Vor 50 Jahren gab es für die Erklärung der Supraleiter den Nobelpreis für Physik. Doch noch immer können Supraleiter nur sehr begrenzt eingesetzt werden – dabei ist das Potential riesig: Magnetschwebebahnen könnten uns dank Supraleiter in zwei Stunden von Hamburg nach München unter minimalem Energieeinsatz transportieren, Energie könnte effizienter genutzt werden.
Supraleiter haben ein großes Potential
Dafür müssen Forschungsteams aber erst die passenden Supraleiter finden – vorne bei der Suche dabei ist ein Mainzer Forschungsteam des Max-Planck-Instituts für Chemie – angetrieben von der Vision einer Welt mit Supraleiter.
Supraleiter können Strom ganz ohne elektrischen Widerstand leiten. Das Potential wäre riesig: Schnellere Züge, bessere Elektromotoren oder Computerchips, die mit Supraleitern bis zu 1000mal schneller sind. Auch umweltfreundliche Kernfusionsreaktoren wären denkbar.
Forschung an Supraleitern ist Grundlagenforschung
Es wäre der Beginn eines neuen Zeitalters, sagt das Forschungsteam des Mainzer Max-Planck-Instituts für Chemie – so weit die Vision. Noch geht es aber vor allem um Grundlagenforschung. Schon vor über 100 Jahren sind die Supraleiter entdeckt worden.
Doch in der Praxis kommt die Technik bisher nur selten zum Einsatz. Denn damit Stoffe zum Supraleiter werden, müssen sie bis heute stark gekühlt werden – oft auf unter minus 180 Grad Celsius oder noch viel kälter. Doch was ist überhaupt ein Supraleiter?
Elektrischer Widerstand entsteht, wenn Elektronen von Atomkernen gestört werden
Wenn ein Metall Strom leitet, bewegen sich in dem Atomgitter Elektronen, das ist elektrischer Strom. Doch dabei sind die Atomkerne für die Elektronen ein Hindernis. Deshalb werden die Elektronen immer wieder gestört, stoßen sich an den Atomkernen. So entsteht elektrischer Widerstand, der bei Supraleitern aber ab einer bestimmten Temperatur verschwindet.
Denn in Supraleitern bilden zwei Elektronen ein Paar. Zusammen gehen sie den Atomkernen aus dem Weg. Und wo keine Stoßgefahr mehr herrscht, verschwindet auch der elektrische Widerstand komplett. Das Problem: Die Elektronen-Paare bleiben nur bei sehr niedrigen Temperaturen stabil. Aber bei minus 270 Grad können Supraleiter in der Praxis nicht eingesetzt werden.
Suche nach Supraleitern, die bei höheren Temperaturen funktionieren
Die Mission ist seit Jahrzehnten die Gleiche: Weltweit wird nach Supraleitern gesucht, die auch bei höheren Temperaturen funktionieren, am besten bei Raumtemperatur. Einen ersten großen Erfolg hatten die Mainzer vor sieben Jahren mit Schwefelwasserstoff – eigentlich ein nach faulen Eiern stinkendes Gas.
In einem kleinen Rohr wird das Gas unter starkem Druck zum Supraleiter. Und dieser Druck entsteht durch winzige Diamanten. Der ganze Druck wird nur an der Spitze des Diamanten übertragen – und ist extrem stark, bis zu 5 Megabar sind möglich.
Supraleiter bei "nur" minus 70 Grad sind schon ein Fortschritt
Beim Experiment reichen aber erstmal 1,5 Megabar. Durch den Druck entsteht ein supraleitender Schwefelwasserstoff-Kristall, der schon bei vergleichsweise warmen minus 70 Grad Strom ohne Widerstand leitet. Ein erster Erfolg, aber die Mainzer suchen nach noch besseren Wasserstoffverbindungen.
Übrigens sind auch viele Diamanten in der Zeit kaputt gegangen, zerbrochen. Nur wenn der Diamant perfekt geschliffen ist, funktioniert das Experiment. Und nach langem Ausprobieren schaffen die Mainzer einen neuen Supraleiter-Rekord – wieder mit einer Wasserstoffverbindung mit Lanthanhydrid entsteht ein Supraleiter – jetzt bei nur Minus 23 Grad.
Ziel: Supraleiter bei Raumtemperatur
Mittlerweile konnte in den USA ein Supraleiter bei plus 15 Grad erzeugt werden, also bei Raumtemperatur. Noch konnte das Ergebnis aber nicht reproduziert werden. Doch die Mainzer sind sich sicher, dass Supraleiter bald bei Raumtemperatur funktionieren:
Doch noch immer braucht es dafür Diamanten und ziemlich viel Druck. Aber die Richtung ist klar: Immer höhere Temperaturen sind möglich. Doch kann der Druck in Zukunft verringert werden? Mikhail Eremets, Physiker am Max-Planck-Institut für Chemie, sagt dazu, Wissenschaft sei manchmal oder eigentlich sehr oft, nicht geradlinig. Man könne nicht einfach sagen: Das sei der Weg hin zu Raumtemperatur-Supraleitern. Das funktioniere nicht.
Im All funktionieren Supraleiter auch ohne extra Kühlung
Und die Mainzer haben noch viele Ideen. So könnten die Diamanten vielleicht selbst zum Supraleiter werden – nur ein weiterer Ansatz. Aber die Vision einer Magnetschwebebahn mit Supraleiter-Technik aus Leipzig treibt die Forschenden weiter an.
Im Weltall könnte je nach Umgebungstemperatur schon heute ein Supraleiter ohne extra Kühlung funktionieren. Damit das auch auf der Erde funktioniert, braucht es aber Supraleiter, die auch bei Raumtemperatur funktionieren.