Ein Verkehrsschild warnt vor Bergrutschen.

Klimawandel

Bergmonitoring in den Alpen

Stand
AUTOR/IN
Thomas Migge
ONLINEFASSUNG
Carla Vinetta Richter

Bergrutsche in den italienischen Alpen sind längst keine Seltenheit mehr. Es drohen immer mehr Erdrutsche die Alpen unsicher zu machen. Deshalb sind sie zum Objekt intensiver Forschungen geworden.

Verschiedene Forscherinnen und Forscher beobachten seit einigen Jahren die Berge und Bergrutsche der italienischen Alpen mit dem Ziel, das Schlimmste für die Natur, für die Menschen und Infrastrukturen zu verhindern.

Versperrte Straße durch Bergrutsch
Immer öfter kommt es in den Alpen zu Bergrutschen, die auch Straßen versperren.

Die Bergdoktorin

Die Forscherin Marta Chiarle ist Bergrutschexpertin und leitet ein Team aus Fachleuten, das die italienischen Alpen ab einer Höhe von 1.500 Metern ständig untersucht. Sie ist Geologin am Nationalen Wissenschaftsrat CNR und auf die hydrogeologische Erforschung der Alpen spezialisiert. Die Wissenschaftlerin untersucht wie unteriridisches Wasser die Berge beeinflusst und verändert.

Dabei stehen nicht nur die Zonen, in denen gefährliche Bergrutsche, Lawinen, Überschwemmungen oder Gletscherabbrüche ohnehin zu erwarten sind, im Fokus, sondern auch die Alpengegenden, die durch den Klimawandel mit der Zeit gefährlich werden könnten.

Steine nach einem Steinschlag am Berg in Patscherkofel, Tirol

Berg-Kataster

Das Team von Marta Chiarle betreibt ein umfassendes Monitoring mit sehr unterschiedlichen Methoden. Sie sammeln alle möglichen Informationen aus den verschiedensten Quellen. Unter anderem Berichte und Fotografien von erfahrenen Bergsteigerinnen und Bergsteigern, den lokalen Medien und von anderen Geologinnen und Geologen.

Diese gesammelten Informationen werden dann untersucht. Stößt man dabei auf besonders auffällige oder besorgniserregende Hinweise, wird ein Forschungsteam losgeschickt, um an den entsprechenden Orten weiterführende Untersuchungen durchzuführen. Dazu werden GPS-Geräte genutzt, um die Veränderungen im Gestein festzuhalten oder mit vorherigen Messungen zu vergleichen. Zum Beispiel im Fall von neuen oder bereits bestehenden Gesteinsspalten am Berg, die zu einer möglichen Gefahr werden könnten.

Durch diese Vorgehensweise wird ein so genannter Berg-Kataster der italienischen Alpen erstellt. Dies ist eine Art Grundbuch der unterschiedlichsten Informationen, die Auskunft über den Zustand der Berge geben. Vor allem darüber, wie der Klimawandel sich auf die Berge auswirkt.

Blick zum Hallstaetter Gletscher und Hohen Dachstein
Durch die steigenden Temperaturen ziehen sich die Gletscher in den Alpen immer weiter zurück.

Einfluss des Klimawandels

Neben dem generellen Monitoring der italienischen Alpen erforschen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler bestimmte Gegenden der italienischen Alpen, bei denen die Situation besonders kritisch ist.

Zum Beispiel im Gletschertal des Bessanese, in einer Höhe zwischen 2.000 und 2.900 Metern an der italienisch-schweizerischen Grenze. Hier werden Wetterdaten und Bilddaten rund um die Uhr und zentimetergenau gesammelt. Außerdem wurden im Eis des Gletschers, in Gesteinsspalten sowie im bereits heruntergestürzten Geröll der Berge Thermometer installiert. Dabei werden vor allem die Veränderungen der Eismassen dokumentiert.

Bergrutsch am Sustengletscher, Schweiz

In Zukunft mehr Bergrutsche?

Die über die letzten 20 Jahre gesammelten Daten aus den verschiedensten italienischen Alpenregionen ergeben ein Gesamtbild, das nicht nur Geologin Marta Chiarle, sondern auch andere Fachleute als insgesamt negativ einschätzen. Die Bergrutsche haben in den letzten 20 Jahren stark zugenommen, was vor allem eine Folge des Klimawandels ist. Besonders besorgniserregend sind die sprunghaften Hitzeperioden der letzten Jahre, da sie das hydrogeologische Gleichgewicht beeinflussen. Auch die Gletscher schmelzen immer schneller und dies hat Einfluss darauf, wie stabil das Gestein in der Umgebung ist. Die Bergrutsche bereiten der Geologin Marta Chiarle die meisten Sorgen, da sie inzwischen fast die gesamten Alpen betreffen.

Die Expertinnen und Experten sehen für die kommenden Jahre immer mehr Bergrutsche voraus. Mit unabsehbaren Folgen für Bergwanderer und Touristen, für die in Tälern lebenden Menschen und für das alpine Straßennetz.

Steinschlag in Windschutzscheibe eines Autos
Bergrutsche und Steinschlag können verheerende Folgen für Menschen haben.
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