Entzündungen könnten in vielen Fällen von Depression eine wichtige Rolle spielen. Das ist das Fazit einer Übersichtsarbeit im Journal of Neurology Neurosurgery and Psychiatry. Sie hat vorhandene Studien zum Zusammenhang von Entzündungen und Depressionen noch einmal im Rahmen einer großen Metastudie überprüft.
Entzündungen können die Psyche drücken
Wissenschaftler vermuten, dass Krankheiten oder chronischer Stress im Körper Entzündungen auslösen, die sich dann bis ins Gehirn ausbreiten können. Dort zirkulieren dann verstärkt sogenannte Zytokine. Zytokine sind Proteine, die das Wachstum und die Differenzierung von Zellen regulieren. Eine höhere Konzentration von Zytokin bringt das empfindliche Gleichgewicht von Dopamin (Glückshormon) und Noradrenalin (Stesshormon) in unserem limbischen System durcheinander. Gleichzeitig wird wahrscheinlich die Ausschüttung von Glückshormonen gebremst.

Pilotstudie findet starke Hinweise auf Zusammenhang
In einer Pilotstudie mit zehn gesunden Freiwilligen haben Forscher der Uni Duisburg-Essen vor zwei Jahren die Probe aufs Exempel gemacht: sie lösten künstlich eine heftige Immunreaktion aus, danach fand sich im Nervenwasser und auch im Gehirn der Probanden ungewöhnlich viel Zytokin. Je höher die Werte dieses Zytokins waren, desto stärker litten die Probanden an depressiven Symptomen - obwohl sie vorher psychisch stabil waren. Erhöhte Zytokinwerte finden sich aber längst nicht bei allen, sondern nur bei rund 40 Prozent aller Depressiven. Vermutlich könnten vor allem diese Patienten von den neuen Erkenntnissen profitieren.

Entzündungshemmer helfen, die Depression zu lindern
Die jüngste Metastudie hat nun alle Studien zum Zusammenhang von Depressionen und Entzündungen noch einmal bewertet. In allen 30 Unterstudien sind die Forscher ähnlich vorgegangen: Ein Teil der schwer depressiven Probanden wurde mit anti-entzündlichen Mitteln behandelt, die anderen schluckten nur Placebo-Pillen. Weder Ärzte noch Patienten wussten, wer echte und wer Pseudo-Medikamente bekam. Das erstaunliche Ergebnis: Die Behandlung mit Entzündungshemmern war im Schnitt um 52 Prozent erfolgreicher als mit Placebo. Das heißt, die Symptome der Depression waren deutlich schwächer als vorher.

Vielversprechende Kandidaten
Die Forscher haben Studien mit ganz unterschiedlichen Wirkstoffen gegen Entzündungen unter die Lupe genommen: Als besonders effektiv entpuppten sich Statine (das sind Arzneistoffe, die als Cholesterinsenker eingesetzt werden), Omega-3-Fettsäuren und Nicht-Steroidale Antirheumatika. Zu diesen sogenannten NRSAs gehören unter anderem Aspirin, Ibuprofen oder Diclofenac.
Als Beigabe verstärken Entzündungshemmer die Wirkung von Antidepressiva
Ein weiteres Fazit der Metastudie ist, dass die klassischen Anti-Depressiva bei Patienten noch besser wirken, wenn sie mit Entzündungshemmern kombiniert werden. Die anti-entzündlichen Mittel scheinen den Effekt bewährter Medikamente gegen Depressionen zu verstärken. Gravierende Nebenwirkungen haben die Wissenschaftler nicht beobachtet, manchmal kam es zu Magen-Darm-Problemen.

Auch ein Antibiotikum könnte helfen
Zudem wirkt offenbar auch das Antibiotikum Minocyclin verstärkend als Beigabe zu Anti-Depressiva. Zu Minocyclin läuft zur Zeit eine Studie an der Charite Berlin mit 160 schwer depressiven Probanden mit schweren Depressionen. Die Ergebnisse sollen nächstes Jahr erscheinen.