Hintergrundbild lila abstrakt (Foto: Getty Images, Govindanmarudhai, 1294298907)

Unsere erste Challenge

Gesellschaftlicher Zusammenhalt angesichts zersplitterter Lebenswelten

Stand

Im März 2022 startete das erste Deep X-Team in das viermonatige Innovationsprogramm. Ihr Thema: „Jenseits der Bubbles: Geselllschaftlicher Zusammenhalt angesichts zersplitterter, digitaler Lebenswelten“.

Denn ob Klimakrise oder Corona-Pandemie – die Herausforderungen unserer Zeit spalten die Gesellschaft in scheinbar unversöhnliche Lager.

Am 29.06.2022 fand der Abschluss-Pitch im SWR X Lab in Baden-Baden statt.

Deep X-Team Batch I (Foto: SWR)
Deep X-Team Batch I

Ergebnisse: Vertrauen erfordert Eigenkritik, User wünschen sich Wirkungsräume und Meinungsvielfalt muss sichtbar werden

Es gibt ihn – den Vertrauensverlust in die Politik, die Medien und auch speziell in uns als öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Auch wenn entsprechende Zahlen in den letzten Jahren wieder besser aussehen – "wenn wir die, die an uns zweifeln und sich nicht von uns gehört fühlen, im Stich lassen, riskieren wir einen fundamentalen Vertrauensverlust, der sich unter Umständen nicht mehr reparieren lässt". Zu diesem Schluss kommt der Ergebnis-Report und beschreibt eine Seite, an der der gesellschaftliche Zusammenhalt krankt. Zum Glück gibt es Möglichkeiten, diesem Verlust entgegenzuwirken und zugleich unseren Wert für weitere Teile der Bevölkerung zu steigern.


Der Report benennt insgesamt fünf Handlungsfelder, die dafür entscheidend sind: Medienkompetenz, Orientierung, Vielfalt, Vertrauen und Selbstwirksamkeit. Besonderes in den Bereichen Vertrauen, Vielfalt und Selbstwirksamkeit lohnt es in Zukunft genauer hinzusehen, weitere Nutzer:Innenbedürfnisse zu erkennen und Angebote auszubauen. Ausbauen heißt dabei auch, alte Routinen und Normen zu hinterfragen.

Vertrauen erfordert Identifikation, Anfassbarkeit und Transparenz, die nicht nur offenlegt, sondern auch mit ehrlicher Eigenkritik einhergeht

Als öffentlich-rechtlicher Rundfunk genießen wir historisch einen Vertrauensvorschuss. Bei nachwachsenden Generationen und neuen Zielgruppen müssen wir ihn jedoch zunehmend neu erarbeiten. Dafür müssen wir nahbarer werden und die Probleme der Menschen auf individueller Ebene ernst nehmen. Zugleich müssen wir unsere Werte nicht nur pflegen, sondern auch benennen, sichtbar machen und dafür einstehen. Dass wir den eigenen Erwartungen auch selbst nicht immer gerecht werden können, müssen wir zugeben. Statt uns zu verteidigen, braucht es eine Kultur, bei der wir externe Kritik nicht nur ernst nehmen, sondern ebenfalls proaktiv eigenen Schwachstellen suchen und beseitigen. Auch dies muss sichtbar passieren.

Vielfalt in der Summe unserer Angebote ist nicht genug

Das Argument, ein unabhängiges, vielfältiges und perspektivenreiches Gesamtangebot zu haben, zählt nicht mehr. Vielfalt muss noch konsequenter abgebildet werden:

  • Obwohl wir immer besser werden, eine repräsentative Vielfalt (die dem Abbild unserer Gesellschaft ähnelt), in unseren Redaktionen zu etablieren, besteht hier weiterhin Handlungsbedarf.
  • Besonders den Bedürfnissen strukturschwacher Regionen und systemisch benachteiligten Anliegen in der Bevölkerung müssen wir eine größere Sichtbarkeit gewähren, da sie in der politischen Entscheidungsgewalt unterrepräsentiert sind und entsprechend weniger Berücksichtigung finden.
  • Zentral und "neu" für dieses Handlungsfeld ist der Bedarf, Vielfalt innerhalb einzelner Inhalte und Produkte zu vertiefen: Die Darstellung von Perspektiven und Meinungen sowie Lebenswelten und Problemen muss dabei dialektisch erfolgen. Zugleich muss diese Meinungsvielfalt sichtbar werden.

Die gesellschaftliche Komplexität nimmt zu. In einer permanent nach Aufmerksamkeit ringenden medialen Lebenswelt nimmt zeitgleich die Aufmerksamkeitsspanne für einzelne Themen und Sachverhalte ab. Um den Nutzer:Innen eine eigenständige Meinungsbildung zu ermöglichen, sind wir als Medien gefragt, verschiedene Perspektiven besonders aufzubereiten und im Zusammenhang darzustellen. Dies gilt gleichermaßen für Angebote, die sich an gering informationsorientierte Zielgruppen wenden, wie für jene Zielgruppen, die sich sehr aktiv bestimmtes Wissen aneignen wollen.

Es ist unsere Verantwortung, die politische Selbstwirksamkeit der Menschen zu stärken

Eine gesunde Demokratie und gesellschaftlicher Zusammenhalt erfordert, dass verschiedenen Anliegen in der Bevölkerung abgewogen werden. Die mediale Agenda und politische Entscheidungen werden jedoch überproportional von wirtschaftlich starken Lobbygruppen und der Politik selbst beeinflusst. Etwa ein Drittel der Bevölkerung findet mit ihren Sorgen und Problemen in der öffentlichen Debatte nur untergeordnet statt. Um die Rolle als vierte Gewalt gewissenhaft zu erfüllen, müssen wir Themen und Protagonist:Innen, die im Diskurs zu wenig berücksichtigt werden, eine verhältnismäßige Stimme geben.

Es ist darüber hinaus nötig, dass Bürger:Innen auch mitbekommen, dass sie ernst genommen werden. Mehr als zuvor sollten wir dafür mit den Menschen in den Dialog über ihre Probleme und Interessen gehen und diese Anliegen an politische Entscheidet:Innen herantragen. Besonders auf regionaler Ebene öffnet sich hier ein Feld, wo wir uns noch stärker als Partner der Bürger:Innen (denen wir als Gebührenzahler:innen verpflichtet sind) engagieren können.

So können passende Angebote aussehen

Zum Abschluss des Reports liefert das Team drei Konzepte. Sie machen anschaulich, wie sich die gewonnenen Nutzer:innenbedürfnisse in Angebote übertragen lassen.

Sie zeigen dabei auch, dass passende Angebote unsere journalistische Arbeit nicht gänzlich auf den Kopf stellen. Vielmehr geht es darum, einzelne Nutzer:Innenbedürfnisse konsequenter zu berücksichtigen und Lösungen, die wir in unserem Programm immer wieder auch liefern, zu systematisieren. Die Leitprinzipien dafür sind: spezifisch, interaktiv und anfassbar. Die richtigen Antworten liegen dabei oft in den Details.

Das Team hinter den Ergebnissen

Thomas Lenz arbeitet für den SWR als Entwicklungsredakteur im Bereich Digitale Formate Baden-Württemberg. Eva Wohlgemuth ist Recherche- und Dokumentations-Expertin in der Abteilung Information, Dokumentation, Archive (IDA) des SWR und David Riederer hat seinen Schwerpunkt in der Softwareentwicklung beim SWR. Vanessa Olivier ist bei ZDFkultur für die Strategische Formatentwicklung verantwortlich und bringt zudem journalistische Expertise mit. Julian Bossert arbeitet als Experte für Content Creation und Konzeption, Lucca Sophie Weigert bringt umfassendes Knowhow als Integrated Designerin mit Schwerpunkt auf Service- und Visual Design mit. Beide brachten als ÖR-Externe zusätzlich den Blick von außen.

Fragen oder Anregungen?

Ziel des Deep X Programms ist es nicht exklusiv mit einzelnen Bereichen zusammenzuarbeiten, sondern Erkenntnisse zu schaffen, die an vielen Stellen Anwendung finden können. Weiterverwenden der Insights und auch kopieren der Ideen ist deshalb ausdrücklich erwünscht. Wir suchen außerdem immer noch Bereiche, die Interesse an einer Umsetzung haben oder noch einmal tiefer in das Thema einsteigen möchten. Bei jeglichem Interesse freuen wir uns über eine Nachricht:

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