Medienforum Migration 2021 (Foto: SWR)

17. SWR Medienforum Migration 2021

Teilhabe in der Einwanderungsgesellschaft

Stand

Wo stehen Menschen mit Migrationshintergrund und welchen Platz am Tisch nehmen sie ein? Wie offen ist die Gesellschaft, die Politik, die Kultur für Menschen mit Einwanderungsgeschichte und wie gelingen Karrieren? Welche Möglichkeiten haben Geflüchtete? Welche Verantwortung tragen dabei die Medien?  Das war das Thema des diesjährigen SWR Medienforums Migration am 15. und 16. Juni 2021. Corona-bedingt digital.

15.6.21, 14:00 Uhr:

Begrüßung: Anna Koktsidou (SWR) / Monika Renninger (Hospitalhof) / Prof. Dr. Kai Gniffke (SWR)

„Wir wollen die Vielfalt der Gesellschaft abbilden – in unseren Angeboten, aber auch als Arbeitgeber vor und hinter Kamera und Mikrofon“, begrüßte SWR-Intendant Kai Gniffke die Teilnehmenden an den Monitoren. „Unser vielfältiges Programm braucht vielfältige Teams. Deshalb sollen künftig 25 Prozent aller Kolleginnen und Kollegen in den Moderationsteams, in der Ausbildung, im journalistischen Volontariat und in den Nachwuchsprogrammen für Führungskräfte eine Einwanderungsbiografie haben.“

15.6.21, 14:15 -15:45 Uhr

Panel: (M)ein Land - Was ist deutsch?
Menschen mit unterschiedlichen Einwanderungsbiografien diskutierten darüber, wie sie sich sehen, wie sie gesehen werden und was für sie zum Deutschsein dazugehört

Wenn sie Menschen mit Migrationshintergrund in den Medien sehe, freue sie sich jedes Mal, betonte Rudaba Badakhshi vom Migrantinnendachverband DaMigra. Das zeige schon, dass es noch immer ungewohnt sei. Die Journalistin Ira Peter meinte, Russlanddeutsche fühlten sich nicht wertgeschätzt, wenn sie als „Deutsch-Russen“ bezeichnet würden. Perla Londole von der Black Community Foundation Mainz erzählte, wie es sie anfangs verunsichert habe, wenn sich Leute über ihre Pläne, Jura zu studieren, gewundert hätten. Für Bühnenpoet Dalibor Marković ist klar, dass wir „davon wegkommen müssen, Identität als etwas Statisches oder auf die Vergangenheit Bezogenes zu betrachten“.

Es diskutierten:
Dalibor Marković – Bühnenpoet, Autor, Beatboxer
Irina Peter - Journalistin, Autorin, Podcasterin
Rudaba Badakhshi - Regionalkoordinatorin Mitteldeutschland DaMigra, Sprecherin Bündnis #unteilbar Sachsen
Perla Londole – Black Community Foundation Mainz
Moderation: Alev Seker, SWR

Mittwoch, 16.6.21, 10:00-11:30 Uhr:

Begrüßung: Anna Koktsidou (SWR) / Monika Renninger (Hospitalhof)

Panel: Die gläserne Decke – der Weg zum Aufstieg

Prof. Sabrina Zajak (DeZIM)  erklärte, wie Menschen mit Migrationshintergrund in der bundesdeutschen Elite vertreten sind. Obwohl sie mehr als 25% der Bevölkerung ausmachen, sind sie in Führungspositionen nur mit neun Prozent vertreten. Darüber diskutierte sie mit Muhterem Aras, Präsidentin des Landtages Baden-Württemberg. „Ich bin froh, wo ich heute bin, aber ich habe mir alles erarbeitet. Es ist wichtig, auf Augenhöhe wahrgenommen zu werden.“, so Aras.  Sylvie Nantcha zog mit 17 Jahren aus Kamerun nach Freiburg. Sie schilderte, wie sie sich durch das deutsche Universitätssystem kämpfen musste, aber immer wieder Menschen fand, die ihr halfen. Eine vorbildliche Praxis in der Wirtschaft beschrieb Marketingfachmann Salvatore Ruggiero: Die Schott AG schaue inzwischen bei Bewerbungsverfahren ganz anders auf den Lebenslauf. Teamgeist, aber zum Beispiel auch ehrenamtliches Engagement zählten ebenso viel wie das Abschlusszeugnis. SWR-Intendant Kai Gniffke hob die Verantwortung der Medien hervor.

Es diskutierten:
Input: Prof. Sabrina Zajak – Deutsches Zentrum für Integrations- und Migrationsforschung (DeZIM):  wie Menschen mit Migrationshintergrund in der bundesdeutschen Elite vertreten sind
Muhterem Aras, Landtagspräsidentin Baden-Württemberg
Salvatore Ruggiero, Vice President Marketing and Communication SCHOTT AG Mainz (Rheinland-Pfalz)
Dr. Sylvie Nantcha: Bundesvorsitzende TANG e.V (The African Network of Germany)
Prof. Dr. Kai Gniffke, Intendant SWR
Moderation: Susanne Babila, SWR

12:30-13:45 Uhr:

Panel: Vor, aber auch hinter der Kamera – Vielfalt in den Medien

Regisseur Dieu Hao Do betonte: „Es gibt eine Vielfalt von Menschen, die vor und hinter der Kamera stehen könnten, nur wo sind sie?“ Menschen aus der Mehrheitsgesellschaft seien gefragt, die anderen miteinzubinden. Der Schwarze Schauspieler Eugene Boateng plädierte dafür, eigene Projekte zu machen, so kämen authentische Geschichten heraus. „Es war wichtig, dass wir auch in der Comedy Rassismus ansprechen, weil wir damit ein massives Thema haben“, fügte Idil Nuna Baydar hinzu, die durch ihre Kunstfigur Jilet Ayşe, eine 18-jährige Kreuzberger Türkin, bekannt wurde. Manfred Hattendorf, Leiter der SWR-Abteilung Film und Planung, setzt auf Fortbildungen und Selbstverpflichtungen.

Es diskutierten:
Input: Dieu Hao Do – Regisseur, Initiative Vielfalt im Film und BAFNET (Berlin Asian Film Network): stellte Ergebnisse einer Umfrage unter Filmschaffenden vor
Idil Baydar, Kabarettistin und Schauspielerin
Eugene Boateng, Schauspieler, Produzent, Choreograph und Tänzer
Manfred Hattendorf – SWR Film und Planung
Moderation: Stephan Lenhardt, SWR

14:15 – 15:30 Uhr

Panel: Wohnung, Arbeit, Bildung und …? Partizipation von Geflüchteten

Menschen, die seit 2015 zu uns geflüchtet sind, stünden den demokratischen Werten und Geschlechtervorstellungen der deutschen Gesellschaft näher als den Vorstellungen derer, die in ihren Herkunftsländern geblieben sind. Das ergab eine Langzeitstudie, die Dr. Yuliya Kosyakova vom Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung IAB vorstellte. Leichte Unterschiede fand die Untersuchung nur in der Sexualmoral oder Einstellung zur Prostitution, wo Geflüchtete konservativere Einstellungen vertraten. Der Oberbürgermeister von Schwäbisch Gmünd, Richard Arnold, analysierte in der anschließenden Diskussion: „Wir waren in unserem Selbstverständnis lange kein Einwanderungsland, obwohl wir es de facto waren.“  Dadurch sei viel Zeit verloren gegangen. Nun komme es  darauf an, den Schwerpunkt auf die Begleitung von Geflüchteten zu legen und soziale Bindungen herzustellen. Mirzeta Haug, die in der Flüchtlingsarbeit tätig ist, wies auf die besondere Situation der Frauen hin. Khalil Khalil, der eine Ausbildung als Mediengestalter beim SWR absolviert, betonte, dass es nicht einfach sei, hier Fuß zu fassen.

Es diskutierten:
Input: Dr. Yuliya Kosyakova, IAB, stellte die Ergebnisse einer Langzeituntersuchung zu den seit 2015 Geflüchteten vor
Richard Arnold – Oberbürgermeister von Schwäbisch Gmünd
Mirzeta Haug, Referentin für interkulturelle und interreligiöse Bildungsarbeit Evangelische Erwachsenenbildung Pforzheim
Khalil Khalil, Mediengestalter SWR 
Moderation: Esther Saoub, SWR

Digitale Ausstellung: „Meine kleinen Schätze – Geschichten von Migration“

Fragt man Menschen mit Einwanderungsbiografien, was zu ihrem Leben dazugehört, dann gibt es Dinge, die sie auf keinen Fall missen möchten. Nicht selten sind es einfache Dinge des Alltags – doch sie haben einen besonderen Wert, mit ihnen verwoben sind Erinnerungen und Emotionen: Kinderbücher in zwei Sprachen, Musikkassetten, Schallplatten, Frischkäsebrötchen, Vollkornbrot. Sie alle sind Ausdruck ihres mehrkulturellen Lebens.

Diese Menschen und ihre Gegenstände – verbunden mit ihrer ganz persönlichen Geschichte – zeigt die SWR2- Ausstellung „Meine kleinen Schätze – Geschichten von Migration“, die Anna Koktsidou, SWR-Beauftragte für Vielfalt und Integration mit Marie-Christine Werner, Leiterin Landeskultur Rheinland-Pfalz erstellte. Zu sehen ist die virtuelle Ausstellung unter folgendem Link:

Digitale Ausstellung Meine kleinen Schätze - Geschichten von Migration

Schlüsselbund und Oregano, Weinberge und türkischer Tee, Goethe und Nazim Hikmet: zwei Gegenstände, die Menschen mit ihrer Herkunft verbinden und mit ihrem Leben in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz. In der digitalen Ausstellung erzählen sie anhand ihrer „kleinen Schätze“ ihre Geschichte und die ihrer Eltern oder Großeltern. Viele von ihnen sind vor rund 60 Jahren im Zuge der Anwerbeabkommen aus Ländern wie Italien, Spanien und der Türkei nach Deutschland gekommen.

Medienforum Migration gibt seit Jahrzehnten wichtiger Impulse

Das Medienforum Migration hat sich in den über 30 Jahren seines Bestehens zu einer der größten Fachtagungen im Themenbereich Migration und Medien entwickelt. Alle zwei Jahre bringt der SWR in Stuttgart Medienschaffende, Vertreterinnen und Vertreter aus Politik, Wissenschaft und Kultur, Migrantenorganisationen und interessierten Bürgerinnen und Bürger zusammen, um über aktuelle Entwicklungen zu sprechen.

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