Sind wir im Traum manipulierbar? (Foto: IMAGO, imago images/Shotshop)

Psychologie

Kann Werbung unsere Träume manipulieren?

Stand
INTERVIEW
Michael Schredl
MODERATOR/IN
Christine Langer
ONLINEFASSUNG
Ralf Kölbel

Was wir tagsüber an Eindrücken wahrnehmen, begleitet uns häufig in unseren Träumen. Die Werbeindustrie will Werbefilme produzieren, die dann später in unseren Träumen landen. Werden wir dadurch manipulierbar? Christine Langer im Gespräch mit dem Traumforscher Michael Schredl.

Träume von Menschen können bewusst manipuliert werden, wenn Menschen während des Schlafs bestimmte Geräusche oder Gerüche wahrnehmen. Das nennt man "Targeted Dream Incubation". Durch diese gezielte Traumbeeinflussung kann nicht nur unsere Kreativität oder unsere Leistung beim Lernen verbessert werden, sondern auch unsere Stimmung. Das kann zum Beispiel auch genutzt werden, bei Menschen, die unter Depressionen oder einer Sucht leiden. Aber kann das auch verwendet werden, um uns zum Beispiel eine bestimmte Biersorte schmackhaft zu machen?

Studie mit Werbespot für bestimmte Biermarke

Heute Morgen habe ich plötzlich Appetit auf ein Marmeladenbrötchen. Dabei frühstücke ich eigentlich sonst nie. Hat mir das vielleicht die Werbung heimlich in meine Träume eingebaut? Klingt abwegig. Aber ein Bierhersteller in den USA hat vor ein paar Monaten eine Werbeaktion mit Freiwilligen gestartet. Diese sollten einen Werbespot angucken und danach wurde analysiert, ob und welche Elemente aus dem Spot es in ihre Träume geschafft haben.

Die Werbeindustrie will am liebsten ihre Werbefilme so gestalten, dass wir nachts davon träumen und uns beispielsweise für eine bestimmte Biersorte entscheiden.  (Foto: IMAGO, imago images / Panthermedia)
Die Werbeindustrie will am liebsten ihre Werbefilme so gestalten, dass wir nachts davon träumen und uns beispielsweise für eine bestimmte Biersorte entscheiden.

Einige Probandinnen und Probanden haben tatsächlich angegeben, dass sie von der Biermarke geträumt haben. Jetzt gibt es einen offenen Brief von Schlafforscherinnen und Schlafforschern, in dem sie fordern, dass Träume kein Versuchsfeld für die Werbeindustrie sein dürfen. Smarte Lautsprecher könnten zum Beispiel ausgenutzt werden, um uns nachts heimlich Botschaften einzuflößen. Klappt das wirklich, unsere Träume so leicht zu manipulieren? Ein Gespräch mit Michael Schredl, Schlafforscher und wissenschaftlicher Leiter des Schlaflabors in Mannheim.

Kann Werbung unsere Träume beinflussen?

Es ist immer noch abwegig. Das Problem zum Beispiel bei der Studie aus den USA ist, dass die Versuchspersonen eine Belohnung versprochen bekommen haben, wenn sie davon geträumt haben. Also die wissenschaftliche Qualität der Studie ist sehr zweifelhaft. Und was wir aus den 70er-Jahren wissen ist, dass alles, was uns Nachts vorgespielt wird - da waren so Sprachen und Wissen und alles auf Kassetten - das bleibt morgens einfach nicht hängen.

Werbebotschaften aus Filmen werden nach Einschätzung des Traumforschers Michael Schredl nicht so einfach den Weg in unsere Träume finden. (Foto: IMAGO,  imago stock&people)
Werbebotschaften aus Filmen werden nach Einschätzung des Traumforschers Michael Schredl nicht so einfach den Weg in unsere Träume finden.

Kann ich mir nachts spanische Vokabeln vorspielen lassen, und Wortschatz damit erweitern, ohne quasi aktiv was dafür zu tun?

Genau das funktioniert nur, wenn die Kassette so laut ist, dass man dadurch nicht schlafen konnte. Dann nimmt man das auf, aber im Schlaf nimmt der Körper oder das Gehirn so gut wie keine neue Informationen von außen auf.

Kann man trotzdem im Schlaf unsere Träume irgendwie beeinflussen? Geht das überhaupt?

Träume kann man beeinflussen zum Beispiel durch akustische Reize wie Töne, Geräusche, Sätze, wir haben mal mit einem Geruch gearbeitet. Das heißt, das Gehirn ist nachts nicht abgeschaltet. Es nimmt Dinge auf, die da passieren. Aber es wird nicht abgespeichert und mit bestimmten Handlungsideen verknüpft. Sondern es wird aufgenommen, mit in den Traum eingebaut und dann verschwindet es auch wieder.

In unseren Träumen verarbeiten wir häufig, was uns auch tagsüber schon beschäftigt hat. (Foto: IMAGO,  imago images/Panthermedia)
In unseren Träumen verarbeiten wir häufig, was uns auch tagsüber schon beschäftigt hat.

Welche Erlebnisse schaffen es in unserer Träume? Es gibt auch einen Versuch in den USA, wo den Probandinnen und Probanden ein Video vorgespielt und protokolliert wurde, ob die Inhalte im Traum weiterverarbeitet wurden.

Es gibt tatsächlich eine recht umfangreiche Forschung zu der Beeinflussung des Trauminhalts durch Filme, die man im Labor vor dem Einschlafen vorspielt. Und es hat sich herausgestellt, dass diese Filme häufig sehr wenig Effekt haben, weil die Leute doch von dem träumen, was sie tagsüber beschäftigt. Wenn es ein Student dabei ist, der gerade Prüfungsstress hat, dann träumt er eben von Prüfungen und nicht von dem Film, den er da im Versuch gesehen hat.

Liegt es daran, dass dabei noch viele andere Reize eine Rolle spielen?

Das Problem ist, dass wir von den Sachen träumen, die uns beschäftigen, die für uns persönlich wichtig sind. Und es gibt tatsächlich eine Studie, die versucht hat, solche Themen, die die Versuchsperson vorher angegeben haben, durch Vorstellungs-Übungen vor dem Einschlafen zu intensivieren. Und da kriegt man einen Effekt, aber nicht bei Themen und irgendeinem Film oder irgendeiner Biermarke oder irgendsowas. Das sind Dinge, die sehr selten Eingang in einen Traum finden.

Wird der gemeinsame Fernsehabend wirklich Einfluss auf die Träume der Beiden haben? (Foto: IMAGO, imago images / Panthermedia)
Wird der gemeinsame Fernsehabend wirklich Einfluss auf die Träume der Beiden haben?

Sie haben auch schon mit Gerüchen getestet, was die bewirken, wenn wir denen im Schlaf ausgesetzt sind. Was waren das für Tests? Und was wollten Sie da rauskriegen?

Wir wollten wissen, ob Gerüche in dem Traum vorkommen. Weil der Vorteil von Gerüchen ist, dass sie auch bei starker Stimulation, den Schläfer, die schlafende Person nicht wecken. Man kann hohe Konzentrationen präsentieren, ohne dass man die Person weckt. Wenn wir jetzt ein Geräusch nehmen und ein lautes Geräusch präsentieren, wacht die Person auf.

Bei Gerüchen ist das nicht der Fall, weil diese anders im Gehirn verarbeitet werden. Wir haben festgestellt, dass diese Gerüche tatsächlich fast nie im Traum vorkommen, aber die Traum-Emotion wird verändert. Und das macht auch Sinn, weil dieses Riechhirn sehr stark mit dem emotionalen Zentrum verbunden ist. Das heißt, positive Gerüche haben auch positivere Träume gemacht und unangenehme Gerüche, unangenehmere Träume.

Gerüche haben einen Einfluss auf unsere Emotionen. Das gilt auch für Gerüche, die uns im Schlaf präsentiert werden.    (Foto: IMAGO, iamgo)
Gerüche haben einen Einfluss auf unsere Emotionen. Das gilt auch für Gerüche, die uns im Schlaf präsentiert werden.

Es gibt schon Tests, dass man so unangenehme Gerüche zum Beispiel auch zur Rauchentwöhnung nutzen kann. Funktioniert das?

Es ist tatsächlich so, dass das Gehirn einfache Dinge, also so eine Assoziation, eine einfache Assoziation lernen kann. Und das hat eine israelische Forscherin mal getestet. Wir haben auch etwas in der Richtung gemacht. Sie hat praktisch das Rauchen mit einem negativen Geruch gekoppelt. Und dadurch hat die Person gelernt, dass Rauchen etwas unangenehmes ist.

Nach ihrer Studie war es so, dass die Raucher tatsächlich dann tagsüber weniger Lust hatten zu rauchen. Wobei man bei einzelnen Studien immer ein bisschen aufpassen muss. Ich bin da noch ein bisschen vorsichtig. Aber solche Assoziationen könnten möglich sein.

Lässt sich das nachweisen, dass ein positiver Geruch eher zu positiven Träumen und ein negativer eher zu negativen Träumen führt?

Da gibt es bisher nur eine bzw. zwei Studien, die wir gemacht haben. Man muss immer ein bisschen vorsichtig sein, aber es macht von der Verarbeitung, wie das Gehirn Reize verarbeitet Sinn, weil olfaktorische Reize also Geruchsreize, wie es auch im Wachzustand häufig zu beobachten ist, direkt mit den Emotionen verbunden sind.

Ist denn die Sorge der Wissenschaft berechtigt, dass die Werbeindustrie unsere Träume irgendwie ausnutzen könnten? Man könnte sich auch vorstellen, irgendwie Biergeruch in irgendeinem Schlafzimmer zu verteilen.

Tatsächlich ist es so, dass die Werbung Einfluss hat auf unsere Träume, allein durch die Medien, die tagsüber konsumiert werden. Die kommen in den Träumen vor. Die Frage ist, ob sie dann auch immer positiv darin vorkommen, dass wenn man mal davon träumt, dass man denkt, man muss das auch kaufen. Bei Gerüchen oder auch Reizpräsentation während des Schlafens, das ist dann natürlich schon ein Thema, was über das Träumen an sich hinausgeht, weil es ja einfach störend ist.

Und wenn man wach ist, dann hört man die Sachen auch bewusst. Also da denke ich schon, dass es Sinn macht, was die Forscher vorgeschlagen haben, da vorsichtig zu sein und den Schlafraum doch als Privatsphäre zu respektieren.

Wenn man nachts den Geruch von Tabak mit anderen üblen Gerüchen mischt, könnte dies víelleicht dazu führen, dass der Betreffende dann weniger raucht. (Foto: IMAGO,  imago stock&people)
Wenn man nachts den Geruch von Tabak mit anderen üblen Gerüchen mischt, könnte dies víelleicht dazu führen, dass der Betreffende dann weniger raucht.

Aber ein Smart Speaker im Schlafzimmer, der dann nachts möglicherweise heimlich eine Botschaft sendet. Das dringt wahrscheinlich nicht zu uns durch?

Das stört maximal den Schlaf. Aber dringt nicht durch im Sinne, dass es überhaupt im Traum vorkommt, bzw. dass es dann das Verhalten nach dem Schlaf verändert, weil das ist ja das was gewünscht wird. Das ist so unwahrscheinlich, dass ich nicht damit rechnen, dass es möglich ist.

Stand
INTERVIEW
Michael Schredl
MODERATOR/IN
Christine Langer
ONLINEFASSUNG
Ralf Kölbel