne hat eine Aufgabe.

Satelliten sammeln Daten im All

Im Orbit tummeln sich neben der ISS auch spezielle Satelliten, die das Wetter aufzeichnen, die Luftqualität messen, vor möglichen Naturkatastrophen warnen oder auch einzelne Städte und Regionen ins Visier nehmen.

Nur wo hört die Sammelei zu Aufklärungszwecken auf und wo fängt der Datenschutz an? Können Länder eventuell dann sogar Datenaufzeichnungen aus dem All über ihrem Hoheitsgebiet untersagen?

Verabschiedung des Weltraumvertrags

Kurz nach dem Start des Sputnik haben sich die Vereinten Nationen auch darüber Gedanken gemacht. 1967 wurde dann der sogenannte Weltraumvertrag verabschiedet, der die generelle Nutzung des Weltraumes regelt, erklärt Dr. Ingo Baumann, Rechtsanwalt bei der Anwaltskanzlei BHO Legal, einer international agierenden Kanzlei. Sie hat sich als eine der wenigen Kanzleien weltweit auf Weltraumrecht spezialisiert.

Als man in den 60er Jahren über den Weltraumvertrag diskutiert hat, habe es, so Baumann, sehr unterschiedliche Meinungen gegeben. Die Diskussion war damals im Wesentlichen durch den Kalten Krieg getrieben.

Damals war man der Meinung, der Luftraum würde bis in den Weltraum hinein reichen und man habe auch ein Hoheitsgebiet im Weltraum, wo man wie bei Flugzeugen heutzutage auch das Durchfliegen mit Satelliten verbieten könnte. Das habe sich jedoch nicht durchgesetzt. Der Weltraumvertrag setze schon auf das Prinzip der Nutzungsfreiheit. Das heißt, jeder Staat könne im Weltraum machen, was er möchte.

Gesetze einiger Länder regeln, wann welche Daten weitergegeben werden

Neben staatlichen Institutionen schicken auch Unternehmen Satelliten ins All und verkaufen die gesammelten Daten. Zwei der größten Abnehmer: Das Militär und Geheimdienste. Wer im Einzelnen die Daten schließlich bekommt, das bleibt zunächst ein Geschäftsgeheimnis. Prof. Dr. Stefan Hobe ist Völkerrechtler und Direktor des weltweit ältesten, 1925 gegründeten Instituts für Luftraumrecht, Weltraumrecht und Cyberrecht an der Universität Köln:

In den 1980er Jahren, so Hobe, gab es einen größeren Streit, um die Möglichkeit, aus dem Weltraum Daten über Staaten erfassen zu können. Mit dem Hinweis auf die Weltraumfreiheit sei das damals immer gewährleistet geblieben. Staaten haben sich nicht mit ihrem Anliegen durchsetzen können, hier eine "Souveränitätshülle" machen zu können und diese Aufnahmen zu verhindern.

Starlink-Satellitennetzes (Foto: IMAGO, /Science Photo Library)
llustration des Starlink-Satellitennetzes von SpaceX.

Immerhin haben fünf Staaten, die USA, Kanada, Japan, Frankreich und Deutschland, Gesetze verabschiedet, welche Daten zu welchem Zeitpunkt an wen gegeben werden. Diese Gesetze wie auch das 2007 verabschiedete deutsche Satellitendatensicherheitsgesetz gelten allerdings nur für in dem jeweiligen Land ansässige Satellitenbetreiber. Doch wie verhält es sich mit dem Datenschutz? Gilt die Datenschutzgrundverordnung der Europäischen Union?

Der Standpunkt Deutschlands zur Datenschutzlage im All

Laut Baumann beschäftigte man sich auch in Deutschland mit der Frage des Datenschutzes und der Satellitendaten wie z.B. Geodaten, Google Earth oder Google Street View. Man sei zu dem Ergebnis gekommen, dass die zugelassene Auflösung es nicht erlaube, Personen zu identifizieren.

Eine Regelung, die allerdings mit dem Fortschreiten der Technik und nicht selten unkontrollierbaren Nutzung durchaus Zweifel aufwirft. Denn moderne Satelliten können Objekte und Personen derzeit bis auf eine Entfernung von 30 Zentimetern erfassen, in höchster Auflösung und nicht nur per Bild, sondern auch mehr und mehr per 4K Videoaufzeichnung.

Satellitenbild des Konvois russischer Militärfahrzeuge (Foto: dpa Bildfunk, dpa/Maxar Technologies/AP)
Google Earth enthält Bilder, wie Satelliten-, Luft-, 3D- und Street View-Bilder. Hier eine Nahaufnahme eines Konvois russischer Militärfahrzeuge auf einer Straße in der Nähe des Ortes Kysliwka.

Verboten sind Aufnahmen nur ab einer Entfernung von 20 cm. Allerdings machen Satelliten immer nur Moment- und keine Echtzeitaufnahmen, da sie sich sehr schnell in der Erdumlaufbahn bewegen. Doch auch das ändert sich.

Vorteile der freien kommerziellen Satellitendaten

Private Satellitenbetreiber – wie Elon Musk mit seinem Starlink-Projekt und SpaceX-Unternehmen – schicken gleich reihenweise Satelliten in All. Sie sind wie an einer Perlenkette aufgehängt und liefern nahezu kontinuierliche Aufnahmen bestimmter Örtlichkeiten. Mit freien kommerziellen Satellitendaten können zum Beispiel im Ukraine-Krieg Truppenaufmärsche erfasst werden oder wie viele Fahrzeuge sich in einer Kolonne befinden.

Das schafft erstmal Transparenz, denn diese Daten können auch von Journalisten für ihre Berichterstattung genutzt werden.

Es gibt allerdings auch ausländische und militärische Satellitensysteme, die von Geheimdiensten benutzt werden. Die Frage des Datenschutzes ist, wie bei allen Technologiefragen, ambivalent. Es gibt sowohl negative als auch positive Aspekte.

Zwei Starlink-Satelliten am Nachthimmel (Foto: picture-alliance / Reportdienste, dpa-Zentralbild)
Zwei Starlink-Satelliten als Lichtstreifen am Nachthimmel. Das Projekt von Elon Musk und seinem SpaceX-Unternehmen bringt seit Mai 2019 Kommunikationssatelliten in die Erd-Umlaufbahn.

Verknüpfung von Datenquellen als größere Gefahr

Eine viel größere Gefahr im Punkt Persönlichkeitsrecht sehen Datenschutzexperten derzeit weniger in der Satellitenbeobachtung als vielmehr in der Verknüpfung verschiedenster Datenquellen. Darunter fallen Internetdaten, Telefonverbindungen, GPS-Tracker, Kreditkartengebrauch oder Daten von RFID-Sensoren, die beispielsweise in Verpackungen versteckt sind.

Wenngleich eine gewisse Grauzone bleibt: Immerhin bietet die Datenschutzgrundverordnung zumindest einen rudimentären Schutz- wenn denn dem Betroffenen ein Ge- oder gar Missbrauch seiner Daten bekannt wird.

Weltraumrechtler Prof. Dr. Stefan Hobe ist der Meinung, man müsse heute eine gewisse Barriere machen: "Es gibt natürlich gewisse Persönlichkeitsrechte, die nicht angetastet werden dürfen. Wenn Google Earth so weit ginge und mich im Garten beim Sonnenbaden beobachten würde und auch dies identifizierbar machen würde, dann würde das mit den Rechten nicht übereinstimmen und ist so nicht erlaubt." Eine Erfassung von bestimmter Straßen ist jedoch mit den Datenschutzrichtlinien vereinbar.

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