Er galt als ausgestorben

Totengräber-Käfer in Gundersheim entdeckt

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Autor/in
Andreas Neubrech
Andreas Neubrech

Mehr als 100 Jahre lang galt der Käfer in Mitteleuropa als ausgestorben. Jetzt die Sensation: Eine Forscherin hat den Totengräber in Gundersheim im Kreis Alzey-Worms wiederentdeckt.

In der Wissenschaft hat der Fund für Aufsehen gesorgt. Auf einmal war er wieder da, der drei Zentimeter große, schwarze Käfer, der sich von Aas ernährt. Dass Sabine Schwabe, die Forscherin, ihn entdeckt hat, war reiner Zufall. Eigentlich wollte sie im Naturschutzgebet Rosengarten bei Gundersheim herausfinden, welche Käferarten dort unterwegs sind.

Dafür platzierte sie in dem Gebiet Bodenfallen. Das sind spezielle Becher, die in den Boden eingegraben werden. Käfer fallen hinein, die Wissenschaftler prüfen, welche Arten in die Fallen gegangen sind. Danach lassen sie die Tiere wieder frei. Und da war er auf einmal: der Totengräber.

Mensch nimmt Totengräber die Nahrungsgrundlage

Schwabe konnte das erst nicht glauben, aber "weitere Tests haben ergeben, dass es sich tatsächlich um den Nicrophorus germanicus handelt." Warum ihn all die Jahre niemand wahrgenommen hat? Die Forscherin hat zwei Erklärungsansätze dafür. Einerseits könnte Unaufmerksamkeit eine Rolle spielen: "Die Menschen befassen sich immer weniger mit der Natur, in der sie sich befinden. Auch im Bereich der Forschung wird das Geld immer weiter reduziert."

Andererseits gestalte sich das Leben für den Totengräber zunehmend schwieriger, so Schwabe: "In der Natur gilt im Moment das Aufräumprinzip. Es darf kein totes Tier mehr irgendwo rumliegen. Damit steht immer weniger Aas zur Verfügung und entsprechend fehlt dem Käfer die Nahrungsgrundlage."

Große Aufmerksamkeit für Totengräber

Im Moment ist Winter. Zu dieser Zeit habe sich der Käfer in den Boden eingegraben. Im Frühjahr komme er an die Erdoberfläche. Dann brauche er Maden als Nahrung, um Nachwuchs zeugen zu können.

Die Ruhe der vergangenen Jahre dürfte für den Totengräber in diesem Frühjahr allerdings vorbei sein. Viele sind auf den Käfer aufmerksam geworden. Dazu gehören andere Wissenschaftler, aber auch Schwabe selbst schaut genauer hin. Sie leitet Forschungen, die sich nun rund um den Totengräber ergeben.

Umsiedlung der Käfer nicht möglich

Klar ist allerdings: Sie kann dem Käfer nur bedingt helfen, sich wieder auszubreiten. Ein paar Exemplare einsammeln, um sie an anderer Stelle in Mitteleuropa wieder auszusetzen, dürfte nicht funktionieren. Die Erklärung der Fachfrau: "Versuche, die mit anderen Aaskäfern schon gemacht worden sind, haben gezeigt, dass die Käfer ihre Reproduktion einstellen, sobald sie in Gefangenschaft sind."

Es bleibt hauptsächlich also die Möglichkeit, den Tieren ihren Lebensraum wieder zurückzugeben. Dazu gehört es auch, tote Tiere künftig lieber liegen zu lassen, anstatt sie wegzuräumen.

Totengräber bitte nicht füttern

Ein Appell, den Schwabe nicht falsch verstanden wissen möchte. Es wäre eine falsch verstandene Tierliebe, wenn Anwohner oder Tierfreunde tote Tiere in das Naturschutzgebiet bringen würden: "Aus Forschungszwecken werden wir das jetzt gezielt machen. Dafür haben wir eine Genehmigung. Generell ist das aber verboten und nicht im Sinne der Sache."

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