Musikstück der Woche mit Till Fellner

Ludwig van Beethoven: Klavierkonzert Nr. 1

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AUTOR/IN
Doris Blaich

Eines der ersten Konzerte des Sinfonieorchesters mit dem Dirigenten François-Xavier Roth, aufgenommen im November 2009, zwei Jahre bevor Roth zum Chefdirigenten ernannt wurde. Till Fellner spielt den Klavierpart in Beethovens 1. Klavierkonzert.

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"Wenn verglichen sein soll, so denke ich mir Mozarts Geist als eine Sonne, die leuchtet und uns erwärmt, ohne aber ihre gesetzesmäßige Bahn zu verlassen; Beethoven nenne ich einen Komet, der kühne Bahnen bezeichnet, ohne sich einem System zu unterordnen, dessen Erscheinung zu allerlei abergläubischen Deutungen Anlass gibt. Beethoven schied von Prag, und ich fühlte die günstige Einwirkung, den Herrn des Klavierspiels in seinen Schöpfungen gehört zu haben", so erinnert sich der Prager Komponist Wenzel Tomaschek an ein Konzert, bei dem Beethoven mit seinem Klavierkonzert C-Dur als Pianist aufgetreten war.

Den Klavierpart dieses Konzert schrieb Beethoven sich selbst auf den Leib: seine brillanten pianistischen Fähigkeiten sollten dabei möglichst eindrucksvoll zur Geltung kommen. Erst Jahre später, als sein Gehörleiden es nicht mehr zuließ, trat er nicht mehr als Interpret seiner eigenen Werke auf.

Vorbild Mozart

Wie eine Sonne überstrahlten Mozarts Klavierkonzerte alles, was man bis dahin von dieser musikalischen Gattung kannte. Beethoven hatte sie ausgiebig studiert, bevor er sich 1795 an die Komposition des C-Dur-Konzerts machte – das beweisen zahlreiche Detailstudien und Skizzen, die bis heute erhalten sind. Auch hinsichtlich der musikalischen Themen und der Formstruktur hat sich Beethoven an Mozarts Ideen orientiert, sie aber in ganz eigenem, energischem Tonfall weiterverarbeitet.

Zur Musik

Der Kopfsatz beginnt majestätisch, wie ein stilisierter Marsch. Das Orchester spielt in blockhaften Akkorden ein fanfarenartiges Thema, dessen Daktylus-Rhythmus (lang-kurz-kurz) den gesamten Satz prägt und auch in den beiden anderen Sätzen des Konzerts präsent ist. Darauf folgt ein liedhaftes zweites Thema; schließlich kündigt das Orchester den großen solistischen Auftritt des Klaviers an, das von da an die musikalischen Zügel nicht mehr aus der Hand gibt. Der zweite Satz ist der Ruhepol des Konzertes: Er ist ganz in gesanglichem Gestus gehalten, Streicher und Klarinetten grundieren die kunstvoll-filigranen Arabesken des Klaviers. Der dritte Satz ist ein symmetrisch gebautes Rondo mit einem übermütigen und äußerst einprägsamen Refrain – ein echter Rausschmeißer.

"Eine hübsche Lage"

Nach der Wiener Uraufführung ging Beethoven mit diesem Konzert im Gepäck auf Tournee. Er spielte es in Berlin bei Hofe, in Bratislava, Budapest und Prag. 1801 erschien es in überarbeiteter Form im Druck. Zu dieser Zeit war Beethoven der Durchbruch als Komponist gelungen, und die Notenverlage und Musikliebhaber rissen sich um neue Werke. An seinen Freund Franz Wegeler schrieb er: "Meine Kompositionen tragen mir viel ein, und ich kann sagen, dass ich mehr Bestellungen habe, als fast möglich ist, dass ich befriedigen kann. Auch habe ich auf jede Sache sechs, sieben Verleger, und noch mehr, wenn ich mir's angelegen sein lassen will: man akkordiert nicht mehr mit mir, ich fordere und man zahlt. Du siehst, dass es eine hübsche Lage ist."

Till Fellner (Klavier)

Till Fellner wurde in Wien geboren, wo er bei Helene Sedo-Stadler studierte. Weitere Studien führten ihn zu Alfred Brendel und Oleg Maisenberg. Seine internationale Karriere begann 1993 mit dem 1. Preis beim Concours Clara Haskil in Vevey (Schweiz). Seitdem ist Till Fellner gefragter Gast bei renommierten Orchestern, in den großen Musikzentren in Europa, den USA und Japan sowie bei vielen wichtigen Festivals. Zu den Dirigenten, mit denen er zusammengearbeitet hat, zählen Claudio Abbado, Vladimir Ashkenazy, Christoph von Dohnányi, Nikolaus Harnoncourt, Heinz Holliger, Sir Charles Mackerras, Kurt Masur, Kent Nagano und Hans Zender.

Das SWR Sinfonieorchester Baden-Baden und Freiburg (Foto: SWR, SWR - Lamparter)
Das SWR Sinfonieorchester Baden-Baden und Freiburg

SWR Sinfonieorchester Baden-Baden und Freiburg

Das 1946 gegründete SWR Sinfonieorchester Baden-Baden und Freiburg identifiziert sich bis heute mit den Idealen seiner "Gründerväter", die der festen Überzeugung waren, dass die engagierte Förderung der neuen Musik ebenso wichtiger Bestandteil des Rundfunk-Kulturauftrags ist wie der Umgang mit der großen Tradition.
In diesem Sinne haben die Chefdirigenten von Hans Rosbaud über Ernest Bour bis zu Michael Gielen gearbeitet und ein Orchester kultiviert, das für seine schnelle Auffassungsgabe beim Entziffern neuer, "unspielbarer" Partituren ebenso gerühmt wird wie für exemplarische Aufführungen und Einspielungen des traditionellen Repertoires eines großen Sinfonieorchesters. An die 400 Kompositionen hat das Orchester bisher uraufgeführt und damit Musikgeschichte geschrieben; es gastiert regelmäßig in den (Musik)-Hauptstädten zwischen Wien und Amsterdam, Berlin und Rom, Salzburg und Luzern. Von 1999 bis 2011 hat Chefdirigent Sylvain Cambreling das Orchester entscheidend geprägt. Seit September 2011 steht François-Xavier Roth an der Spitze.

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Doris Blaich