Viele Bürgermeister:innen in RP sind frustriert: Viele wollen bei der Kommunalwahl 2024 nicht wieder antreten (Foto: SWR)

Umfrage

Bürgermeister in Rheinland-Pfalz frustriert - Viele wollen aufhören

Stand

Eine SWR-Umfrage zeigt: Viele ehrenamtliche Bürgermeister in Rheinland-Pfalz wollen nicht mehr kandidieren. Geldnot und fehlende Unterstützung sind häufig die Gründe.

Bürgermeister in RLP: Mehr als die Hälfte der Umfrage-Teilnehmer:innen überlegt, hinzuwerfen

Eine SWR-Umfrage unter Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern im Land zeigt: Viele der Ehrenamtlichen wollen bei der Kommunalwahl in Rheinland-Pfalz im Juni 2024 nicht wieder antreten. Die Umfrage, die an alle 2.262 Ortsbürgermeisterinnen und -bürgermeister im Land verschickt wurde, macht klar: Die Belastung der ehrenamtlichen Amtsträger und der Frust sind groß. 610 der Angefragten haben den Fragebogen ausgefüllt. Rund ein Drittel von ihnen (191) gibt an, künftig nicht mehr antreten zu wollen. Jeder Vierte (160) hat noch nicht entschieden, ob er oder sie nochmal für das Ehrenamt kandidieren will. Die Umfrage hatte der Gemeinde- und Städtebund Rheinland-Pfalz verschickt.

Hohe Belastung und fehlender Handlungsspielraum

In der Umfrage konnten die Amtsträgerinnen und Amtsträger auch Gründe angeben, warum sie daran zweifeln, erneut als Bürgermeister:in anzutreten. Viele wollen aus Altersgründen aufhören (71). Andere geben private Gründe an (42). Für die meisten sind die Finanzprobleme in der Gemeinde ausschlaggebend für ihre Entscheidung (119).

Geldnot bremst Ortsgemeinden aus

Die Rückmeldungen zeigen: Die Ortsbürgermeister fühlen sich durch die schwierige Haushaltssituation und hohe Verbandsgemeinde-Abgaben ausgebremst. Um am Entschuldungsprogramm des Landes teilzunehmen, sind Kommunen dazu verpflichtet, einen ausgeglichenen Haushalt vorzulegen. Dieser Sparkurs hat zur Folge, dass in der Umfrage „Gemeindefinanzen“ als häufigster Grund angegeben wird, warum ein Amtsträger oder eine Amtsträgerin daran zweifelt, nochmal anzutreten (fast 34 Prozent).

Bürgermeister:innen können nicht mehr gestalten

Eng verbunden mit der schwierigen Haushaltslage ist das Gefühl vieler Ortsbürgermeister, kaum noch gestalten zu können. Viele von ihnen geben an, dass ihnen der Gestaltungsspielraum auf Ebene der Ortsgemeinde fehlt. Gerade langjährige Amtsträger betonen, sie hätten den Eindruck, immer weniger gestalten zu können. Daher fehle ihnen die Motivation, weiterzumachen.

Pflichtaufgaben nicht mehr zu bewältigen

Unter den Befragten beklagen viele die hohe Zahl an Pflichtaufgaben, die sie als Ortsgemeinde zu erfüllen haben: Von Straßenreparaturen bis hin zur Sanierung des Gemeindehauses. Außergewöhnlich häufig geben die Bürgermeister den Kita-Ausbau als ihre größte Herausforderung auf kommunaler Ebene an.

Bürokratie überfordert die Ehrenamtlichen

Erschwerend kommt für viele der Befragten hinzu, dass sie die steigende Zahl an Verordnungen, Gesetzen und Förderanträgen überfordert. Viele geben an, die mit dem Bürgermeisteramt verbundenen Aufgaben seien zu komplex, um sie als Laie zu begreifen.

Zu hohe Erwartungen an das Ehrenamt

Gerade jüngere Amtsträgerinnen und Amtsträger geben an, die Bürgermeister-Tätigkeit nehme so viel Raum ein, dass sie neben Familie und Hauptberuf kaum zu stemmen sei. So denken zwölf Prozent der Befragten aus „privaten Gründen“ darüber nach, nicht noch einmal anzutreten. Wegen der hohen Belastung der Ehrenamtlichen verwundert es auch nicht, dass besonders häufig Rentnerinnen und Rentner im Amt sind – und oft über viele Jahre im Amt bleiben. 20 Prozent der Amtsträger überlegt daher, aus Altersgründen aus dem Amt zu scheiden. Zudem beschweren sich einige Bürgermeister über die „Anspruchshaltung“ vieler Bürgerinnen und Bürger. Sie erläutern, immer weniger Menschen würden sich im Ort ehrenamtlich engagieren. Dafür ernte die Kommunalpolitik viel Gegenwind. Im Einzelfall berichten Bürgermeister:innen auch von Beleidigungen bis hin zu Angriffen von Seiten der Bürger.

Viele fühlen sich von anderen politischen Ebenen allein gelassen

Immer wieder fällt in den Rückmeldungen der Befragten der Satz, sie fühlten sich allein gelassen. Und das nicht nur von den Bürgern im Ort, die sich weniger engagierten, sondern insbesondere von anderen politischen Akteuren. Einige berichten von politischen Querelen im Gemeinderat. Andere beklagen, von Seiten der Verbandsgemeinde, des Kreises oder des Landes käme zu wenig Unterstützung.

Hier die Details zur Umfrage:

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