Artenschutz

Neue Studie zeigt: Insektensterben weiter ein Problem

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Jochen Steiner
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Anja Braun
Anja Braun, Reporterin und Redakteurin SWR Wissen aktuell. (Foto: SWR, Christian Koch)

Die Zahl der Insekten weltweit nimmt weiter dramatisch ab. Die bisher umfassendste Studie zum Insektensterben zeigt aber auch: Wasserinsekten sind davon weniger betroffen.

Die neue Studie zum weltweiten Insektensterben ist im Fachmagazin Science erschienen. Sie zeichnet ein differenzierteres Bild der Artenentwicklung bei den Insekten als vorherige Untersuchungen. Dazu haben Ökologen rund um Dr. Roel van Klink vom Deutschen Zentrum für integrative Biodiversitätsforschung in Leipzig eine umfassende Meta-Analyse durchgeführt.


Wir haben diese Studie gemacht, weil wir wussten, dass es sehr viele Zeitreihen gibt aus aller Welt, die auch Insekten gefangen haben für zehn oder mehr Jahre, und dass das alles nicht ausgewertet worden ist.

Eine Vielfalt von Insekten aus der Sammlung des Museums fuer Naturkunde in Berlin (Foto: IMAGO, Imago/epd)
Eine Vielfalt von Insekten aus der Sammlung des Museums fuer Naturkunde in Berlin.

Dazu war echte Fleißarbeit nötig: Roel van Klink und sein Team saßen monatelang am Computer. Die Ökologen fassten Daten von 166 Langzeitstudien aus 41 Ländern in die bislang größte Metastudie zum Insektensterben zusammen. Die meisten Daten kamen dabei aus Europa und Nordamerika, aber auch etliche Datensätze aus Russland, sowie Mittel- und Südamerika konnten die Forscher auswerten. Allerdings gab es kaum Studien aus tropischen Ländern, die eigentlich die höchste Insektenvielfalt verzeichnen.

Es gibt nur sehr wenige Daten aus tropischen Ländern, obwohl die die größte Vielfalt an Insekten beherbergen wie zum Beispiel den neotropischer Ruesselkaefer,(Cactophagus spec.). (Foto: IMAGO, imago images / blickwinkel)
Es gibt nur sehr wenige Daten aus tropischen Ländern, obwohl die die größte Vielfalt an Insekten beherbergen wie zum Beispiel den neotropischer Ruesselkaefer,(Cactophagus spec.).

Die Leipziger Wissenschaftler haben aus dem Datensatz herausgelesen, dass die Bestandsentwicklung der Insekten von Ort zu Ort sehr unterschiedlich sein kann – sogar bei zwei direkt nebeneinander liegenden Verbreitungsgebieten.

„Insgesamt aber, wenn wir uns den Mittelwert von all diesen Trends anschauen, dann zeigt das, dass es für die auf dem Land lebenden Insekten tatsächlich einen Rückgang gibt. Die Süßwasserinsekten dagegen, also das sind Arten wie Libellen, Mücken, Wasserläufer aber auch Köcherfliegen, haben zugenommen.“

Anders als landlebende Insekten haben Süßwasser Insekten  zugenommen. Grund könnten Gewässerschutzmaßnahmen sein. Hier ein gemeiner Wasserläufer (Gerris lacustris) auf einer Wasseroberfläche in Bayern.  (Foto: IMAGO, imago images / imagebroker)
Anders als landlebende Insekten haben Süßwasser Insekten zugenommen. Grund könnten Gewässerschutzmaßnahmen sein. Hier ein gemeiner Wasserläufer (Gerris lacustris)auf einer Wasseroberfläche in Bayern.


Weltweit sind die an Land lebenden Insektenarten in ihrer Masse in den letzten 30 Jahren um 24 Prozent zurückgegangen. Das ist ein Mittelwert. Das bedeutet, dass es Räume gibt, wo es viel besser geht, aber auch Plätze, wo es viel schlechter ist. Doch leider geht insgesamt die Zahl der landlebenden Insekten nach unten.

Am stärksten betroffen sind laut Studie Europa und die USA. In Deutschland geht die Masse der landlebenden Insekten um etwa zwei Prozent pro Jahr zurück. Die Gründe sieht der Insektenforscher vor allem darin, dass immer mehr Lebensräume von Insekten zerstört werden – indem bislang unberührte Natur z.B. durch Häuser oder Straßen versiegelt wird.

Positive Nachrichten gibt es bei den Süßwasser-Insekten zu vermelden: deren Bestände sind in den letzten 30 Jahren im Mittel weltweit um etwa 30 Prozent angestiegen. Einen Grund hierfür sieht Roel van Klink in der stetig besser gewordenen Wasserqualität vieler Flüsse und Seen in Europa und Nordamerika.

Die Libelle gehört zu den Süßwasser-Insekten, deren Bestände weltweit im Schnitt eher ansteigen. (Foto: IMAGO, imago images / YAY Images)
Die Libelle gehört zu den Süßwasser-Insekten, deren Bestände weltweit im Schnitt eher ansteigen.

In der Arktis z.B. kann der Klimawandel mit den steigenden Temperaturen dazu führen, dass dort mehr Süßwasser-Insekten vorkommen. Der Klimawandel hat in der Insektenwelt also sowohl Gewinner, als auch Verlierer.

Der Regenbogenkäfer (Carabus vietinghoffi) in Alaska ist bisher ein Gewinner der Klimaveränderungen. Die steigenden Temperaturen führen dazu, dass sich Süßwasser-Insekten in bisher kalten Regionen besser vermehren können. (Foto: IMAGO, Imago images / Design Pics)
Der Regenbogenkäfer (Carabus vietinghoffi) in Alaska ist bisher ein Gewinner der Klimaveränderungen. Die steigenden Temperaturen führen dazu, dass sich Süßwasser-Insekten in bisher kalten Regionen besser vermehren können.

In Mitteleuropa erwarten die Forscher , dass der Klimawandel den Insekten nicht notwendigerweise schadet, weil sie kaltblütig seien. Wenn es wärmer wird, könnten sie aktiver werden.

Aber wenn wir solche Dürren haben, wie in den letzten Jahren und wie es für dieses Jahr auch wieder aussieht, dann ist das natürlich schlecht für die Insekten, die Pflanzen fressen, weil die Pflanzen schnell verdorren. Und das wirkt sich dann auch auf Vögel und Fledermäuse und so weiter aus.

Dieser  Segelfalter (Iphiclides podalirius) sitzt auf einer verdorrten Pflanze und findet keine Nahrung. Dürreperioden sind schlecht für Pflanzen und damit auch für Insekten, die sich von Pflanzen ernähren.  (Foto: IMAGO, imago images / blickwinkel)
Dieser Segelfalter (Iphiclides podalirius) sitzt auf einer verdorrten Pflanze und findet keine Nahrung. Dürreperioden sind schlecht für Pflanzen und damit auch für Insekten, die sich von Pflanzen ernähren.

Für die Zukunft sieht Ökologe Roel van Klink beim Rückgang der landlebenden Insektenarten leider keine Trendwende. Denn erst wenn wir die Lebensräume der Insekten besser schützen, können wir den Abwärtstrend aufhalten.

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Anja Braun, Reporterin und Redakteurin SWR Wissen aktuell. (Foto: SWR, Christian Koch)