Gerechtigkeit nach Assad

Koblenzer Prozess zu Syriens Staatsfolter: Ein globales Vorbild?

Stand
Autor/in
Helen Roth
Interview mit
Philip Raillon
Das Interview führte
Martin Gramlich

Nach dem Sturz des Assad-Regimes bleibt die Frage: Wie kann Gerechtigkeit für die Opfer syrischer Foltergefängnisse aussehen? Bereits vier Jahre zuvor hat das OLG in Koblenz einen Prozess zur Staatsfolter eröffnent. Eine Blaupause für die Welt?

Im April 2020 begann in Deutschland ein historischer Prozess: Zum ersten Mal weltweit stand Staatsfolter in Syrien vor Gericht. Die Angeklagten Anwar R. und Eyad A., zwei ehemalige Funktionäre des syrischen Geheimdienstes, standen wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit vor Gericht. Die Vorwürfe: systematische Folter, Mord, sexuelle Gewalt.

Der Angeklagte im Gerichtssaal des Oberlandesgerichts Koblenz beim weltweit ersten Strafprozess um Staatsfolter in Syrien. Bei diesem wurde der Angeklagte Anwar R. 2022 wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu lebenslanger Haft verurteilt.
Der Angeklagte im Gerichtssaal des Oberlandesgerichts Koblenz beim weltweit ersten Strafprozess um Staatsfolter in Syrien. Bei diesem wurde der Angeklagte Anwar R. 2022 wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu lebenslanger Haft verurteilt.

Das Urteil fiel deutlich aus: Eyad A. wurde 2021 zu viereinhalb Jahren Haft verurteilt, Anwar R. ein Jahr später zu lebenslanger Haft. Er war als höherrangiger Geheimdienstmitarbeiter für die Folter in der berüchtigten Al-Khatib-Abteilung verantwortlich und verantwortete 27 Morde und unzählige Fälle von Gewalt und Erniedrigung.

Prozess in Koblenz: Hoffnung auf Gerechtigkeit

Für viele Überlebende war der Prozess ein Hoffnungsschimmer: „Es dauert lange, aber es gibt Hoffnung auf Gerechtigkeit“, so ein Betroffener, der in der Al-Khatib-Abteilung gefoltert wurde. Seine und die Aussagen weiterer Zeuginnen, die von der Menschenrechtsorganisation ECCHR (European Center for Constitutional and Human Rights) unterstützt wurden, waren entscheidend für die Verurteilung der Täter.

Nebenkläger Wassim Mukdad und Folteropfer Firas Alshater äußerten sich nach dem Urteil gegen Anwar R
Nebenkläger Wassim Mukdad und Folteropfer Firas Alshater äußerten sich nach dem Urteil gegen Anwar R. – den ersten weltweit verurteilten Täter wegen Staatsfolter in Syrien. Das OLG Koblenz sprach ihn wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit schuldig und verhängte eine lebenslange Haftstrafe

Gerichtigkeit nach Assad: Urteil in Koblenz als Vorbild

Doch der Koblenzer Prozess ist mehr als ein nationales Verfahren: Er steht symbolisch für die weltweite Forderung nach Aufarbeitung. Wie kann Gerechtigkeit für die Opfer syrischer Folter aussehen? Ist der Prozess eine Blaupause für ähnliche Verfahren in anderen Ländern? Über diese Fragen spricht für SWR Kultur Martin Gramlich mit Philip Raillon aus der ARD-Rechtsabteilung:

Geschichte Assads Folterknechte – Wie die Nazis den syrischen Geheimdienst aufbauten

Syriens Folterer sind besonders brutal, der „deutsche Stuhl“ bis heute eine gefürchtete Foltermethode. Hilfe bekamen die Syrer lange aus Deutschland – von Nazis und Stasi-Agenten.

SWR2 Wissen SWR2

Nach Sturz des Assad-Regimes Syriens Universitäten: Zwischen Hoffnung und Neuanfang

Die Deutsch-Syrische Forschungsgesellschaft sucht deutsche Hilfe beim Hochschulwiederaufbau. Armut, zerstörte Infrastruktur und marodes Bildungssystem erschweren die Rückkehr.

Impuls SWR Kultur

Koblenz

Erster Prozess um staatliche Folter Lebenslange Haft für syrischen Folterer - BGH bestätigt Koblenzer Urteil

Im weltweit ersten Prozess um staatliche Folter in Syrien hat der BGH ein Urteil des OLG Koblenz bestätigt: lebenslange Haft für einen früheren syrischen Geheimdienstmitarbeiter.

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Waffen Chemische Kampfstoffe – Von Chlorgas bis Nowitschok

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Helen Roth
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Philip Raillon
Das Interview führte
Martin Gramlich